Erstellt am: 31. 12. 2009 - 17:26 Uhr
Babylon one more time - postmoderne Phänomene der 00er
Die Trennlinie zwischen uns und den anderen wurde in Folge des 11. Septembers so klar und unzweifelhaft definiert wie noch nie. Die anderen, das sind religiöse Fanatiker, die nichts als ihre Heiligen Schriften lesen und keinen Spaß verstehen. Wir, das ist die offene, moralisch geeichte, aber generell liberale humanistische Gesellschaft, wir sind demokratische Wahlen und großes künstlerisches Entertainment, Voltaire, der Hyde Park Speakers' Corner, Hollywood, die Sesamstraße. Die Sesamstraße? Hm.
À propos Kinderfernsehen. Welche perversen Spinner wohl dafür gewonnen werden, den Kleinen in radikalisierten Gesellschaften diese ganzen verschrobenen Ansichten einzupauken?
Ah, Herr Maus. Er ist in den letzten zehn Jahren wohl etwas rastlos geworden. Auch über seine Horror-Goth-Phase, während der er Alben über Sex mit Insekten und Androiden-S&M herausgebracht hat, scheint er nicht wirklich zu sich selbst gefunden zu haben. In den letzten 5 Jahren ist sein Verhalten dann überhaupt immer merkwürdiger geworden. Auffällig häufige Aufenthalte in Pakistan und die manifeste Entwicklung des Stockholm Syndroms im Zusammenhang mit der Cartoon-Krise vom Winter 2006 führten wohl zu diesem Engagement im Dienste des palästinensichen Am Dam Des. Überhaupt haben sich die Stars in der Branche der organisierten Kinderschmunzelei dieses Jahrzehnt als komplett unberechenbare Charaktere und potenzielle Gefahrenquellen erwiesen (sofern sie das nicht eh schon immer waren). Und so ist die Novelle zu den Anti-Terror-Richtlinien bezüglich Puppentheater und Zirkussen zwar mühselig und immer noch umstritten, aber meiner Meinung nach goldrichtig. Wer nichts angestellt hat, hat ja auch nichts zu verheimlichen. Herr Maus' bislang letzter Job hat derweil offenbar ein betrübliches Ende gefunden. Seinen Freunden und Wegbegleitern wird er für immer unvergesslich bleiben.
Sonst gibt's ja im Gaza-Streifen und speziell im Westjordanland dieser Tage ja nicht besonders viel zu sehen, außer, wenn der wohl bedeutendste bildende Künstler unserer Tage dort gerade sein Unwesen treibt. (Dabei ist sich gerade in der Frage der eigenen Unterhaltung dieser Tage ganz schnell und einfach selber geholfen - schon eine gute, überzeugende Licht-Show reicht, um sich in die Illusion des Dargebotenen einfach fallen lassen zu können).
Insgesamt muss man jedenfalls festhalten, dass die westliche Zivilgesellschaft die durch die multikulturelle Osmose beziehungsweise deren konsequente Dämonisierung seitens der populistischen Rechten (und Linken) ausgeübte Belastungsprobe bestanden hat. Man kann ja die Entscheidungen einiger weniger, die ein Stück Papier mit in eine Kabine nehmen, um dort anonym ihren ganzen aufgestauten Ärger zu konzentrieren und dann diesen unter großem Druck herauspressend versehentlich ihr Kreuz bei der falschen der 143 gleichzeitig zur Wahl stehenden Verordnungen zu machen, nicht mit dem Willen der Mehrheit verwechseln. Die Mehrheit hat kein Probleme mit auch immer welchen in der freien Religionsausübung inhärenten Bräuchen, auch nicht in der Minarett-Frage. Sie solidarisiert sich dabei sogar mit unseren, einen solchen Glauben praktizierenden Mitmenschen! Vorausgesetzt natürlich, dass sich Minarett gut in die Viererkette einfügt, öfter mal auch selbst über die Seiten mit nach vorn gehen kann, und darüber hinaus mit der Nummer 66 Vorlieb nimmt, weil die No. 2 schon an Micah Richards vergeben ist.
Schlussendlich bin ich überzeugt, dass wir uns am Anbruch dieses neuen Jahrzehnts auf einem guten Weg befinden. Im allgemeinen hat sich endlich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die durch unfaire Handelspraktiken verursachte Armut in vielen Teilen der Welt die Wurzel aller Probleme ist. Gut, die zu beseitigen, verlangt nach einem In-Gang-Setzen weitreichender, ausgeklügelter Reformen, die möglicherweise erst nach noch einmal zehn Jahren eine Wirkung zeigen könnten, und außerdem eine umfassende Umstellung vieler unserer Lebensgewohnheiten - und wer ist schon bereit, sich als erster für eine Besserung, die eventuell doch nicht stattfinden könnte, solchen Unannehmlichkeiten zu unterziehen, wenn man sich doch genausogut über den Status Quo einfach weiterhin lustig machen kann. Die mit Sicherheit nicht abreißende Kavalkade technologischer Innovationen wird uns aber dazu anspornen, vernünftige und verantwortungsvolle Akzente zu setzen, ein funktionierendes Regelwerk für die Finanzmärkte auszuknobeln, und halt einfach einen guten Job zu machen. Und falls wir Ende 2019 doch immer noch genauso verwirrt und orientierungslos zurückgelassen werden sollten wie heute, kennen wir doch immer eine vertrauenswürdige und von einem reichen Erfahrungsschatz kündende Quelle, an die wir uns wenden können, um wieder die richtige Richtung zu finden.