Erstellt am: 21. 12. 2009 - 22:35 Uhr
Fußball-Journal '09-122.
Teil 1: Die Verlierer der Bundesliga-Herbstsaison 09: der moderne Außenverteidiger und das taktische Verständnis.
Teil 2: Die Gewinner der Bundesliga-Herbstsaison 09: der versatile Spieler, der unselige Hausverstand, die erste Linie, ein paar Junge und eine Aktion mit Philosophie.
Teil 3: Der Gewinn der Europa-League-Herbstsaison 09: was die vier Europa-Vertreter mitnehmen.
In den bisherigen drei Teilen des Halbjahres-Rückblicks ging es um die Großen, die Europa-Vertreter, die Bundesliga-Zampanos und die Probleme der oberen 10. Mit der 2. Stufe, der 1. Liga hab ich mich bislang nicht beschäftigt.
Das hatte zwei Gründe.
Zum einen ist die heurige Erst-Liga-Saison meiner Meinung nach zu stark präjudiziert: Trenkwalders Admira, aktuell in Lauerstellung, wird die Gentlemen-Regeln brechen, wenn es ein paar Runden vor Schluss an der Kippe steht, weil man in jedem Fall aufsteigen muss. Und da zwei von drei Absteigern auch schon feststehen (die Amateur-Teams müssen runter, eine überfällige Justierung eines bislang grotesken Status Quo) hält sich die sportliche Wertigkeit in Grenzen.
Das führte auch dazu, dass sich im Vergleich zu den letzten beiden Saisonen wesentlich weniger junge Kicker in den Vordergrund spielen konnten.
Der zweite Grund ist ein Vorgriff auf das, was im Fall des Wettbetrugs noch auf uns zukommen wird. 11 Spiele wurden in Österreich geschoben, der Großteil davon in der 1. Liga, und es werden wohl nicht alle Spiele die Absteiger in die Regionalligen betreffen. Da fürchte ich - sicherheitshalber - einmal das Schlimmste und halte die 1.Liga aus der Evaluierung ein bisserl raus.
Die verwurschtelte zweite Klasse
Das empfohlene Blog Zur Schieflage der Nation.
Kürzlich bekomme ich ein Mail von Hannes Biedermann (keine Verwandtschaft), in dem ua folgendes steht: "da Sie sich in Ihrem Fußball-Journal ja immer wieder gerne mit den Ligenformaten im Österreichischen Fußball beschäftigen...hier ein kleiner Hinweis: Nur vier Regionalligavereine möchten in die zweite Liga aufsteigen."
Als Beleg führt Biedermann sein Blog an, wo er genau das thematisiert. Auch als "Argument gegen die verwurschtelte zweite Spielklasse in ihrer gegenwärtigen Form."
Da hat der Mann völlig recht.
Ich habe die unbedingt notwendige Gesundschrumpfung der österreichischen Profi-Fußballs samt offensichtlichem Nicht-Funktionieren der zweiten Leistungsstufe auch wegen der Unberechenbarkeit der Auswirkungen des Wettskandals außen vor gelassen.
Gestern höre ich im Übrigen, dass der DFB Akteneinsicht in Bochum erhalten hat und bereits eigenständig recherchiert und verhört. Beim ÖFB/Liga herrscht diesbezüglich Winterschlaf, unterbrochen von Feiertagspausen, und wohl gefolgt von der Frühjahrsmüdigkeit.
Problematisch ist, dass die in doppelter Hinsicht (wegen Wettverdacht und sowieso offensichtlicher Finanz-Probleme) geschwächte 1. Liga gerade eine ungeahnte Macht-Position hat. Man (die Bundesliga) braucht ihre Stimmen für die Vergabe des neuen TV-Vertrags.
Der anstehende TV-Vertrag als tipping point
Egal, wer die Zweitrechte bekommt (ob ORF, ATV, Puls über Pro7/Sat1 oder gar Servus-TV von Mateschitz), egal ob Rapid ausschert oder nicht (mehr als Drohgebärden Edlingers sind das nicht; Rapid ist gut, aber ohne die Mitkonkurrenten nichts wert) - die Erstrechte werden wohl bei Sky bleiben und denen muss die Krot (also die höchst ungeliebte 1. Liga) verkauft werden, weil man die Stimmen der Kleinen für den Beschluss (welchen auch immer) braucht. Mit anderen Worten: es wäre an den 1.Liga-Vertretern gelegen, ihre Liga abzuschaffen; und das wird wohl nicht passieren.
Die Live-Konferenz schaut sich (außer mir) kaum jemand an, die Zusammenfassungen auch nicht, TV-technisch ist die 2. Stufe nichts wert. Einzig traditionell geerdete Mitspieler (Innsbruck, Lustenau, Altach...) können Interesse lukrieren, die hart mit den Zuschauern kämpfenden Niederösterreicher (St.Pölten, Admira) mitgerechnet gehen sich gerade einmal 16 überlebensfähige Teams aus.
Das aktuelle Nicht-Profi/Nicht-Amateur-Ligahybrid hingegen ist ein Zombie. Die verbesserte Zuschauer-Statistik (die Blufferei der Liga) ist auf den Tausch Altach-Magna zurückzuführen, insgesamt gehts bergab.
Dazu kommt eine immer noch nicht rosige Wirtschaftslage, die sich dann vor allem in der unteren Zone, also bei den Abstiegs-Kandidaten und den Aufstiegs-Aspiranten aus den Regionalligen niederschlägt.
Überlebensfähig?
Gratkorn kann die Gehälter nur stockend zahlen, der GAK ist, wieder einmal, pleite, Sponsor Harreither zieht seit Geld aus Tabellenführer Waidhofen.
Dazu kommt, dass sich Franz Grad wieder einmal verspekuliert hat: er wollte mit seinem FC Pasching schnell wieder aufsteigen, nachdem er seine Lizenz vor zwei Jahren an Jörg Haider verscherbelt hat. Da waren dann aber die neuen Regulative (die nicht zuletzt wegen seiner Vorgangsweise eingeführt wurde) davor.
Also will und kann kaum jemand aus den Regionalligen aufsteigen.
Im Osten überhaupt nur ein Team (Horn, aktuell 5.).
In der Region Mitte gibt es aktuell nur Absichtserklärungen, von Leader WAC/St. Andrä (die auch ordentlich aufrüsten) und BW Linz. Die des GAK kann man mittlerweile vergessen.
Einzig im Westen sind 1. (Grödig), 2. (Wattens) und 4. (Kufstein), vielleicht sogar der aktuelle 6. (Bregenz) dabei.
Alle anderen, auch Traditionsklubs wie der Sportklub, haben erst gar nicht eingereicht.
Nur ein Aufsteiger aus der Regionalliga?
Nun kann nur der jeweilige Regionalliga-Sieger am Aufstiegs-Turnier teilnehmen, Horn etwa würde nicht aufrücken, wenn sie sich als einziger anmelden aber nicht Meister werden.
Nach aktuellen Stand wird es also nur einen Aufsteiger aus den Regionalligen geben.
Ein, zwei Opfer des Wettskandal-Betrugs, eine Zusammenlegung der immer wackeligen Retorten-Clubs - mehr als 16 bis 18 Vereine die sowas wie einen Profi-Betrieb garantieren können, werden im Sommer nicht überbleiben.
Morgen im fünften und letzten Teil der evaluierten Herbst-Saison: die Auswahl-Teams und die Auslands-Österreicher.
Da aber das was sinnhaft ist, oft deswegen nicht sein darf, weil das Geschäft (der Treiber des Kapitalismus) dagegensteht, wird womöglich der demnächst erfolgende Verkauf der TV-Rechte auch für eine womöglich auf Jahre hin einbetonierte 2. Liga einen Zustand aufrechterhalten, der mehr mit einem Koma-Patienten als mit Sport zu tun hat.
Das hat auch der Sponsor mitbekommen, der mit Ende der Saison aussteigen will.
Denn: die Lage wird sich nicht verbessern. Die Zwischenstufe 1. Liga, die sich keiner anschaut, wird nicht attraktiver werden, egal was man anstellt.