Erstellt am: 20. 12. 2009 - 15:48 Uhr
Song Zum Sonntag: Adam Green
Der Song zum Sonntag ist eine Kooperation zwischen FM4 und der Presse am Sonntag und erscheint hier wie dort, wo sich der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar der Kolumne annimmt.
Ich kann sein wie Buddy Bradley, sagt Adam Green und meint damit wohl "gemein". Der New Yorker Ex Folkie und Crooner nennt die soeben erscheinene Vorab Single zu seinem Neuen Album nach der Comic Figur. Mit dieser Referenz tritt er nicht gerade offenen Türen ein. Nicht mehr viele Leute können sich an diese Figur aus den "Hate" Comics der Neunziger erinnern. Dabei war Buddy Bradley, mehr noch als Matt Groenings Bart Simpson oder die Hasen aus dessen Vorläuferreihe "Life is Hell" die Symbolfigur des Slackers, des faulen und perspektivelosen Jugendlichen der frühen 90er Jahre.
Der Ex Punk Peter Bagge hatte 1990 in seinen Comic Reihen "Neat Stuff" und "Hate" die typische amerikanische Spießerfamilie portraitiert, und mit deren Sohn Buddy - mit autobiographischen Zügen anscheinend gespickt - den Prototyp des Slackers gezeichnet.
Peter Bagge
Die Bradleys bestehen aus dem fetten und gewalttätigen White Trash Vater Brad, der sich dauernd über die Politik und seine faule Frau und seine ignoranten Kinder beschwert, der bigotten und nörgelnd herumhängenden Mutter Betty, die mit Freundinnen beim Tee rumsitzt und sich dauernd über Mann und Sohn beschwert, die sommersprossige und zahnbespangte pubertäre Tochter Betty, die sich hauptsächlich über ihre Beliebtheit sorgt und sich dauernd über geplatzte Dates und ihren sie quälenden, ihr Tagebuch veröffentlichenden Bruder Buddy beschwert. Eine typische dysfunktionale Familie mit einzementierten Rollenbildern und einem Dauerfrust über ebendiese Rollen, inklusive häuslicher Gewalt, Hausfrauenalkoholismus und High School Drama.
Die Generation X und ihr Nachfolger, die Generation Y. die Generation Z dürften dann die Digital Natives sein
Peter Bagge
Kein Wunder, dass sich Sohn Buddy nicht beschwert hat ja keinen Sinn, sondern - seine Aggressionen im Öffentlichen unterdrückend - sein Leben lakonisch zwischen naseweisen zynischen Kommentaren, gemeinen Streichen ("Pranks") gegen seine ihm unterlegenen Geschwister und Freunde und unter dem Kopfhörer bei Punk und Meltal Musik verbringt.
Buddy Bradley ist als Prototyp modelliert an der von Douglas Coupland portraitierten "Generation X". Diese Generation (etwa die zwischen 1965 und 1981 Geborenen) deren in einer Pubertätschoreographie eingeschriebenes Rebellentum sich nunmehr fast ausschließlich in Verweigerung und einem Gefühl der allgemeinen Ohnmacht äußert - anders als bei ihren Eltern, die 68er/ Baby Boomer, oder ihre größeren Geschwister, die noch auf so etwas wie Punk oder die Ökobewegung aktiv zurückblicken konnten.
Peter Bagge
Die Gen X ist mit Fernsehen und relativem Wohlstand aufgewachsen, die Jobsicherheit der Generation davor war ihr ebenso verwehrt, wie die klaren ideologischen Vorgaben, an denen diese sich noch abarbeiten musste aber auch konnte. Es ist die erste Generation mit AIDS, der Marktwirtschaft als alleinigem System, der lebenszeitlichen Flexibilisierungsvorgaben des freien Wettbewerbs des Postfordismus und dem Ende des Rebellentums und geradlinigen Fortschrittsglaubens in Kunst und Pop.
Peter Bagge
So ist ihr Held Buddy Bradley ein kontaktgestörter notgeiler jugendlicher Alkoholiker, der seinen Selbsthass und den Hass auf die ganze Smalltown Welt in schlagfertigen Kommentaren und seinem oft maulfaulen Rumhängen inmitten aufgeladener Situationen voller interfamiliärer Konflikte spazieren trägt.
Für die Teenagedramen seiner Schwester, die dauernde Ehekrise seiner Eltern und die Verweigerung seiner "Love Interests", ihm anders als auf dem vorgeschriebenen "Date"-Weg zu Willen sein zu wollen, hat er öffentlich ein Schulterzucken und ein lakonisches "Life Sucks" übrig, während auch in ihm die Agression auf all das, sowie auf allerlei diverse starre amerikanische Konventionen - wie eben "Dating", Beliebtheitsstreben, Höflichkeitsfloskeln und das "Oben Buckeln, unten Treten" seines Vaters - unaufhörlich kocht und sich in gelegentlichen Wutausbrüchen und vor allem in witzigen selbstverachtenden Kommentaren niederschlägt.
"Hate" und "The Bradleys" sind überaus lustige Zeitkommentare der Jugend der jetzt zwischen 30 und 40 Jährigen. Wer so einen kennt: Wenn man die Comics jetzt bestellt, sind sie noch rechtzeitig unterm Lichterbaum.
Die neue Adam Green wird "Minor Love" heißen, soll wieder besser als die letzten zwei sein und wird am 8. Jänner erscheinen.