Erstellt am: 19. 12. 2009 - 16:12 Uhr
Non Olet
Dass sich Demokratie nicht nur auf's Wählen beschränkt, ist eine Binsenweisheit, aber in vielen Lebensbereichen kann man seinen Einfluss weit mehr zur Geltung bringen, als man glaubt. Wie wirksam zum Beispiel ein Konsumboykott wirklich ist, darüber lässt sich zwar streiten.
http://www.flickr.com/photos/schnurrbart/
Aber warum soll ich es meiner Bank überlassen, wie sie mein sauer verdientes Geld vermehrt? Zum Beispiel mit Waffengeschäften, umweltschädlichen Kraftwerken oder Investitionen in Firmen, die Kontrolle gegen Kinderarbeit boykottieren?
Geld stinkt eben doch...
Wer sein Geld auf einem normalen Girokonto bei einer österreichischen Bank liegen hat, der kann nicht beeinflussen, was die Bank mit seinem Geld macht. Ob sie damit Biobauernhöfe oder Atomkraftwerke finanziert, das liegt einzig und allein im Ermessen der Bank. Anders ist das bei sogenannten nachhaltigen oder ethischen Geldanlagen. Es gibt sogar Aktienfonds, die das österreichische Umweltzeichen tragen, das sonst auf Recyclingpapier, umweltfreundlich hergestellten Polstermöbeln oder Energiesparlampen klebt.
tyrolia verlag
Einen Grundkurs in nachhaltigem Investment bieten Klaus Gabriel und Markus Schlagnitweit in ihrem soeben im Tyrolia Verlag erschienenen Buch "Das Gute Geld".
"Wenn man sein Geld nachhaltig investieren möchte, dann muss man sicher einen höheren Rechercheaufwand betreiben", meint Christian Kornherr vom Verein für Konsumenteninformation. Da praktisch jeder Fonds anders zusammengesetzt ist, muss man sich zunächst über seine eigenen Wertvorstellungen im Klaren sein, also, welche Firmen man unterstützen möchte und welche nicht.
Oder man verlässt sich auf Qualitätslabels wie des österreichische Umweltzeichen oder den OeSFX, den Nachhaltigkeitsindex der Oesterreichischen Kontrollbank.
Den gibt es seit viereinhalb Jahren. Fonds, die hier Mitglied sind, müssen verschiedene Kriterien erfüllen: sie dürfen zum Beispiel nicht in Rüstungs- oder Atomindustrie investieren und müssen menschen- und arbeitsrechtliche Standards einhalten.
Anhand dieses Index lässt sich auch ablesen, dass nachhaltige oder ethische Investments nicht anders performen als normale - also weder sind die Gewinne niedriger als bei normalen Investments, noch sind nachhaltige Fonds krisensicherer.
…manchmal
Ob man einen Fonds ethisch oder nachhaltig nennt, ist im Prinzip egal, denn keiner der Begriffe ist geschützt, d.h. jeder Fonds kann sich das Pickerl draufkleben. Deswegen muss man genau schauen, was dahinter liegt.
Entstanden ist der Gedanke des ethic investment Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA, vor allem unter religiös motivierten Investoren. Damals schlummerte das Böse hauptsächlich in der Alkohol-, Tabak- und Glücksspielindustrie. Bis heute sind kirchliche und religiös inspirierte Organisationen stark im Feld des nachhaltigen Investments vertreten. Aber seit den Vietnamkriegsgegnern und den Anti-Apartheid-AktivistInnen der Sechziger und Siebziger Jahre entdecken auch andere Organisationen ethische und sozial verantwortliche Investmentstrategien als politisches Mittel. In Europa verbreitete sich nachhaltiges Investment mit der Umweltbewegung - deswegen liegt hier, vor allem im deutschsprachigen Raum, ein starker Fokus auf ökologischem Investment.
Bis 2003 hat es in Deutschland die Ökobank gegeben, die direkt aus den sozialen Bewegungen der Achtziger Jahre entstanden ist. Heute haben sich die Umweltbank und die GLS Bank etabliert. In Österreich gibt es noch keine grünen Banken, ein normales Girokonto mit Ökogarantie gibt es also (noch) nicht. Allerdings möchte die GLS-Bank im Jahr 2010 eine Filiale in Wien eröffnen. Und fast alle Banken bieten nachhaltige Fonds (oder andere Investmentprodukte) an - man muss nur danach fragen und damit rechnen, dass die BeraterInnen sich dabei nicht sonderlich gut auskennen.
Und dann gibt’s da noch Oikocredit. Das ist eine niederländische Kreditgenossenschaft, die über die Vergabe von Mikrokrediten ganz direkt Geldanlage und Entwicklungshilfe verbindet.