Standort: fm4.ORF.at / Meldung: ""Sex findet nicht zu Bürozeiten statt""

Irmi Wutscher

Gesellschaftspolitik und Gleichstellung. All Genders welcome.

18. 12. 2009 - 18:27

"Sex findet nicht zu Bürozeiten statt"

Die "Pille danach" ist endlich auch in Österreich rezeptfrei erhältlich

Ein Kondomplatzer Samstagnacht, drei Uhr früh? Es ist aber leider gerade die gefährliche Zeit im Monat und Kind steht nicht auf der Lebensplanungsliste der nächsten paar Monate?

Bisher zog ein ein solcher Zwischenfall ein aufwändiges Procedere nach sich. Denn die meisten Menschen richten das Ausleben ihrer Sexualität nunmal nicht nach den Öffnungzeiten von Ambulanzen und Arztpraxen aus, im Gegenteil diese findet meistens am Abend, in der Nacht und am Wochenende statt. Und dann beginnt mit oben genanntem Zwischenfall für die beiden Betroffenen meist ein Spießrutenlauf, ins Krankenhaus, zur Ambulanz, auf der Suche nach einem diensthabenden Arzt und dann noch diensthabender Apotheke. Was in der Stadt dank flächendeckender Versorgung noch irgendwie geht, kann bei LandbewohnerInnen dann auch schnell einmal zu einer Tagesbeschäftigung werden. Von Ambulanzkosten für Inanspruchnehmen des Wochenenddiensts, peinlicher Befragung und Zeitdruck, das Notfallpräparat in die Finger zu bekommen, ganz zu schweigen.

Pille danach

Rolf Vennenbernd dpa

Das ist aber jetzt vorbei. Denn heute wurde die "Pille danach" schlussendlich auch in Österreich rezeptfrei gestellt. Ein Umstand, der in fast allen anderen EU-Ländern schon längst üblich ist. Ab jetzt kann frau also viel einfacher an das Notfallpräparat herankommen. Wie das in einem Notfall, wo es noch dazu schnell gehen sollte, ja auch sein soll.

Denn in Zukunft können sich Frauen, aber natürlich auch Männer, die "Pille danach" entweder schon frühzeitig besorgen und in der Hausapotheke aufbewahren. "So wie man beim Autofahren ja auch einen Verbandskasten im Auto hat." meint Christian Fiala vom Gynmed Ambulatoruim dazu. Oder eineR holt sich, wenn es zu einem Verhütungsunfall gekommen ist, die Pille direkt in der Apotheke.

Ein großer Schritt für Österreich

Gesundheitsminister Alois Stöger hat die Rezeptfreigabe der Pille heute als ein "wichtiges frauenpolitisches Anliegen" bezeichnet, für das er sich bereits seit Längerem eingesetzt habe. Auch Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek und die Wiener Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely begrüßten ebenso wie die Grünen die Freigabe als einen "wichtigen Schritt" und als Verbesserung im Sinne der Frauen, damit ungewollte Schwangerschaften verhindert werden können.

Kritik kommt von der katholischen Kirche, der ÖVP und der FPÖ. Sie meinen, dass das Notfallpräparat eine regelrechte Hormonbombe sei und dass die Gesundheit von Frauen damit gefährdet sei.

Die Freigabe der "Pille danach" ist für Österreich als großer Schritt zu werten. Denn in Österreich wird alles, was mit Schwangerschaftsverhütung zu tun hat, extrem restriktiv gehandhabt. So gibt es keine bezahlte Verhütungsmittel auf Krankenschein und auch der Sexualkundeunterricht ist mangelhaft, was zu relativ vielen ungewollten Schwangerschaften und Schwangerschaftsabbrüchen führt. Daher meinte Christian Fiala heute auch "Es ist zu erwarten, dass damit die Anzahl an Schwangerschaftsabbrüchen zurückgeht". Er forderte aber auch, weitere Maßnahmen um die Anwendung wirksamer Verhütungmittel zu fördern "wie eine bessere Ausbildung der Lehrer im Bereich Sexualerziehung, eine Verbesserung des Sexualkundeunterrichts, Verhütungsmittel auf Krankenschein und regelmäßige Kampagnen für wirksame Verhütung".