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Christiane Rösinger Berlin

Ist Musikerin (Lassie Singers, Britta) und Autorin. Sie schreibt aus dem Leben der Lo-Fi Boheme.

13. 12. 2009 - 14:22

Der Angriff der Killerpilze

Über den Regulierungswahn der Behörden, den "homo mediterrano" und die umstrittenen Heizpilze.

Die Welt blickt nach Kopenhagen, wo in diesen Tagen das Klima, die Erde, die Welt gerettet werden soll und muss und auch in Berlin macht man sich Gedanken und ruft wieder mal zum Kampf gegen den Klimakiller Heizpilz auf.
Hier ist es nämlich, nachdem die Temperaturen am Monatsanfang von den Glühwein- und Weihnachtsmarkteuphorikern als zu warm empfunden wurden, richtig kalt und vor den Restaurants und Cafés schießen die - seit Januar 2009 verbotenen - Pilze wieder aus dem Boden - sehr zum Leid der klimabewussten Berliner Behörden.

Die Heizpilze hielten hier schon lange vor dem Rauchverbot Einzug und haben sich nicht seinetwegen vermehrt - in vielen Restaurants gibt es Raucherzimmer, in den kleineren Bars darf sowieso geraucht werden und die Hardcore-Raucher stehen sowieso gerne frierend mit hochgeklappten Mantelkragen in Gruppen draußen. Bei den Heizpilzusern geht es um einen anderen Menschenschlag, den "homo mediterrano", der auch im tiefsten Winter sein Strandbarfeeling braucht und denkt, es wäre weltmännisch cool bei Temperaturen um den
Gefrierpunkt hinter einer Plastikfolie vor einem Latte Macciato unterm zu Heizpilz sitzen und sinnierend auf die Straße zu blicken.

Christiane Rösinger

Da tut sich gleich die ganze Kontroverse zwischen den Drinnis und Draussis auf, doch auch überzeugte Drinnis haben eine ambivalente Haltung zum Heizpilzverbot.
Es ist bestimmt unsinnig, den Bordstein zu beheizen, damit ein paar Deppen draußen sitzen können, aber Wirte sind natürlich an Gewinnmaximierung interessiert, auch wenn so ein Heizpilz unschön ausschaut und angeblich bis zu vier Tonnen Kohlendioxid im Jahr produziert.
Andererseits geht einem auch der Regulierungswahn der Behörden, allen voran der Berliner Grünen, auf die Nerven. Sie fordern auf ihrer Homepage sogar zum Denunziantentum und Heizpilz-Melden auf. Außer Heizpilzen sind seit 1. Januar 09 auch frei stehende Markisen, Vorbauten aus Plastikplanen, überdimensionierte Schirme, Bodenbeläge,
Blumenkübel mit mehr als 60 cm Durchmesser und
Speisenkartenaufsteller verboten. Wenn schon soviele Verbote, warum dann nicht mal sinnvoll verbieten: Die Coffe-to-go-Unsitte (verkehrsgefährdend), Sonnenbrillen (unästhetisch), öffentliches Laptop-Getue (klimaschädigend)? und iPhone-Angebereien
(akustische und visuelle Umweltverschmutzung)?

Christiane Rösinger

Nicht nur zur Weihnachtszeit: Heizpilze sind in fünf Berliner Innenstadtbezirken verboten.