Erstellt am: 9. 12. 2009 - 10:44 Uhr
Decemberlist, neun
Dass Conor Obersts Saddle Creek Label nach dem großen Erfolg der Bright Eyes nicht mehr nur für die Freunde aus Omaha da ist, sondern bereit ist, vielen Sturköpfen aus allen Ecken des Kontinents eine Heimat zu bieten, beschert uns nach den großartigen Two Gallants nun eine zweite rätselhafte, danebene, harmoniereiche und wunderbare Band.
Die Selbstbeschreibung der Rural Alberta Advantage:
The Rural Alberta Advantage play indie-rock songs about hometowns and heartbreak, born out of images from growing up in Central and Northern Alberta. They sing about summers in the Rockies and winters on the farm, ice breakups in the spring time and the oil boom’s charm, the mine workers on compressed, the equally depressed, the city’s slow growth and the country’s wild rose, but mostly the songs just try to embrace the advantage of growing up in Alberta.
soundproofmgazine.com
Die Rural Alberta Advantage stammen tatsächlich von dort und halten das wohl tatsächlich für einen Vorteil (siehe rechts). Sie sind wie die Two Gallants ursprünglich ein Schlagzeug/ Gitarren Duo, doch anders als bei denen geht es nicht um blindes, virtuoses Zusammenspiel und die Verehrung des American Songbook, von Odetta und Lightning Hopkins. Vielmehr geht es um das immer an der Kippe stehende D.I.Y, das halsbrecherische über die eigenen Verhältnisse Musizieren, das Suchen der Absturzmöglichkeit im drei Akkord Folksong, Risiko des Fragments, kurz, das bei Beat Happening gelernte Verehren der großen amerikanischen Kunst des erhabenen Einfachen.
auralexploits.com
RAAs Sänger Nils ist in einer Kleinstadt in Alberta aufgewachsen, einer eher gottverlassenen, wenn auch wundeschönen Gegend, so groß wie Frankreich, praktisch leer und eiskalt, die hauptsächlich wegen ihrer Olympiastadt Calgary bekannt ist - erinnert mich an Tirol, das ja auch für die dort geborenen durchaus Vorteile haben kann. Obwohl ich mir nur schwer eine Band vorstellen möchte, die sich "Alpbacher Aberwitz" oder "Völser Vorsprung" nennt, nebenbei ...
Das ist die Decemberlist
24 Stücke Musik, täglich eines, den ganzen Dezember über, vorgestellt von FM4 MusikjournalistInnen und Webhosts. CDs, die während des Jahres die FM4 Musikredaktion passiert haben und die für uns von Bedeutung waren. Zum Schenken und Beschenktwerden. Von Indie Pop bis Rare Groove, von dänischem Metal bis österreichischem Songwriter Pop.
Sie haben schon einen seltsam unfertigen Songwriterstil. Man hat zuerst den Eindruck, Nils Edenloff würde erst mal so schnell er kann den G Akkord runterschrameln, dazu setzt das hektische, etwas unvirtuose und dafür umso treibendere Schlagzeug ein und spielt einen auf Sechzehntelnoten akzentuierten Beat so schnell das überhaupt nur möglich ist, dann setzt eine sich stets überschlagende, an Alex Chilton oder Jad Fair erinernde Jungsstime ein und bevor der Überlegte und ruhige Gesang von Amy Cole das ganze Strukturieren und auf den Harmonieboden holen kann, fängt schon der nächste akustische, süße Böse- Kinder Rockabilly an.
marchodgesphotography.com
Dann räuspert man sich, tauscht Instrumente und mit Glockenspiel und harmonischem Build up zeigt die Band mit bezaubernden Kinderliedern, dass sie auch bei Yo La Tengo nicht wenig gelernt haben und Saturday Looks Good To Me auf einer Party zum Tanzen aufordern würden. Neutral Milk Hotel spielen mit. Auch die großen Mecca Normal sind eingeladen.
RAA beweisen vieles: Dass der Drumer der Chef ist (überhaupt wenn er so ein Chef ist). Dass Trios mit einer Vision nicht zu übertreffen sind. Dass gute Musik einfach ist. Dass es gute Gründe gibt, dauernd nach dem nächsten guten Ding an den unmöglichsten Orten zu suchen. Dass man mit Platten, die Hometown heißen, überall zuhause sein kann.