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Elisabeth Gollackner

Subjektivitäten, Identitäten und andere feine Unterschiede.

17. 12. 2009 - 21:22

Oh! Licht an

Wege aus der Krise. Teil 417: Man könnte eines Tages aufwachen und behaupten, man sei ab jetzt erleuchtet.

Oh! - Irritationen im Alltag

Man könnte seine Visitenkarten um den Titel "Supreme Master" erweitern. Danach könnte man sich die Haare weißblond färben, um die innere Erleuchtung auch nach außen hin sichtbar zu machen, und eine haltlose, aber sympathische These aufstellen. Wie zum Beispiel: Wenn die Hälfte der Menschheit aufhören würde, Fleisch zu essen, dann gäb's keine Kriege mehr.

Comicstil; jemand denkt an Karotten.

elisabeth gollackner, fm4

Diese These inklusive schlechtem Gewissen ließe sich traumhaft in bares Gerstl verwandeln. Man könnte beispielsweise eine Restaurantkette eröffnen, die ausschließlich fleischlose Gerichte serviert. Sie würde irgendwas mit "Love" heißen, an den Wänden würden in Herzen gefasste Weisheiten geschrieben stehen. Weisheiten, die immer irgendwas mit Natur und Liebe und Weltfrieden zu tun haben, und die einem unter der Dusche eingefallen sind, oder beim Ausnüchtern.

Man könnte auch einen Fernsehkanal betreiben, den man "Supreme Master Television" nennt, und wo catchy Bildmaterial völlig sinnentleert aufeinandergeschnitten wird: Schmelzende Polarkappen, hungernde Kinder, Felder mit Krautköpfen. Ein Experte könnte in verkürzt-einfachen Kausalketten erklären, dass all die furchtbaren Dinge der Welt nicht mehr geschehen, wenn wir nur auf Fleisch verzichten würden. Diagramme inklusive. "Supreme Master Television" würde in jedem unserer Restaurants laufen, am besten direkt überm Verkaufstresen vom Take-Away-Bereich. Ungute Gefühle also sofort in Kaufentscheidungen umwandeln, und Vergebung gibt's bereits ab 2,50 Euro samt Rohrohrzuckerguss.

Man könnte dann auch endlich mal seine vielen Hobbies zu Geld machen. Zum Beispiel könnte man die Schnappschüsse vom Urlaub mit den Haustieren ("Schnauzi am Strand", "Hexilein will tanzen", "Rexi als Matrose verkleidet") als Bildband herausgeben, Titel: "Supreme Master liebt seine Tiere und isst sie nicht" oder so. Die "Bestseller" lägen dann natürlich in allen Filialen der Restaurantkette auf, unübersehbar beim Eingang zum Klo. Und endlich wäre auch mal genug Platz für die vielen Aquarelle, die man in schwachen Momenten aufs Papier geklatscht hat!
Man könnte... nun, unendliche Möglichkeiten tun sich da auf.

Klingt nach einer guten Idee?
Gibt's leider schon.
Die Dame nennt sich Supreme Master Ching Hai und hat dieses Jahr ihre erste "Loving Hut"-Filiale in Österreich eröffnet. Ein wunderbar absurdes Essvergnügen in stylishem Outfit.

Dass der Standort in Wien ausgerechnet innerhalb der Bordellmeile gewählt wurde und man das "Loving Hut" zwischen "Bar 66", "Angelique" und der "Pension Claudia" eher schwer als veganes Restaurant erkennt, könnte sich als Problem erweisen. Die Menschen, die da zufälligerweise hineinstolpern, erwarten sich bestimmt was anderes als fleischlose Kost.