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Christian Stiegler

Doktor für grenzwertiges Wissen, Freak-Shows und Musik, die farblich zu Herbstlaub passt.

10. 12. 2009 - 10:19

Decemberlist, zehn

Kleine Sternzeichen-Lehre mit Gregory Alan Isakov.

Gregory Alan Isakov - This Empty Northern Hemisphere

Gregory Alan Isakov

Ich werde in meinem Bekanntenkreis immer wieder schräg angesehen, wenn ich mein Interesse für Sternzeichen verlautbare. Und ja sicherlich: Dem Horoskop, welches wir tagtäglich in irgendwelchen U-Bahn-Zeitungen lesen, ist tatsächlich nur in den wenigsten Fällen zu trauen. Was mich viel mehr fasziniert, sind die Eigenschaften der Sternzeichen, welche den menschlichen Charakteren zugeordnet werden. Gregory Alan Isakov ist beispielsweise im Tierkreiszeichen des Krebses geboren. Das heißt (wenn wir die Bedeutung des Aszendenten außen vor lassen), er ist einerseits zurückgezogen, schüchtern und introvertiert, aber andererseits offenherzig, romantisch und sensibel. Und wie es die Schablone vorgibt, kann man dies auf seinem Album "This Empty Northern Hemisphere" durchaus hören.

Die Bedeutung des Mondes

Das ist die Decemberlist
24 Stücke Musik, täglich eines, den ganzen Dezember über, vorgestellt von FM4 MusikjournalistInnen und Webhosts. CDs, die während des Jahres die FM4 Musikredaktion passiert haben und die für uns von Bedeutung waren. Zum Schenken und Beschenktwerden. Von Indie Pop bis Rare Groove, von dänischem Metal bis österreichischem Songwriter Pop.

fm4.orf.at/decemberlist

Dazu muss man wissen, dass bei der Geburt des Mannes aus Johannesburg, einer der Sterne des Krebses, der Asellus Australis, vom Mond verdeckt wurde. Der Mond hat für den Krebs also eine ganz besondere Bedeutung. Das merkt man auf "This Empty Northern Hemisphere" nicht nur ganz offensichtlich auf Stücken wie "That Moon Song". Vielmehr hört sich jeder Song so an, als wäre er bei knisterndem Lagerfeuer unter Sternenhimmel und Mondschein geschrieben worden. Auf diesem Album klingt Isakov wie ein Prediger, der nach einem Zitat von Mark Twain zu leben scheint: "Everyone is a moon, and has a dark side which he never shows to anybody".

Es überwiegen kraftvoll inszenierte Folk-Balladen, zart unterlegte Streicher und Isakovs flehende Stimme. Im "Moon Song" heißt es etwa: "that full bellied moon she’s a shinin on me/yeah she pulls on this heart like she pulls on the sea/and those broken hearted lovers, they got nothing on me". Kongenial wird Isakov dabei, wie auf vier weiteren Nummern, von der Seattle-Schönheit Brandi Carlie unterstützt.

"This Empty Nothern Hermisphere" ist ein herrlich sentimentales Album. Kompositionen im Stile von Folk und Blues wie "Dandelion Wine", "Light Year", "Evelyn" oder "Virginia May" erinnern aufgrund ihrer zeitlosen Schönheit an den von mir sehr geschätzten Trevor Tchir, aber auch an Jeffrey Foucault, Ray LaMontagne oder den großen Cohen. Von Letzterem covert Isakov die Abschlussnummer des Albums "One Of Us Cannot Be Wrong", in der es so schön heißt: "and i showed my heart to the doctor/he said, ‘you just have to quit/then he wrote himself a perscription/and your name was mentioned in it".

Gregory Alan Isakov

Todd Roeth

Gregory Alan Isakov

Gregory Alan Isakov musste sich im Leben schon oft durchschlagen. Und damit meine ich nicht nur seine Reise per Anhalter von Südafrika nach Philadelphia, wo er derzeit lebt. Seine ersten drei Alben hat er in Eigenregie veröffentlicht, "This Empty Northern Hermisphere" ist da keine Ausnahme. Ich halte Isakov für einen der besten Songwriter der Gegenwart, der es versteht das Zeitlose des Folk ohne Verdacht auf Kitsch in die Gegenwart zu retten. Mit viel Gefühl verkörpert er die romantische Vorstellung eines Liedermachers, der im Mondschein seine Balladen singt. Ein echtes Wasserzeichen eben. Und das sage ich nicht nur, weil ich auch eins bin.