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Boris Jordan

Maßgebliche Musiken, merkwürdige Bücher und mühevolle Spiele - nutzloses Wissen für ermattete Bildungsbürger.

2. 12. 2009 - 14:15

Die Listenliste

Zum Start der Dezemberlist: Die Liste mit Liedern, deren Text aus Listen besteht.

Pünktlich zum Start unseres musikalischen Adventkalenders Decemberlist jetzt noch eine Liste. Seit Nick Hornbys "High Fidelity" gilt die Musikliste als inhaltsleerer Meinungsersatz von beziehungsunfähigen Jungsnerds, die analfixiert alle Lieder oder die damit verbundenen Erlebnisse (wen sie denn welche aben) in eine Wertungsreihenfolge bringen müssen, statt endlich aus dem Haus zu gehen und "getting laid" oder "get a life" oder was immer da als Ersatz vorgeschlagen wird (meist etwas mit Sex oder Frischluft).

Hier jedoch die Liste der Listen, die Liste, sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.

Es ist die (unvollständige) Liste von Liedern, deren Text nur (oder hauptsächlich) aus Listen oder Aufzählungen besteht.

Die Listenliste

Mein Dank für Hilfe bei der Listenfindung gilt Stefan Trischler, Pia Reiser und Christian Holzmann

- Der österreichische Aufzählungklassiker. Eine Verson des Blues-Themas vom Hobo, der das ganze Land bereist um seine Liebste zu finden. Nur dass er eben "Oberlaa, Unterlaa, Erlaa und Laa an der Thaya" bereist statt "Phoenix, Alabama und Albuquerque".

Ein bitterer jüdischer Witz des bittersten, großartigsten jüdischen Österreichers - mit einem großen Seitenhieb auf die Vielfalt der österreichischen Abstammungen. Er braucht keine Sozialkontakte, seine Freunde stehen alle im Telefonbuch unter "V": Vondrak, Vortel, Viplaschil, Voytech, Vozzek, Vimladil ,Viora, Vrabel, Vrtilek, Viglasch, Vrazzeck, Vichnalek, Vregga, Vrba, Vikodill, Vrablic, Vutzemm, Viskocil" ...und so weiter. Auch von Peter Alexander aufgenommen.

"The sequence of the cemical elements set to a possibly recognizable tune", sagt das Kreisler/ Newman- Vorbild, der mittlerweile 81 jährige Mathematiker und Pianist Tom Lehrer in einer Liveaufnahme. Die wiedererkennbare Melodie ist der "Major General's Song" aus dem Musical "The Pirates of Penzance" von Gilbert and Sullivan. Der Text ist das Periodensystem. Aufpassen, denn nächste Stunde wird das Ganze abgeprüft.

Wo er schon überall war? "Reno, Chicago, Fargo, Minnesota,
Buffalo, Toronto, Winslow, Sarasota, Wichita, Tulsa, Ottawa, Oklahoma" ... "überall" heißt hier natürlich überall auf dem nordamerikanischen Kontinent. Die Aufzählung der Orte des "great America" gehört seit Whitman zum nationalen Dichtungserbe, Johnny Cash verdichtet dieses zu einem Zungenbrecher.

Komm rein, setz dich. Er kann dir alles besorgen, Theaterkarten, Mörder, Nasenhaarschneider. Eine kleine Schwarzmarktkunde mit der leider verblichenen, besten deutschen Countryband um den noch immer manchmal tourenden Nils Koppruch.

Dem Genievater der Geniekinder Martha und Rufus war fad im Flugzeug und da zählt er einfach auf, was es dort alles gibt: Nichtraucherschilder, Geschäftsleute, Filme, Hipster ... und ihn auch. Hier in der Version eines unbekannten, uralten You Tube Stars.

Keine eigentliche Aufzälung, aber ein großes Kunstwerk im Geiste der magischen Litanei: Die Reihenfolge des Alphabets bestimmt die Geschichte, erzählt in einem Stabreimgewitter - der Rap wird immer schneller und endet mit dem Ausruf "Zealot!" und Gelächter.

Eigentlich sollte hier die peinliche Geschichtsverfälschungshymne "We didn't start the fire" des - von mir sonst eh geschätzten - Billy Joel kommen, aber die ist zu nervig für eine gute Kompilation - daher hier Otto Waalkes, der sich dessenTechnik für eine Schnapsaufzählung geliehen hat: Jonnie Walker, Jägermeister, Amaretto, Kellergeister, Scharlachberg und Doppelkorn. ...

Auch nervig, aber wohl die erste Nummer, die einem bei der Vorgabe "Aufzählungslieder" einfällt. Die Auflistung seiner DJ Freunde machte H.P. Baxxter zum Star und beendete den kurz zuvor eingeläuteten Paradigenwechsel des Techno, mit den Popstars Schluss zu machen. Jeder der aufgezählten DJs konnte sich mindestens ein Jahrzehnt lang wie Mick Jagger feiern lassen.

Berühmt geworden durch die Rennszene in "Trainspotting". "Choose good health, low cholesterol and dental insurance. Choose fixed- interest mortgage repayments. Choose a starter home. Choose your friends. Choose leisure wear and matching luggage."

Kindermusik ist oft Aufzählungsmusik, von Dr. Seuss bis zu den Muppets, hier eine Spielzeug version von einem Mambo, um die Staaten der Welt zu Lernen, aus einer Steven Spielberg Kinderserie. Aus einer Lern-CD für Kinder stammt auch:

... ungefähr das Selbe, aber die New Yorker Comedy Meister machen aus der Vorgabe einen richtigen Song. Von ihrer Pädagogik CD "Here come the ABCs". Fast so schön wie ihr Physik-Punk "The Sun"

Nicht ganz koscheres Lied von der vergessenen Proto Fun Punk Band "The Nails" , die den jungen Jello Biafra als Roadie beschäftigten. Live auch im Cover-Repertoire der They Might be Giants.

Der frühe Tom Waits (ohne Whisky-Stimme, aber mit Gitarre) hat überall ein "Girl", er wirklich überall, nämlich nicht nur in Kalifornien und Talahassee sondern auch in England, Frankreich und Toledo. Aber der Doktor findet, dass es ihm schon bald besser gehen dürfte.

Eine Aufzählung von Dingen, die man auch gefühlstechnisch unbeteiligt erledigen kann, zum Beispiel: "Blattläuse beobachten, Luftmatratzen auspacken, Luftmatratzen aufpumpen, Petersilie kleinhacken, Für Freunde tapezieren, Im Wartezimmer Bunte lesen, Einem Taxi winken" usf ... Eine Nummer, die nach einer Covervesion mit 100 selbstgeschriebenen Strophen schreit.

Der Text dieses Rockbriketts der dänischen Elvis-Fans Volbeat sieht auf den ersten Blick gar nicht wie eine Aufzählung aus, besteht aber nahezu zur Gänze aus ... richtig: Textzeilen von Elvs Presley Songs.

Aus der grandiosen HBO-Serie gleichen Namens. Auch wieder typisch: der Mann zählt alle Verflossenen in einer Liste auf, wie weiland die Plattenverkäufer Soziopathen in Nick Hornbys "High Fidelity"

Was das Wasser des Märzes, der Frühlingsregen, der den südlichen Winter einläutet, nicht alles ist und darstellt. Jede Zeile beginnt mit "E" ("es ist") Eine verspielte Liste des großen Antonio Carlos Jobim und ein Grund, sich die überwältigende Elis Regina nochmal anzusehen, die alle Easy Listening Vorwürfe Lügen straft. Gibt es auch auf englisch von David Byrne und auf französisch von Georges Moustaki.

So bekannt, dass es schon eine Kanon Übung im Musikunterreicht geworden ist: Außer King Kong und Huckleberry Finn werden hier sämtlich Politiker des Kalten Krieges aufgezählt. Diese sind schon fast alle gestorben aber sie leben weiter in dieser bizarren Liste.

  • Die fantastischen Vier - MFG

Nach "Hyper Hyper" die zweitbekannteste Litanei der hiesigen jüngeren Popgeschichte. Auch nervig, wenn ihr mich fragt, aber trotz der Beschränkung auf Abkürzungen eine Geschichte erzählen zu können hat schon was Tolles. Gibt es auch mit einer FM4 Zeile, aber nur in unserem Giftschränkchen.

Stammt eigentlich von Bob Dylan, aber der hat es wohl nie aufgenommen und Cash für seine San Quentin Platte geschenkt. Hier werden die zwei häufigsten Aufzählungen (Geliebte und Orte) durch das eitle "Alle wollen mich"-Mantra verknüpft.

Keine reine Liste, aber es verdient Aufnahme in diese: Hier werden Süßigkeiten aufgezählt. George Harrison scheint sich über die Schokosucht seines Freundes Eric Clapton lustig machen zu wollen und zählt hauptsächlich echte Namen von Süßigkeiten auf. Vielleicht das Vorbild für :

Eine weitgehend sinnfreie, funkige Aufzählung von Sachen, die man wohl nur dann essen würde, wenn man zuviele Spaßzigaretten geraucht hat, wie diese großartigen Spinner aus New Jersey: "Custard and berry, peaches and creme, glazing and cherry, chocolate with cheese"

Schon etwas älter und schwer zu verstehen, aber meine italienisch sprechenden KollegInnen versichern mir, dass es hier um die Aufzählung von Orten geht, an denen man - vor allem im Sommer - gut "fare L'amore" betreiben kann, auf tausendfache Art ("mille modi"). Aber : Don't try this at home, denn zu den Vorschlägen zählen ein Pferd, eine Waschmaschine, ein Glockenturm, ein Tandem, Rom, Paris, New York, das Bad von San Pellegrino, der Mailänder Dom, ... ok, naja warum nicht ...

Ein existenzphilosophisches kleines Angebermeisterwerk unserer Linzer Lieblingsfreunde, darüber, wer man aller sein kann, wenn man will, wer aller in einem steckt, etwa der "ewig junge Weedplätzchenbäcker, Arnold Schwarzenegger Niederstrecker, Türsteherauslacher, Linzertortenanschneider, Knochenmarkspender, Mittelfingerringträger", und viele mehr. Noch ein Song, der nach einer 100-strophigen, selbstgetexteten Coverversion ruft.

Und zum Schluss: Die kürzeste und zugleich erfolgreichste Aufzählung der Nullerjahre, auf dem Punkt, wie selten etwas. Strophe: Nikotin, Valium, Vicodin, Marijuana, Ecstasy und Alkohol. Refrain: C-c-c-c-c-cocaine. Das wars.