Erstellt am: 18. 11. 2009 - 14:50 Uhr
Vernetzungs-Konsole
Spätestens seit dem Jahr 2000, als die Playstation 2 mit der Fähigkeit, DVD-Videos abzuspielen auf den Markt kam, tun sich die Hersteller traditioneller Abspielgeräte zunehmend schwer. Den Platz am Fernsehmöbel, der früher einmal für DVD-Player und Videorekorder reserviert war, nehmen in immer mehr Wohnungen die Spielkonsolen ein. Jetzt schicken sich die Videospielkonsolen auch mehr und mehr an, dem Vertriebsmodell Film-auf-Scheibe Marktanteile abzuknöpfen. Microsoft läutet gerade die nächste Runde ein, der "Zune"-Videoservice ist ab heute auch in Österreich mittels Xbox 360 verfügbar und überrascht mit interessanten Möglichkeiten.
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Geboten werden nicht nur Downloads, sondern auch Streams von derzeit etwa 100 Filmen. Bemerkenswert ist die Bildqualität: Bei ausreichend schneller Internetverbindung (mindestens 4 MBit/s) werden sogar Streams nach nur wenigen Sekunden in HD-Auflösung (bis zu 1080p) auf den Fernseher gebracht. Der Ton kommt vorübergehend nur in Deutsch, für die nahe Zukunft wird auch englischer Originalton versprochen. Wer beim Zuschauen virtuell Gesellschaft haben will, kann seine Xbox-Live-Freunde zum gemeinsamen Ansehen einladen. Dabei muss allerdings jeder Teilnehmer für den Film bezahlen.
Die Kosten pro Film betragen maximal 7 Euro (für HD-Qualität), gelöhnt wird mit "Microsoft-Points", die schon seit einigen Jahren das Zahlungsmittel im "Xbox Live Arcade"-Shop der Konsole sind. Dieser Shop zeichnete sich in den letzten Jahren vor allem durch die Förderung talentierter Independent-Spieleentwickler aus, denn er bietet ungewöhnliche Games-Perlen wie "Braid" oder "The Maw". Ähnliche Chancen für Indie-Filmemacher könnten sich auch aus dem Online-Videoportal für die Xbox ergeben. Derzeit ist das Filmangebot aber deutlich am Mainstream orientiert: "Harry Potter" und "Star Trek" statt "Sommersturm" und "Blutsfreundschaft".
Zeitgleich mit Zune startet auch die Verfügbarkeit von Facebook- und Twitter-Interfaces auf der Konsole.
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Während die schnelle Verfügbarkeit der Filme und die Vernetzungsmöglichkeiten beim Ansehen sofort überzeugen, und auch die 140-Zeichen-Nachrichten von Twitter Sinn am Fernseher machen, stellt sich bei Facebook noch die Frage: Wozu? Der Nutzen der angekündigte Integration von Facebook- und Xbox-Live-Profilen leuchtet nicht wirklich ein, und die Bequemlichkeit lässt zu wünschen übrig - zumal selbst die Facebook-App eines iPhones mehr Funktionalität bietet als ihr Xbox-Pendant (und ebenfalls am Sofa liegend verwendet werden kann). Allerdings ist Facebook auf der Xbox auch nicht weniger interessant als Sonys patscherter Virtual-World-Versuch namens "Playstation Home". Spannend ist ohnehin der Gesamttrend: Spielkonsolen, die sich zunehmend mit PC- und Web-Anwendungen vernetzen, sich zu Pay-per-View-Hardware verwandeln oder als Websurf-Stationen und Musikportale dienen. Der Erfolg wird zum einen von der Technologie, zum anderen von der Bequemlichkeit der Interfaces abhängen. Zumindest im Fall von Zune auf der Xbox ist das gut gelungen.