Erstellt am: 18. 11. 2009 - 13:59 Uhr
The Satanic Men
Radio FM4
Als mir Dienstag Nachmittag Portugal.The Man Sänger und Gitarrist John Baldwin Gourley gegenüber steht, bestätigt sich mein Bild von ihm, das ich mir bei unserem Telefongespräch im Sommer ausgemalt habe. Er wirkt schüchtern, introvertiert und trotzdem merkt man sofort, dass ihm der Schalk im Nacken sitzt. Auf die Frage, ob ihre derzeitige "Tour of the Statanists" (in Anlehnung an den Titel des letzten Albums) ihnen durch den Namen vielleicht Unglück gebracht hätte, meint John nach kurzem Lachen:
"Nein, überhaupt nicht. Du wärst erstaunt, wieviel der Teufel für dich macht, wenn du für ihn arbeitest".
Gemeint sind damit wahrscheinlich die ausverkauften Shows in den USA und die immer weiter wachsende Fangemeinde in Europa, die sie zu überschwenglichen Liebeskommentaren auf ihrer Hompage hinreißen lassen.
Das zwischendurch verlegene Zubodenschauen bei einem Interview weicht augenblicklich quirliger Rastlosigkeit, wenn John Gourley die Gitarre in die Hand nimmt. Selbst wenn es eine akustische ist, wobei die ruhigen Interpretationen der Portugal.The Man Songs bei unserer Studio Session nichts von ihrer Magie und Energie einbüßen.
andreas gstettner
Im Gegenteil. Die wundervolle Kopfstimme bei den poppigen Gesangsparts des letzte Albums The Satanic Satanist sind noch eindringlicher, die harmonischen Verflechtungen von geschlagener Gitarre, den spacigen Orgel- und Keyboardsounds, dem groovige Bass und dem reduzierten Schalgwerk lassen das perfekte Songwriting noch transparenter werden.
andreas gstettner
Einige Stunden später brechen die Gitarren über uns herrein. Vom ersten Ton an machen Portugal.The Man klar, dass an diesem Abend im Wiener WUK keine Gefangenen gemacht werden. Ein krachendes Schlagzeug bildet die Grundlage für die schwere Riffs, bei denen selbst Tony Iommi manchmal vor Neid erblassen würde. Denn wenn das Quartett aus Portland einmal ihre psychedelische Rockkiste aufgemacht haben, kann sie fast nichts mehr stoppen. Da kreischen oktavierte Soli zu den drogigen Orgelakkorden von Ryan Neighbors, während sich Bassist Zachary Scott Carothers durch sämtliche Rockskalen der Siebziger spielt. Nur optisch im Hintergrund treibt Schlagzeuger Jason Sechrist den Rhythmus immer wieder mit kräftigen Beckenschlägen voran.
andreas gstettner
Das Schöne bei Portugal.The Man ist, dass man nicht ein Fan von epischen Kraut-Post-Psychedelic-Rocknummern sein muss, um ein Konzert genießen zu können. Während ich letztes Jahr beim Arena Gig der von mir über alles verehrten Motorpsycho nach drei zwanzigminütigen Improvisationslärmmonstern nicht nur das Aufmerksamkeitshandtuch geschmissen, sondern auch fast die weiße Frustfahne geschwenkt hätte, schaffen es die vier Musiker aus Alaska und Protland mit ihren rockistischen Trips in die Vergangenheit spannend zu bleiben. Kein Solo ist zu lang, sondern führt nach kurzer Zeit zu einer cleveren und eingängigen Melodie und auch die Rhythmustruppe bleibt mit jedem Takt ganz nahe an den ausgefeilten Songstrukturen. Zwar werden die Improvisationszügel hin und wieder gelockert, jedoch bricht die Band nie in verquere, nicht nachvollziehbare Selbstergötzungsorgien weg. Bei Portugal.The Man hat der Soundwahnsinn Konzept und wird mit geschickten Händchen manchmal behutsam aufgeschichtet, manchmal eruptiv losgebochen.
andreas gstettner
Interessanterweise blitzen die Popperlen von "The Satanic Satanist" deutlich aus dem härteren Set von "Church Mouth" Songs und verquereren Nummern von "Censored Colors" heraus. Den älteren Stücken scheint gerade live die chorale Softness zu fehlen, die auf den Alben die rockende Gangart etwas abdämpft. So stechen leisere, sanfteren Momente wie "1989" sofort heraus, wobei der unglaublich gut eingespielte Vierer auch bei anderen Songs durch ihre Dynamik besticht. Und wenn einmal das Tempos gedrosselt und die Lautstärke heruntergeschraubt wird, entstehen wunderschön soulige Klangwolken, die einen vom Fleck weg verzaubern.
andreas gstettner
Auch wenn John bis zum Schluss keine einzige Ansage macht und auch nur manchmal unter seiner Mütze hervor ins Publikum blinzelt, spürt man den Spaß und die Freude der Band in jedem Song. Diese Stimmung überträgt sich auf den gesamten Saal des WUK. So bleiben manche in den hinteren Reihen mit offenem Mund stehen, während andere mit ihrem Körper in den Groove eintauchen. Der kräftige Applaus zaubert John, James, Ryan und Zachery so manches Lächeln ins Gesicht, bis der sympatische Sänger vor der Zugabe meint:
"Ich weiß, viele Bands sagen das und ich sage das jetzt fast jeden Abend, aber es ist wirklich fantastisch, zu reisen, viel herum zu kommen und am Abend vor so vielen Leuten zu spielen. Wir wollen euch wirklich Danken!"
Der Dank ist ganz auf unserer Seite für so ein fulminantes Konzert.
andreas gstettner
Nicht verpassen!
Portugal.The Man spielen am Mittwoch 18. November im Rockhaus Salzburg und am Donnerstag 19. November im PPC Graz.