Erstellt am: 16. 11. 2009 - 14:34 Uhr
Stay classy, Vienna!
Es soll ja noch immer Leute geben, die Will Ferrell nicht als einen der größten lebenden Komiker anbeten. Diese Menschen tun mir leid, weil sie das Licht noch nicht gesehen haben und das köstliche himmlische Manna verweigern.
Speziell im deutschsprachigen Raum lassen sich sogar Millionen Menschen lieber von falschen Comedy-Götzen wie Bully Herbig verführen. Das ist ein Trauerspiel.
Natürlich hat dieser Skandal einen Hintergrund. In regelmäßigen Abständen scheitert die lieblose Synchronisation an Komikgöttern wie Mr. Ferrell, Ben Stiller oder Jack Black. Der spezielle Frat Pack-Humor dieser Herrschaften lebt vom unglaublichen Wortwitz. In der deutschen Übersetzung bleiben oft nur dumpfe Banalitäten übrig. Und das schlägt sich auch negativ auf die Einspielergebnisse nieder.
In Wien ergreift nun das Filmmuseum die Initiative. Der zentrale Treffpunkt der Cineasten holt heute und am Mittwoch nach, was die heimischen Verleiher verpassen. Unlängst ist hier "The Hurt Locker" gelaufen, der letzte großartige Kathryn Bigelow-Thriller, der auch in letzter Minute österreichweit gecancelt wurde.
Jetzt bringt Filmmuseum-Direktor Alexander Horwath die zwei vielleicht genialsten Klamaukstreifen mit Will Ferrell auf die Leinwand, die übrigens beide die US-Kinocharts anführten.
UIP
"Ich liebe Charaktere, die sich frech, eitel und aufdringlich geben und damit ihre völlige Unsicherheit kaschieren", sagt Ferrell.
In "Anchorman - The Legend Of Ron Burgundy" (2004) brilliert er als schnauzbärtiges Testosteron-Monstrum, halb Nachrichtensprecher, halb Sexmaniac. Im San Diego der siebziger Jahre regiert Ron Burgundy die lokalen Newsquoten. Als sich eine weibliche Konkurrentin bei seinem Sender bewirbt, ist Burgundy in seiner Macho-Ehre gekränkt.
Einen Alphamann spielt Will Ferrell auch in "Talladega Nights – The Ballad Of Ricky Bobby" aus dem Jahr 2006. Als rennfahrender Redneck mit Hormonstau symbolisiert er den American Dream von seiner windschiefen Seite. Hier kommt die Nemesis in Gestalt eines französischen Formel Eins-Piloten daher, den Sacha Baron Cohen formidabler verkörpert als alle Borats und Brunos zusammen.
Sony
Amerikanische Mythen und die dazugehörigen Männlichkeitsideale stehen im Mittelpunkt der besten Ferrell-Filme. Mit unzähligen sarkastischen Gags demontiert der Saturday Night Life-Veteran lautstarke Angeber und protzige Poseure.
Gleichzeitig, und das ist der entscheidende Punkt, sind diese Filme frei von menschenverachtendem Zynismus. Ferrell und sein Stammregisseur Adam McKay scheinen tief drinnen ein Herz für ihre verkorksten Anti-Helden zu haben. Bei aller Lächerlichkeit bewahren Figuren wie Ron Burgundy und Ricky Bobby noch einen Hauch ihrer Würde und dürfen sogar einen Prozess der Läuterung durchmachen.
- "Anchorman" und "Talladega Nights – The Ballad Of Ricky Bobby" am 16. bzw. 18. November im Wiener Filmmuseum
Was soll man noch sagen? Der große Judd Apatow hat produziert, es spielen wunderbare Typen wie Paul Rudd, Steve Carrell, Christina Applegate oder John C. Reilly mit. Und ich hätte gerne eine Statue des Hündchens Baxter für mein Wohnzimmer.
"Anchorman" und "Talladega Nights", das sind Comedymeisterwerke, die den Abend retten können, den trüben Herbst vergessen lassen, deine Seele streicheln. Viel Vergnügen.
UIP