Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Song zum Sonntag: Lapin Machin"

Boris Jordan

Maßgebliche Musiken, merkwürdige Bücher und mühevolle Spiele - nutzloses Wissen für ermattete Bildungsbürger.

15. 11. 2009 - 12:49

Song zum Sonntag: Lapin Machin

Dingsdahasen am Blue Bird: Road Trip

Lapin Machin

Peter

Die gewohnte Textinterpretation fällt hier ein wenig schwierig aus. Die charmante Pariser Band Lapin Machin hat nämlich ein derartig akzentversautes Franzosenenglisch, dass sich Blixa Bargeld dagegen wie Michael Redgrave ausnimmt. Statt "Lalala" eben "Lölölö", und dazu noch mötaphernreischö, undurschsischtigö Textö.

Ungefähr so: Es ist alles wie ein Ausflug im Regen. Man fährt im Regen herum, wenn die Sonne aufgeht, könnte das auch den Tod bedeuten. 3.000 Jahre alte Bäume sterben wegen der Termiten, was eine Parallele darstellt zum eigenen Leben in Paris. Und man kämpft gegen eine "Welle" an, sie ist offenbar eine Metapher für die Modernität und ihre zerstörerische Kraft, also schläft man unter Bäumen, schreibt Briefe statt E-Mails, und am Ende findet man sich wieder in einem Wald über einem See und möchte dort laut schreien. Wer schreit mit?

All das ist bei Lapin Machin ein Song in bester Velvet Underground Traditionspflege, inklusive geradem Beat, Röhrenverstärkersound und gleichmäßiger, charmanter, mehrstimmiger Steigerung bis zum Schluss.

Lapin Machin

Der Song zum Sonntag ist eine Kooperation zwischen FM4 und der Presse am Sonntag und erscheint hier wie dort, wo sich der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar der Kolumne annimmt.

Sie haben kein Auto (zumindest heißt ihre Platte so), dafür ein Kartonschlagzeug, auf das sie mit Filzstift "Drum Machine" (mit "e") draufgemalt haben, ebendiesen grauenerregenden französischen Akzent und ein Herz für Kinder oder zumindest für Kinderpop. Ihr Name sieht auf den ersten Blick aus, als ob Kaninchen und Maschinen eine Hochzeit eingegangen wären, zumindest für des Französischen Unkundige. "Machin" scheint aber so eine Art Füllwort für das Undefinierte zu sein, wie "Ding" oder "Dingsbums", vielleicht ist hier die Kimya-Dawson-Gedächtnis-Hasenhaube des Sängers gemeint. Sie singen, hat man sich erst an den "dämlischen Axon" (Monty Python) gewöhnt, eines Jonathan Richman (Richmön) würdige, einfachste Songs über alles Mögliche, etwa die Großmutter, Muffins ("möffinns"), Söngllassös und Moi Famülü.

Lapin Machin bedienen sich dabei einerseits recht konventionell und vorhersehbar an den Merkmalen des Twee Pop oder Cuddlecore, andererseits sind sie für Franzosen, von denen man ja Popkummer gewöhnt ist, ungewöhnlich geschmackssicher und echt. Und das meine ich so.

Cover-Grafik: Roboter auf Baugerüst

Lapin Machin

Lapin Machin spielen, neben ihrem Auftritt am 19.11.2009 in Wien beim Blue Bird Festival im Porgy & Bess, noch tags darauf in Hall in Tirol, in der "Wäscherei P", der Kulturstation im psychiatrischen Krankenhaus des Landes Tirol.

Blue Bird

Kleiner blauer Vogel

blue bird festival / VSA

Besonderer Grund für die Vorstellung dieser Freundeband ist, dass sie am diesjähigen Blue Bird Festival auftreten. Das Blue Bird Festival , Höhepunkt der herbstlichen Festivalsaison, findet auch heuer wieder im Porgy & Bess in Wien statt, von 19. bis 21. November 2009, und wird wieder von der Vienna Songwriting Association veranstaltet. Und die setzt sich, nach Auftritten von so unklampfigen Künstlern wie Michael Gira oder Baby Dee auch heuer wieder zum Ziel, den "Singer /Songwriter" Begriff von dem Muff des "Klagelieds zum C7 Akkord" zu befreien. Und nicht nur diese bezaubernden Franzosen sind ein Grund hinzugehen. Dort spielen Lapin Machin neben bekannten Größen wie Howe Gelb, David Eugene Edwards mit Woven Hand oder Clara Luzia, ebenso wie die neu zu entdeckenden Acts Bored Man Overboard, Emily Jane White oder die Paramount Styles von Ex Girls Against Boys Sänger Scott McCloud. Man darf gespannt sein.