Erstellt am: 29. 11. 2009 - 11:50 Uhr
Die Sprache des Boulevards (3)
Die Vorweihnachtszeit beginnt mangels einer besseren Definition am 27. Dezember. Zelebriert wird sie allerdings erst ab Anfang November, was durch Tannenzweig-ummantelte Illuminationskonstruktionen in Fußgängerzonen, eine rot-weiß-goldene Farbdominanz in der Reklame und nicht zuletzt durch die Ideen-Flut bemerkbar ist.
fleischerei pahl
Frauen-, wohl auch manche Männermagazine und am Ende gar Hermaphroditenjournale ersinnen jeden Herbst verlässlich Geschenkideen, die als preiswert, originell und ganz einfach toll angepriesen werden. Auch im Rest des Kalenders kreieren ganze Wolkenkratzer an Redaktionen irgendwelche Ideen, sei es für gehaltvolles Backen, wirkungvolles Dekorieren, schnellen Gewichtsverlust oder knuspriges Ficken.
Die entscheidende Irritation bei den ganzen mit Tipps 'n' Tricks bedruckten Regenwäldern ist die Annahme, dass es wohl genügend Menschen gibt, die Ideen aus Illustrierten und Lifestyle-Sendungen auch tatsächlich umsetzen.
Der Hauptreiz einer Idee, im I-d-e-a-l-fall einer originellen, besteht darin, sie selbst zu haben. Jemand anderer, der wohlinspiriert durch Zufall oder Grübelei einen lohnenden Einfall hat, soll sich daran in Ekstase laben. Ich werde mich dagegen grämen, nicht selbst eine so tolle Idee gehabt zu haben und sie vor allem nicht als meine ansehen.
Wer schenken, abnehmen, dekorieren oder intim werden will, soll sich darüber Gedanken machen und bei einem Gedankenmangel notfalls Beratung einholen, aber sich nicht gleich an fremden Ideen vergehen.
fleischerei pahl
Bringt ja auch nichts.
Geschenkideen von Journalisten können per se nicht originell sind, obendrein bereiten originelle Präsente kaum Freude, man will ja auch was damit anfangen können. Geschenke haben funktional oder persönlich zu sein. Der Garten der Lust ist dicht bewuchert mit süßen und seltsamen Früchten der Inspiration, man möge sie selbst pflücken und sie zu zweit, alleine oder in der Gruppe kosten. Stellungen erfindet und Hilfsmittel erwirbt man, Beischlaf-Fibeln sind überflüssig. Essen sollte man, was schmeckt, wohltut und der Arzt nicht untersagt.
Und Ideen, die macht und hat man alleine, entwickelt sie vielleicht auch manchmal zusammen in der Vorstandssitzung und dann setzt man sie um, oder man hat auch mal gar keine und macht sich einen feinen Sonntag.