Erstellt am: 11. 11. 2009 - 11:19 Uhr
Care for Vienna
von Klaus Brunner
Klaus Brunner ist freier Redakteur des ORF Landesstudios Salzburg
Die Idee entstand an der Uni in Kiel. Der Allgemeine Studierendenausschuss, besser bekannt als AStA und sowas wie das deutsche Pendant zur ÖH, wollte Solidarität mit der österreichischen Protestbewegung zeigen. Warum also nicht Sachen des alltäglichen Besetzer-Gebrauchs in den Süden schicken: neben Plakaten und Prospekten natürlich auch lecker Bierchen, frisches Gemüse und diverse Knabbereien.
Ein ganzer Kleinbus voll Hilfsgütern kam zusammen, dazu musste man nur Gleichgesinnte in so ziemlich jeder deutschen Universitätsstadt abklappern, die zwischen Kiel und München liegt. Den Hilfsgüterlieferanten gehe es vor allem um Solidariät mit Österreich, so sagen sie, die Probleme hüben wie drüben seien schließlich dieselben: überfüllte Hörsäle, knappe Mittel und eine wenig durchdachte Studienplanänderung im Sinne des Bologna-Prozesses.
ORF/Klaus Brunner
Nach etwa 1700 zurückgelegten Kilometern erreichen die Hilfspakete am Abend des 10. Novembers 2009 die erste Station in Österreich, den besetzen Hörsaal in Salzburg. Der Roadtrip sei sehr anstrengend, erzählt AStA-Vorstand Rene Gessner, aber das sei schon ok, schließlich werde man überall herzlich empfangen. Die Salzburger Protestbewegung freut sich jedenfalls sehr über die Hilfsgüter. Hungrige Mäuler wollen gestopft werden, die Volx-Küche kann die Lebensmittel gut gebrauchen, zumal ein Ende der Besetzung nicht so schnell in Sicht ist. Die Stimmung im Salzburger Hörsaal 381 ist konstruktiv, sehr professionell wirkt das Alles inzwischen, auch wenn das nicht zwangsläufig jeder Besetzer als Kompliment auffassen wird. Unterdessen bewegt sich der Hilfsgüter-Transport weiter nach Linz und Wien, mit etwas Glück werden auch hier Mikrofone und Kameras auf die deutschen Studenten gerichtet sein.
ORF/Klaus Brunner
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Die Kieler "AStEN" dokumentieren ihre Solidaritäts-Tour ohnedies auch in einem Blog. Mit einem großen Klecks Pathos steht hier geschrieben: "Unterschiedlicher können wir wohl kaum sein, da wir alle irgendwie ein Querschnitt durch unsere Studierendenschaften sind. Umso erfreulicher ist es, dass wir es geschafft haben ein gemeinsames Ziel zu haben, über unsere Differenzen hinwegzuschauen und die Dinge zu sehen, die uns einander näherbringen: der Wunsch nach einer besseren, einer gerechteren Bildungspolitik. In Deutschland, in Österreich, in Europa, ja in der ganzen Welt. Wenn so viele verschiedene Studierende mit so unterschiedlichen Hintergründen hier Gemeinsamkeiten entwickeln können und aufzeigen dass an allen Hochschulen grundlegend die gleichen Probleme vorhanden sind, dann gibt es vielleicht doch noch Hoffnung, dass auch die Entscheidungsträger in Politik und Gesellschaft erkennen, dass Veränderung zum Besseren möglich ist."
Trotz Pathos und geschickter Polit-PR muss man den Kieler Studenten von "Care for Vienna" eines zugestehen: Recht haben sie.