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Andreas Gstettner-Brugger

Vertieft sich gern in elektronische Popmusik, Indiegeschrammel, gute Bücher und österreichische Musik.

11. 11. 2009 - 10:18

Wie im Siebenten

Über Anfänge, Wahrheiten, Fiktionen und die Unmöglichkeit, über die große Liebe zu schreiben. Über Andreas Unterwegers charmantes Romandebüt.

Es ist ein großes Vorhaben, über die große Liebe zu schreiben. Eines, an dem schon viele Schriftsteller gescheitert sind. Umso mutiger, seinen Debütroman diesem Thema zu widmen und ihn um den siebenten Wiener Gemeindebezirk zirkeln zu lassen. Ob das nur an dem Wortspiel mit dem metaphorischen Ausdruck für das ultimative Glücksgefühl liegen mag, oder ob eine andere Wirklichkeit dahintersteckt, ist eine von vielen Fragen, die Andreas Unterwegers Debüt aufwirft. Und zum Glück bleiben die meisten unbeantwortet.

Eigentlich, um genau zu sein

Droschl Literaturverlag

In dem schmalen Erstlingswerk lernen wir Judith und Andreas kennen. Eigentlich, um genau zu sein, lernen wir mehr über Andreas, den Erzähler. Er ist dabei, sein erstes Buch zu schreiben und mit seiner Freundin Judith in den siebenten Wiener Gemeindebezirk zu ziehen. Eigentlich, um genau zu sein, entdeckt er das Schreiben an sich und kürt es gleich zu seinem Lebenselexier. So möchte er den Höhenflug des Verliebtseins einfangen, sein perfektes Leben mit Judith im Siebenten. Eigentlich, um genau zu sein, leben die beiden nicht wirklich zusammen. Vielmehr ist die Wirklichkeit viel komplizierter, als sie Andreas in unzähligen, kleinen Schreibblöcken und auf Bierdeckeln skizziert.

Und da wäre noch die Geschichte mit der Musik. Eigentlich, um genauer zu sein, die Geschichte von der Kindergitarre, auf der Andreas seine ersten musikalischen Gehversuche startet. Doch wie so oft in seinem Leben ist die Überschrift nicht wirklich der Inhalt und eigentlich, um genau zu sein, dreht sich trotz durchzechten Beislnächten und katarsischem Parksitzen dann doch alles wieder um seine große Liebe. Eigentlich, um genau zu sein, um Judith.

Dante, Dylan und die Wirklichkeit

Andreas Unterweger liebt es, uns auf falsche Fährten zu locken. Beginnt alles als einlullende Pärchengeschichte, zerfranst bald die erzählerische Zeitlinie und Löcher machen sich in den Seelen der Menschen breit, die alles Dunkle anzuziehen und in sich aufzusaugen scheinen. Da hilft dann manchmal nur mehr der heiß ersehnte Geschirrspüler, dessen gleichmäßiges, wohliges Stampfgeräusch sich wie der Herzschlag einer innigen Freundschaft anhört. Ob es im Siebenten doch nicht wie im Himmel ist?

Werner Schandor

Andreas Unterweger, geboren 1978 in Graz, studiete deutsche Philologie und Französisch. Er schreibt Prosa, Lyrik, Essays und sein erster Roman "Wie im Siebenten" ist im Literaturverlag Droschl erschienen.

"Wie im Siebenten" ist kein gewöhnlicher Roman, im Sinn einer stringent einer Ebene folgenden Erzählung. Unterweger wechselt gerne die Perspektive, in dem er über sich selbst und sein erstes Buch, das "Wie im Siebenten" auch tatsächlich ist, schreibt und somit eine Metaebene einzieht die es ihm erlaubt, darüber zu reflektieren, was erst geschrieben wird.

Ähnlich verhält es sich mit der Suche nach der Wahrheit oder besser: Wirklichkeit. Dazu wählt Unterweger den Essay mit wissenschaftlichem Touch, der uns mittels einer Lektion in Musikgeschichte vor Augen führen soll, dass die Suche nach authentischen Spuren von Künstlern in ihren Werken ebenso alt wie sinnlos ist. Schließlich ist die Frage, wieviel sich vom Autor oder Musiker in seinem Buch oder Song wiederfindet, eine falsch gestellte. Sollte es nach Unterweger doch vielmehr darum gehen, wieviel ich von mir selbst in einem Buch oder Song wiederfinden kann. Außerdem macht die dazu entwickelte Dante-Dylan-Lennon-Analogie richtig Spaß. Es ist ein charmater und witziger Husarenritt durch die verschiedenen, philosophischen Betrachtungen von Popkultur und Literatur, wobei auch hier sich Unterweger nicht verkneifen kann, durch einen "Anhang" im Buch sich selbstironisch das Bein zu stellen.

Am Ende darf die Poesie neben dem autobiografischen Aspekt und dem wissenschaftlichen Kommentar natürlich nicht fehlen. Schließlich hatte man nich viel weniger im Sinn, als etwas zu erklären, was sich eigentlich nicht erklären lässt. Die große Liebe.

Tipp:

Andreas Unterweger wird am Mittwoch 11. November im Rahmen von Buch Wien 2009 bei der Lesefestwoche in der Roten Bar des Wiener Volkstheaters aus seinem Roman lesen. Außerdem ist er heute (11.11.) in Connected (15-19) zu Gast.