Erstellt am: 6. 11. 2009 - 13:33 Uhr
Fußball-Journal '09-102.
Der ÖFB-Kader für Österreich - Spanien am 18. 11.
Tor: Christian Gratzei (Sturm), Helge Payer (Rapid), Robert Almer (Austria).
Abwehr: Aleksandar Dragovic, Manuel Ortlechner (Austria), Jürgen Patocka (Rapid), Franz Schiemer (Salzburg), György Garics (Atalanta/ITA), Paul Scharner (Wigan/ENG), Christian Fuchs (Bochum/DEU).
Mittelfeld: Yasin Pehlivan, Veli Kavlak, Christopher Drazan (Rapid), Andreas Hölzl, Jakob Jantscher, Daniel Beichler (Sturm), Julian Baumgartlinger, Zlatko Junuzovic (Austria), David Alaba (Bayern/DEU).
Angriff: Marc Janko (Salzburg), Erwin Hoffer (Napoli/ITA), Stefan Maierhofer (Wolves/ENG), Roman Wallner (LASK).
Abrufliste: schmeck's!
Für das U21-Match gegen Albanien werden Baumgartlinger, Kavlak, Beichler und Alaba abgestellt, Pehlivan, Dragovic, Drazan und Jantscher nicht. Fürs Azerbeidjan-Spiel gilt das nicht. Begründung: keine.
Der U21-Kader für die Quali-Spiel gegen Albanien am 13. 11. bzw Azerbeidjan (am 18.11.) sind bis Montag mittag noch nicht bekannt.
Wale: Andreas Ivanschitz (Mainz/DEU), Martin Stranzl (Spartak/RUS), Andreas Ibertsberger (Hoffenheim/DEU, eh verletzt), Alexander Manninger (Juve/ITA), Ekrem Dag (Besiktas/TUR), Thomas Prager (LASK), Christoph Leitgeb (Salzburg), Michael Gspruning (Xanthi/GRE), Roland Linz (Gaziantep/TUR), Stefan Lexa (Ried)...
Verletzt, rekonvaleszent: Sebastian Prödl (Werder/DEU), Emanuel Pogatetz (Boro/ENG) Marko Arnautovic (Inter/ITA), Rubin Okotie (Austria).
Bald wieder im Blickfeld: Jürgen Macho (LASK).
Hoffer-Schicksal: Ümit Korkmaz (Frankfurt/DEU), Jürgen Säumel (Torino/ITA).
Echte Außenverteidiger, igitt, da funktionier ich doch lieber den Scharner um: Andreas Dober (Rapid), Andreas Ulmer (Salzburg), Markus Suttner (Austria), Roland Gercaliu (Neustadt)...
Es gab einen Neuling zu präsentieren.
Es galt darauf hinzuweisen, dass man der ums Quali-Leiberl kämpfenden U21 einige Spieler zur Verfügung stellen würde.
Es hätte sich stärkstens angeboten auf die gestrige Europa League-Runde einzugehen.
Ist alles nicht passiert.
Der Teamchef ging vor Erregung spürbar vibrierend in seine heutige Kader-Bekanntgabe-Pressekonferenz und hatte nur eines im Sinn: Blocken und Austeilen im Fall Ivanschitz.
Rausgekommen ist eine halbe Stunde purer Herman Melville.
Didi Constantini als Kapitän Ahab, irrlichternde Parolen ausgebend, erahnte Meutereien verhindernd, in einer Fantasiewelt festgehalten, in der er sich nur um eines, nur um einen dreht.
Abwesend, aber deutlich spürbar: Andi Ivanschitz als Ahabs weißer Wal.
Nennt mich also Ismael.
Der Captain legte sofort los mit seiner Rede an die versammelte Presse-Mannschaft.
Er lobt den Wal, er spiele sehr gut aktuell, aber er habe sich auf die Nicht-Einberufung festgelegt. Dann folgte die erste Verschwörungstheorie: er hätte Ivanschitz auch einberufen können, ihm dann die Niederlage gegen Spanien (interessant, dass er von sowas ausgeht) anlasten um ihn loszuwerden.
Das wäre kein ganz neuer Dreh - so war er zuletzt mit Prager verfahren.
Constantini hat Fantasie im Vergraulen von Spielern, die er nicht will: Sie etwa einberufen und dann auf die Bank gesetzt, obwohl er auf ihrer Position nur Notnagel auflaufen ließ - Ibertsberger, Dag, Garics; oder sie wegen Verletzung freigeben und sich anschließend in Interviews über die schlechte Einstellung beschweren - Stranzl.
Ist Sturheit Fantasielosigkeit
Die anwesende Mannschaft ist eine des 21. Jahrhunderts und also nicht komplett sprachlos und fragt nach: Ist Sturheit Fantasielosigkeit? Ist das Leistungsprinzip abgeschafft? Ist Dankbarkeit ein Nominierungs-Kriterium? Wurde Scharner in Wigan nach denselben Beobachtungs-Mustern zerlegt wie Ivanschitz in Mainz? Gab es ein Gespräch? Ist das gerecht?

mobydick.com
Captain Ahabs Hut wird immer größer, so sehr staut sich der mitgebrachte Ärger auf. "Das Leben ist ungerecht!" stößt er hervor. Und dass er diese Freunderlwirtschaft satt habe.
Die Presse-Mannschaft stöhnt und lächelt in sich hinein. Ivanschitz, der weiße Wal, hat wenig Freunde und eine kleine Lobby, abseits der mächtigen Tagespresse, die ihn seit Jahren verarscht. Ahab hat die Kontrolle verloren, die Sicht auf die Realität ist ihm von der Gischt, die ihm entgegenweht, vernebelt worden. Der Wal wird von der Mannschaft als pars pro toto genommen, als Beleg für eine komplett willkürliche Personal-Politik, die die Regentschaft des Captains seit April durchzieht.
Man hatte lange stillgehalten, weil ein junges Team einzelne Erfolge hatte. Da sich aber in der Substanz nichts veränderte, das Nationalteam keine Struktur, kein System, keine Strategie hat, weil sich die Teamführung außer der neuen Jugendlichkeit eher nichts an Innovation und eher wenig an Mittelfrist-Planung, Gesamtüberblick und Vorbereitungsarbeit eingebracht hat, ist der Wal ein willkommenes Element um den Captain auf die Planke zu treiben.
Captain Constantini auf der Planke
Wobei: dort hat sich Constantini ganz freiwillig aufgestellt. Im Moment seiner ersten Wortmeldung steht er dort, ganz vorne, auf der Planke. Und beschwert sich dann genau darüber.
Die Presse-Crew spürt, dass seine Narbe juckt und schmerzt und piekst ihn immer wieder genau drauf.
Ich habe Mühe die paar Sachen, die ich wissen will, dazwischenzupacken, aber Ahab Constantini nützt die Pausen von der Causa Prima, die ich ihm da gönne, kaum. Er äußert einen wenig interessierten halben Satz zur Debüt-Berufung von Robert Almer, grad dass er noch die vier Namen der Spieler herauspresst, die er an die U21 für ihr Quali-Spiel gegen einen Gegner, den er nicht kennt (weil ihm das Ganze eher wurscht ist, er würde da auch nichts von selber tun, sagt er, der Herzog-Andi muss ihn schon anrufen und bitten), abgestellt hat - und schon ist er wieder, ungefragt bei seinem Wal und stößt kurze abgehackte Sätze hervor, die seiner Empörung drüber Ausdruck geben, dass er sich hier erklären muss. Erklären, er, der Captain, der von seinem Reeder Windtner ernannt wurde! Menschen gegenüber, die er teilweise gar nicht kennt und womöglich nicht duzt!
Die Presse-Meute ist unbarmherzig und setzt jeder seiner gebellten Antworten eine neue Verständnis-Frage entgegen, und will immer wieder auch Begründungen hören.

öfb
Der Captain gibt sie nicht, legt aber Wert auf die Tatsache, dass er nicht stur ist. Ob er Fantasie hat, lässt er offen. Er will auch nicht auf sein Tiroler-Sein reduziert werden, reduziert aber Ibertsberger auf sein Salzburger-Sein, reduziert Trainer-Kollegen Daxbacher auf ein Tschapperl namens Daxi und meint, dass Pacults Aussagen, ein jeder, der dreimal mit dem Popsch wackelt würde einberufen, nicht so gemeint gewesen wäre, er sei da sicher. Ähm, Robert Almer? Ich erspar ihm und mir die Frage...
Ein PR-Meister dekonstuiert sich selber
Eine herrliche Selbstentlarvung ist das: da beschwert sich einer, dass seine PR-Anstrengungen nicht belohnt werden, sondern auf die Substanz dahinter geachtet wird!
Nicht korrekt wäre das, was man ihm antue, sagt Constantini und blickt durch die Runde wie einer, der sich schon das nächste Opfer fürs Kielholen aussucht. Das neue verbesserte Animo, das die Mannschaft in der Öffentlichkeit erreicht hat, das würde nicht genug anerkannt werden. Viel weniger Kredit als vergangene Nationalteams hätte man.
Man rede dauernd nur über Ivanschitz. Ja, das sei alles unglücklich gelaufen, womöglich, sagt er und schlüpft für einen wahrhaftigen Moment aus der Ahab-Rolle, aber in der nächsten Sekunde reflektiert er eh schon nicht mehr, sondern ist nur "genervt" davon. Von seiner eigenen Jagd, seinem eigenen Eiertanz, seiner eigenen PR-Masche, die ihm jetzt zurückgefedert wird, von einer wie immer die Schwächen ihres Gegenübers gnadenlos ausnützenden Presse-Meute.
Ihr verrennt euch da, sagt er am Schluss noch, der Constantini-Captain Ahab-Hybrid, steht auf und will einen Blitz schleudern, muss aber feststellen, dass er menschlich ist, und das gar nicht kann. Und geht zurück in seiner verrannte Welt.
Im amerikanischen Nationalroman bringt der Wal Ahab um, reißt ihn in die Tiefe.
Im richtigen Leben wird das der Wal Ivanschitz auch tun, ganz automatisch, instinktiv, ohne eigenes Zutun, sofern sich sein Ahab nicht von ihm und er fixen Idee einer Gegnerschaft befreit.
Andere Reaktionen sind hier nachzulesen.
Von der Mannschaft, der Presse-Crew, die ihn seit seinem Amtsantritt immer massiv unterstützt hat, hat er sich bereits entfremdet. Die werden ihm nirgendwohin folgen. Da ist der Überlebens-Instinkt davor. Die Zeiten des alten Kadaver-Gehorsams, auf die Ahab noch zählen konnte, und Constantini (der immer noch im Glauben lebt Pressekonferenzen wären nur eine Sache für "Zeitungen") fatalerweise noch setzt, sind vorbei.