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Sarah Seekircher

(Sub-)Urbia und Überall. Reportagen, Hörspiele und andere Hauptsächlichkeiten.

26. 10. 2009 - 16:29

Beton für die Bösen

Die Big Brother Awards 2009 haben ihre Preisträger gefunden. Mit dabei: die öberösterreichischen Grünen.

Immer wieder war bei der Verleihung der Big-Brother-Awards von "den Bösen" die Rede. Wer das sind, das bedurfte gestern Abend keiner weiteren Erklärung: Die Daten missbrauchenden Anwärter für die nicht gerade Ruhm bringende Big-Brother-Betontrophäen.

Ein heißer Tipp bei den diesjährigen Ausgabe der Big-Brother-Awards waren die ÖBB. Und tatsächlich bekamen sie bei der Publikumswahl ihr Fett dafür ab, dass sie verdeckt Krankenakten über Mitarbeiter angelegt hatten. Neu in den Reihen der Bösen sind die oberösterreichischen Grünen. Dem Koalitionspartner der oberösterreichischen ÖVP wird angekreidet, sich "vom Internetsperrpopulismus anstecken" haben zu lassen.

Der Big Brother Award

Joanna Pianka

So sieht er aus: Der Preis, den niemand will.

Zensur 2.0

Im Mai 2009 stimmten drei grüne Abgeordnete im Landtag für stärkere Internetzensur. Obwohl Abgeordnete der SPÖ und der ÖVP ebenfalls für die Resolution stimmten, wurden gestern nur die Grünen "ausgezeichnet". Bei der Big-Brother-Jury ist die Enttäuschung groß, dass sich jene Partei, die in Sachen Überwachung bisher "mit Augenmaß und Sachverstand" agiert habe, nun weichkochen habe lassen. Gefordert werden in der besagten Resolution der Oberösterreicher Internetsperren, wie sie auch in Deutschland diskutiert wurden. Als Argument für die Zensurbestrebungen wird auch in Oberösterreich das Thema "Kinderpornografie" verwendet.

Das Publikum bei der Preisverleihung

Joanna Pianka

Heuer interessierten sich so viele für die Anti-Preis-Verleihung im Rabenhof-Theater, dass einige Besucher sogar draußen bleiben mussten.

In Deutschland haben sich bei den vergangenen Bundestagswahlen aber auch Parteien hervorgetan, die dezitiert gegen solche Netzsperren und Zensur im Internet sind: Die Piraten-Partei ist in Deutschland immerhin auf zwei Prozent der Wählerstimmen gekommen, und auch die FDP war bekanntlich nicht gerade unerfolgreich bei den vergangenen Wahlen. Die künftige deutsche Bundesregierung (eine Koalition aus CDU/CSU und FPD) setzt nun die umstrittene Sperrung von kinderpornografischen Seiten zunächst sogar für ein Jahr aus. Stattdessen soll die Polizei versuchen, die Seiten zu löschen. Das Thema Datenschutz scheint in der Bevölkerung angekommen zu sein.

"Still going stärker"

Das findet auch Erich Möchel. Weil der österreichische Big-Brother-Award heuer sein zehnjähriges Jubiläum feiert, wird der Mit-Initiator des Anti-Preises und ORF-Journalist für ein kurzes Resüme auf die Bühne gebeten. Als "Bande von Anarchisten" seien die Initiatoren des österreichischen Big-Brother-Awards anfangs abgetan worden. Das waren die Zeiten, als den Gewinnern der Oscars für Datenjunkys Schweineohren in Briefen zugeschickt worden sind. Inzwischen haben die Big Brother Awards einen Professionalisierungsschub hinter sich. Damit einhergegangen ist, dass die "allerfrechsten Dinge heute nicht mehr so durchgehen wie früher".

Beim Umtrunk nach der Gala steht eine Gruppe von IT-Technikern beisammen. Sie ärgern sich, dass jene Firmen und Institutionen, die die Betonskulptur erhalten (aber im Normalfall nicht abholen) nie direkt mit ihren Verstößen gegen den Datenschutz konfrontiert werden. "Wieso schickt man nicht einfach ein Kamerateam zu den betroffenen Firmen, das versucht, die Trophäe zu überreichen? Um denen zu zeigen: Hey Leute, ihr habt Scheiße gebaut."

Mieze Medusa

Joanna Pianka

"Aus Prinzip paranoid" singt Mieze Medusa.

Die Preisträger 2009

Beton abgeräumt haben in diesem Jahr

  • Business und Finanzen: Clemens Steiner, Geschäftsführer Tiger Lacke
  • Politik: Die Landtagsabgeordeten Hirz, Wageneder und Schwarz [Grüne OÖ]
  • Behörden und Verwaltung: Bundesministerium für Finanzen
  • Kommunikation und Marketing: Russell E. List-Perry (123people)
  • Publikumspreis: Peter Klugar (ÖBB)

Der Preis "Lebenslanges Ärgernis" und der Positivpreis "Defensor Libertatis" wurden diesmal nicht vergeben. Die Jury-Begründungen zu den Preisträgern finden sich auf der Website des Big Brother Awards.