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Rainer Springenschmid

Punk & Politik, Fußball & Feuilleton: Don't believe the hype!

22. 10. 2009 - 10:41

Es wuchert am Stadtrand

Es ist ein saukalter Herbst, trotzdem blüht München gerade auf, es sprießt an allen Ecken und Enden. Das Kafé Kult, eine Blume, die am Rande blüht, feiert jetzt ihren zehnten Geburtstag.

München, so sagen viele, die die Stadt kennen, ist derzeit so prickelnd wie selten zuvor. Die Musik- und Kunstszene, die Clubs, die interessanten Plätze sind in den letzten Jahren immer mehr geworden. Die viel besungenen Kreativen finden auch in München Orte, wo sie sich vorübergehend einnisten können, und die Stimmung ist dieser Tage trotz des kalten Wetters und der schlechten Fußballergebnisse gelöst.

Zum erblühten Münchner Flair gehören nicht nur die Clubs, die in den letzten Jahren frisch und neu aufgemacht haben, nicht nur die 59:1s, die Harry Kleins, Registraturen und Roten Sonnen. Sondern auch die Läden, die an der Peripherie die Nischen füllen und das schon einige Zeit durchhalten.

Es hat ja auch andere Zeiten gegeben, Zeiten, in denen eine Baracke in einer ehemaligen Krankenstation am Stadtrand das Zentrum der Münchner Subkultur war. Dort, wo jetzt das Kafé Kult ist, in den Räumlichkeiten der einstigen KulturStation, haben dereinst, in der bleiernen Zeit, legendäre Punk, Hardcore und Indie-Konzerte stattgefunden. Auch Ultraworld, die Keimzelle der Münchner Technoszene, aus der später das Label Disko B hervorgegangen ist, hat hier angefangen.

Immer noch Geheimtipp

Seit zehn Jahren gibt es das Kafé Kult auf dem Gelände des Bürgerparks Oberföhring, ein ehemaliges Militärlazarett, bestehend aus Holzbaracken. Nachdem die Bundeswehr abgezogen war, sind in die Baracken Trachtenvereine, ein Puppentheater, Square Dancer, und mehrere Bands eingezogen.

Herbert Schneider in seinem Proberaum

FM4 / Rainer Springenschmid

Herbert Schneider ist von Anfang an beim Kafé Kult dabei. Er veranstaltet, macht Flyer und Plakate und stopft das Gebäude mit altem Zeug voll. Der Raum hier ist sein Proberaum.

Heute ist das Kafé Kult immer noch ein Geheimtipp. München ist im Zentrum aufgeblüht, das Kafé Kult ist dadurch an den Rand gerückt. Kollektiv statt hip, unkommerziell statt Geschäftsmodell – Kreativität blüht auch hier. Hier spielen vor allem die ganz kleinen Bands, die Lo-Fi, Noise, Punk, Singer/Songwriter oder verschrobenen Elektronic-Acts.

Die Küche im Kafé Kult

FM4 / Rainer Springenschmid

Früher, als in derselben Baracke die KulturStation untergebracht war, wurden hier Green Day, Bad Religion, Blumfeld und The Notwist bekocht. Sah noch ein bisschen simpler aus, Bierflaschen standen damals aber auch schon rum.

Das Kafé Kult Team ist ein Kollektiv, das ehrenamtlich arbeitet. Konzerte kosten nicht mehr als zehn Euro, jeder macht alles, die Bands schlafen bei den Veranstaltern auf dem Sofa.

Es wird gebeten, während der Mittagszeit von 11.30 bis 12.30 das Rauchen einzustellen.

Wandschmuck im Kafé Kult

FM4 / Rainer Springenschmid

Die Räume der einst fast baufälligen Baracke haben die Kafé Kult Menschen (vor allem der Herbert) für eine Konzertlocation recht, naja, skurril dekoriert. Der Herbert mags halt, wenns erdig und gemütlich ist. Manch Andere sind weniger begeistert, aber zum Wegschmeißen ist das Zeug dann doch zu schad.
Holzvertäfelung und Bücherregal im Kafé Kult

FM4 / Rainer Springenschmid

Den großen Konzertsaal hat Herbert Schneider holzvertäfelt und mit einer Bibliothek ausgestattet. Viele Konzerte finden hier allerdings nicht mehr statt, weil die Bands meist so wenig Leute hinaus locken, dass der kleine Saal reicht.
Kafé Kult

FM4 / Rainer Springenschmid

Das Gelände ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur recht umständlich zu erreichen. Das reduziert zwar die Zahl der BesucherInnen, aber versteckte Blumen blühen halt auch länger. Und bis wieder mal mehr Leute kommen steht derweil halt ein altes Harmonium in der Gegend herum.

Und nochmal Herbert Schneiders Proberaum

Ein Sammelsurium von Sachen

FM4 / Rainer Springenschmid

Die Dame auf dem Foto singt bei einer Band, die hier mal gespielt hat.
ein 100 Jahre alter Eisschrank, an dem mehrere verrottete Gewehre lehnen

FM4 / Rainer Springenschmid

Ein stromloser, ca. 100 Jahre alter Kühlschrank, mehrere verrottete Gewehre aus der Isar und die erste Hans Söllner Platte.