Erstellt am: 22. 10. 2009 - 16:00 Uhr
Das Gute, das Böse und das Seltsame
Das asiatische Spektakelkino und meine Wenigkeit, wir sind gerade ein bisschen auf Distanz. Dabei war das lange Zeit mal ganz anders.
Überlebensgroße Kung-Fu-Epen und irrlichternde, ultraromantische Heroic-Bloodshed-Streifen, von den Klassikern eines Chang Che bis zu John Woos Frühwerken, haben mich filmisch sozusagen rundumerneuert. Japanische Exzentriker wie Kitano, Miike oder Tsukamoto ließen mich atemlos zurück. Ich gierte nach durchgeknallten Genre-Innovationen aus Südkorea oder Thailand, von Typen wie Chan-Wook Park oder den Pang Brothers.
Aber irgendwann, als diese und andere Regisseure sich in Sackgassen verfangen hatten, mir deren hochgehandelte Nachfolger keine Euphorie entlockten, als sich all die Schusswechsel mit zwei Knarren, fliegenden Kämpferinnen und langhaarigen Geisterkindern nur mehr zu wiederholen schienen, habe ich in meiner Stammvideothek dem asiatischen Regal den Rücken gekehrt.
Trotzdem bemühe ich mich in regelmäßigen Abständen, die alte Freundschaft wieder aufzufrischen. Aktueller Versuch: "The Good, The Bad, The Weird", im Original "Joheunnom nabbeunnom isanghannom", ein Western des südkoreanischen Regisseurs Kim Jee-Won.
Luna Film
Im Prinzip wird hier nur rechtmäßig zurückgestohlen, was zurückgehört. Japanische Samurai-Epen von Akira Kurosawa inspirierten den italienischen Regisseur Sergio Leone zu einem legendären Film. "Für eine Handvoll Dollar" ("Per un pugno di dollari") war 1964 der Startschuss für die immens erfolgreiche Spaghettiwestern-Welle.
2008 kehren die Cowboys in den fernen Osten zurück - über den Umweg Italien. Inspiriert von Maestro Leone und dessen damaligen Kollegen präsentiert Kim Jee-Won einen, wie es im Nachspann heißt, Oriental Western.
In der Mandschurei der dreißiger Jahre wird ein skrupelloser Bandit angeheuert, um eine wertvolle Schatzkarte zu stehlen. Aber der dazugehörige Überfall auf einen streng bewachten Zug misslingt. Denn ein Kopfgeldjäger, der den Ganoven sucht, pfuscht dazwischen. Und da ist auch noch ein einfacher Dieb, der sich mit der Karte davon macht.
Vorhang auf für eine schier endlose Verfolgungsjagd, in der neben den drei Protagonisten auch bald die halbe japanische Armee mitmischt.
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Die Action ist außerordentlich spektakulär, die Farben sind grell, die Schauplätze durchwegs atemberaubend, die Darsteller, allesamt koreanische Stars, geben ihr Bestes.
Trotzdem wirkt "The Good, The Bad, The Weird" oft ermüdend. Weil Kim Jee-Won, ein Regie-Tausendsassa, der bereits in den verschiedensten Genres wilderte und ihnen eine bizarre Note hinzufügte, bei all dem kinetischen Non-Stop-Wahnwitz auf etwas Zentrales vergisst. An keiner Stelle gelingt es ihm, irgendein Interesse für seine windigen Comic-Charaktere zu erzeugen.
So ein Beharren auf altmodischer Figurenzeichnung mag sich für manche überholt anhören. Aber genau darin lag die Stärke der genialsten Genrebeiträge made in Asia, und das beherrscht auch ein gewisser Quentin Tarantino - neben Sergio Leone offensichtlich der Haupteinfluss auf diesen Film - virtuos.
"The Good, The Bad, The Weird" startet am 23. Oktober 2009 in der österreichischen Kinos
Ohne Emotionen keine Involvierung. Übrig bleibt also ein zugegeben brachiales, aber dennoch viel zu kalkuliert wirkendes postmodernes Experiment, das seine eigene Überzogenheit ausgiebig genießt. Im Heimatland Korea reichte das für die besten Einspielergebnisse, bei uns darf sich zumindest die eingefleischte Action-Buben-Crowd freuen.
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