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Burstup

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20. 10. 2009 - 17:55

Datenschutzrat

Er existiert seit 30 Jahren und ist trotzdem eher unbekannt: Der österreichische Datenschutzrat. Heute bekam er einen neuen Vorsitzenden.

Bei der Einführung des Datenschutzrates im Jahr 1979 war die Welt weit weniger vernetzt als heute. 2009 werden uns an der Supermarktkassa mit angeblichen Vergünstigungen Informationen über unser Einkaufsverhalten entlockt, und Personensuchmaschinen im Internet liefern Informationen über uns, die wir gar nicht bewusst preisgegeben haben. Angesichts zunehmender Überwachung und Datensammelwut stellen sich heute ganz neue Herausforderungen für den Datenschutzrat, dessen neuer Vorsitzender Johann Maier (SPÖ) die Schwerpunkte bei Missbrauchsgefahren von Technologien wie RFID-Chips, aber auch bei der Bewusstseinsbildung setzen will.

SPÖ

Maier verweist auf die jüngeren Erfolge des Ausschusses: "Wenn wir eine Stellungnahme abgeben, dann hat die Gewicht und führt dazu, dass Gesetze abgeändert oder gar nicht erlassen werden. Das klassische Beispiel dafür ist die Vorratsdatenspeicherung. Eine Richtlinie der Europäischen Union, die wir in Österreich noch nicht umgesetzt haben. Der Datenschutzrat hat sich seit dem Jahr 2001 gegen die Vorratsdatenspeicherung in Europa und in Österreich ausgeprochen." Deshalb werden angerufene Telefonnummern in Österreich nicht monatelang gespeichert. Bundeskanzler Faymann hat die Verzögerung der Umsetzung in seiner früheren Funktion als Infrastrukturminister veranlasst, auf Empfehlung des Datenschutzrates.

Von dieser Beratungsfunktion gegenüber der Regierung abgesehen ist der Einfluss des Datenschutzrates gering. Johann Maier: "Wir stehen zum Beispiel vor dem Problem, dass europäische Datenschutzstandards in den einzelenen EU-Staaten unterschiedlich umgesetzt werden. Löschungsrecht oder Informationsrecht, wie wir es in Österreich oder Deutschland kennen, gibt es nicht in allen europäischen Ländern, und das ist ein absolutes Defizit."

Schwerpunkte: RFID-Chips und Problembewusstsein

Ein Schwerpunkt für Johann Maier in den kommenden Monaten sind RFID-Chips, also die Funkchips in Waren aus dem Supermarkt. Bei ihnen sieht Maier besonders hohes Missbrauchspotential: "Diese Chips waren zuerst zur Unterstützung der Wirtschaft gedacht, aber sie können perfekt zur Überwachung von Menschen eingesetzt werden - und zwar nicht nur was Einkäufe betrifft, sondern auch das Verhalten. Hier gibt es eine Empfehlung der Europäischen Komission, die wir im kommenden Jahr umsetzen müssen. Daher müssen die Menschen wissen, welche Produkte derartige Chips tragen. Und es muss gewährleistet werden, dass die Chips nach einem Kauf außer Kraft gesetzt werden!"

"Ich stimme zu, dass meine Daten automationsunterstützt und zu Werbezwecken verarbeitet werden" – solche Klauseln unterschreiben Menschen oft ungelesen. Wir geben Daten freiwillig preis oder finden uns mit Überwachung ab.

Eigentlich vorhandene Sicherheitsfeatures in Facebook werden ignoriert, Videokameras im Gemeindebau von der Hälfte der Mieter begrüßt - es fehlt das Bewusstsein, was mit personenbezogenen Daten alles geschehen kann.

Der Datenschutzrat will einserseits das Bewusstsein für den Datenschutz fördern, und anderseits bessere gesetzliche Bestimmungen einfordern, zum Beispiel, dass Kunden leichter die Löschung ihrer Daten aus sozialen Netzwerken oder Kundendatenbanken veranlassen können.