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Natalie Brunner

Appetite for distraction. Moderiert La Boum de Luxe und mehr.

22. 10. 2009 - 13:46

Fluorescent Black

Staunen und nicht verstehen werden wohl auch in Zukunft die Basis meines Anti-Pop Consortium Fantums sein.

Mit futuristisch aus dem Rahmen fallenden, über die Ränder von Electronica schwappenden, abstrakt verschobenem Hip Hop überraschte mich das Anti-Pop Consortium Ende der 90er Jahre. Ihre Beats waren immer viel mehr als bloß ein Vehikel, um die nach abstrakten wissenschaftlichem Wahnsinn klingenden Lyrics zu transportieren. Über das Anti-Pop Consortium zu schreiben oder sie zu interviewen, scheint eine fast unzulässige Form von Reduktion zu sein. Die meisten Artikel über sie sind sehr faktisch und auf diskographische Daten reduziert. Es scheint, als schreckten die Rezipienten zurück, ihren Senf, ihre Interpretation des hermetisch komplexen Ungetüms zu veröffentlichen. Lagen aus Komposition, Sounds und Sprache ergeben das Anti-Pop Consortium. Derart dicht verwoben, dass aus dem Kontext genommen die Beschreibung der einzelnen Elemente keinen Sinn macht.

Die MCs Beans, High Priest und M. Sayyid veröffentlichten zusammen mit dem Producer Earl Blaze im Jahr 2000 die erste LP als Anti-Pop Consortium. "Tragic Epilogue" heißt sie. Auch neun Jahre später ist das der immer noch best-mögliche Titel für diese Musik. Es ging ein kleines Türchen in Richtung Zukunft auf, das sich zwei Jahre später nach der Veröffentlichung von Arrhythmia wegen bandinterner Differenzen schon wieder schloss.

Vor sechs Jahren hat sich das Anti-Pop Consortium getrennt. Beans Arbeitsmodus und seine ästhetischen Vorstellungen waren nicht mit der Bandstruktur vereinbar, so oder so ähnlich lautete damals die Erklärung. Beans veröffentlichte zwei Soloalben auf Warp und High Priest, und M. Sayyid arbeiteten als Airborn Audio weiter zusammen. Absolute Funkstille herrschte nie zwischen den Mitgliedern des Anti-Pop Consortiums, aber dass aus der Trennung nur eine sechsjährige Pause werden würde, damit hatte ich nicht gerechnet.

anti pop consortium

Warum eine Reunion des APC möglich war, erklärt Beans so: "Our acceptance of our differences has allowed to bring all the more magic to the table. We´re stronger now and the music is better for it."

Beim Erscheinen ihres neuen Albums "Fluorescent Black" wirkt das Anti-Pop Consortium nicht mehr so sehr wie aus einer anderen Beat Dimension. Die Überraschung und Verwunderung ist nicht mehr so groß, das APC passt ins Hier und Jetzt. Saul Williams als Niggy Tardust, Dubstep, die sonischen Universen, in die uns Flying Lotus und sein Umfeld geführt haben, haben auf Fluorescent Black vorbereitet. Der futuristische Funk des APC ist aber nach wie vor unimitierbar. Bei "Volcano" fällt dieser mit Katastrophenszenarien, Medienanalyse, Sozialkommentar und Literaturzitaten in einem Atemzug zusammen.

Sechs Jahre sind eine lange Zeit, meint Beans. "Wir können nicht darauf bauen, dass sich die Leute noch an uns erinnern." Es ist auf gewisse Weise ein Neubeginn. Fluorescent Black kommt bis auf den Gastpart von Roots Manuva bei der Nummer N.Y. to Tokio ohne Gastfeatures aus. Das Anti-Pop Consortium ist die Kombination der vier Mitglieder. New Jack Exterminator klingt nach einem Tribut an die großen Public Enemy, mit denen Anti-Pop Consortium auf Tour unterwegs waren.

anti pop consortium

Das Cover von Fluorescent Black ist nach einer Skizze von Beans gemalt worden. Mich erinnert es an Werbehefte von Sekten. Es könnte aber auch mit 70er Jahre Literatur zur Bewusstseinserweiterung zu tun haben. Beides falsch, es ist von einem Bildschrimschoner inspiriert, meint Beans, die in den Himmel fahrende Frau ist eine graphische Repräsentation des Bandlogos. Ich kann das wieder einmal nur staunend zur Kenntnis nehmen.

Staunen und nicht verstehen werden wohl auch in Zukunft die Basis meines Anti-Pop Consortium Fantums sein. Das Interview mit Beans gibt es kommende Woche in der FM4 Homebase zu hören.