Erstellt am: 17. 10. 2009 - 17:15 Uhr
Songs for Joy
Am letzten Sonntag gab's in Berlin mal wieder Popmusik im Hochkulturumfeld, man hatte zur "Songs for Joy"-Gala ins Gorki-Theater geladen
Song for Joy geht so: Über Anzeigen und Radiojingles wurden Menschen eingeladen, ihre Songtexte einzuschicken. In einem Proberaum des Gorki Theaters komponierten und arrangierten Carsten Meyer alias DJ Erobique und Studio Braun-Mitglied Jacques Palminger Musik zu den Texten und nahmen 14 Tage lang die Stücke der Songwriter-Laien auf.
Die Idee ist dabei nicht neu. Schon in den Fünfzigern gab es in den USA "Song Poems": Windige Musikfirmen baten um die Zusendung von Texten zur Veröffentlichung auf Schallplatten und versprachen Ruhm und Erfolg. Die eingesandten Songideen wurden in Fließbandproduktion eingespielt und direkt auf Vinyl gepresst. Die Texter bezahlten dafür und bekamen als Gegenleistung einen Karton Schallplatten.
Christiane Rösinger
"Songs for Joy" ist nicht nur die freundlichere, kostenlose Variante dieser gemeinen Geschäftsidee sondern auch der Gegenentwurf zu den üblichen Castingshows. "Die Gäste bewirten statt bewerten" lautet die Devise . Es gibt keinen Wettbewerb, und nichts zu gewinnen außer einem Song. Über allem steht das Motto "Songs for Joy ist Liebe, Songs for Joy ist Spaß, Songs for Joy das ist Musik ohne Peinlichkeit und Hass".
"Ist das ein Sektentreffen, ein Workshop oder eine Musical-Schulaufführung?" fragte sich dann auch manche Besucher am Gala-Abend. Da standen weißgekleidete Chormädchen und drei Männer in unvorteilhaften Latzhosen auf der Bühne, da kamen Bratschen, Celli und Geigen, Keyboard, Saxofon und aufgeregte Sänger dazu, bis zu 20 Menschen umfasste die Gala-Band zeitweise.
Jaques Palminger, dessen Bühnenpersönlichkeit sonst vom dämonischen Entertainer zum schmierigen Therapeuten reicht, conferencierte mit großer Souveränität von Song zu Song. Die Siebziger Jahre sind das Schatzkästlein der Melodien aus dem Compositeur Erobique schöpfte, textlich ging es um Lebensbewältigung und Gefühle im weitesten Sinne. Wer bislang aber glaubte, einzig die unerfüllte Liebe würde zu großer Poesie inspirieren wurde eines Besseren belehrt. In einem der vielen Hits heißt es "Katrin und Lars haben seit zwei Jahren Spaß", da reimt sich "Arbeitslosigkeit" auf "Leichtigkeit". Aber auch Gesellschafts- und Sprachkritisches wie "Nett ist die kleine Schwester von Scheiße" wurde gesungen, die Cd zum Projekt ist beim Berliner Label Staatsakt erschienen.
Christiane Rösinger
Und so begleiteten die Lieder die Zuhörer noch als das Theater längst leer war, bis weit in den nächsten Tag hinein - so wie es sich für große Popsongs eben gehört. "Songs for Joy" soll bald national und auch international, also in Köln, Hamburg und Wien weiter geführt werden.