Erstellt am: 25. 10. 2009 - 15:00 Uhr
Briefe an die Mieter
Zuerst einmal:
Lieber Greis über mir,
ich sehe ein, dass Sie der längstdienende Mieter sind und Sie das zu einem Aushilfs-Sheriff qualifiziert. Ich habe nichts dagegen, dass Sie durch Ihre kleinen Zettelchen auf falsch abgestellte Fahrräder aufmerksam machen. Sie haben die mit Abstand schönste Schrift von Mitteleuropa. Ein Briefchen, das Sie mir einmal an die Tür geklebt haben, untersuchte ich hinsichtlich meines Verdachts, Ihr herrlicher Duktus flöße aus dem Tintenstrahldrucker und nicht aus Ihrer Feder. Doch die Schrift scheint tatsächlich aus Ihrer Ein-Mann-Manufaktur zu stammen und ist ebenso schön wie die Sätze, die Sie zu bilden pflegen. Sie beleidigen oder bevormunden nicht, sondern weisen höflich distanziert und stilvoll auf Umstände hin, die Sie für falsch befinden. Sie sind auch nicht der Klischee-Tattergreis von nebenan, für den Dezibel-Toleranz bereits einstellig aufhört, sondern lenken den Fokus Ihrer Kritik auf Themen wie Müllentsorgung oder Energieeinsparung.
Aber:
Dass ich mein Fenster in den kalten Monaten nicht mehr öffnen soll, weil sie durch die reduzierte Temperatur bei mir eine Abkühlung in Ihrem Appartement befürchten, finde ich etwas unbehaglich. Zweimal schon haben Sie mir Schönschriften hinterlassen und mich gebeten, nicht so lange zu lüften und mich einmal freundlich, aber mit Nachdruck darauf angesprochen.
- Erstens: Ich will und werde für die Ökologie nicht an Sauerstoffmangel verenden.
- Zweitens: Lange habe ich mich gefragt, ob Sie sich aus Ihrem Fenster beugen, um die korrekte Verriegelung des meinen zu examinieren. Doch jetzt habe ich Ihre mindere List durchschaut! Sie hören meinen Durchzug!!! Deshalb "reiße" ich die Fenster diesen Winter nur noch auf, wenn es still ist bei mir. Da können Sie noch so lange oben stehen und lauschen - Irgendwann ist es bei Ihnen noch viel kälter als bei mir. HA! So. Das haben Sie davon, alter Mann!
Lieber Dieb,
was geht denn mit dir?! Willst du es in die U-Bahn-Zeitung schaffen mit deinen dreisten Delikten? Schon im Jänner wurdest du durch diesen Brief gewarnt:

marc carnal
Und jetzt hast du schon wieder zugeschlagen. WA-RUM? Sakradi und Hollerstaudn! Was zum Teufel fängst du mit den verf*ten Aufzugsdruckknöpfen an? Sind die Teile auf Aufzugsdruckknopfsammlerbörsen etwa eine Rarität und einen Batzen wert? Sind deine Knopf-Veruntreuungen etwa eine Repressalie bei Konflikten mit anderen Parteien, indem du diese nach beendetem Wortgefecht für die nächsten Tage einfach daran hinderst, den Aufzug in ihren Stock zu benützen? Oder bist du der Zwerg aus dem berühmten lateralen Rätsel, der so klein ist, dass er zwar zum E-Knopf langen, aber nie nach oben fahren kann und hast einen Komplizen beauftragt, deinen Komplexen in Form von Vandalismus Nachdruck zu verleihen?
Wer immer du auch bist - wir kriegen dich! Und wenn nicht wir, dann der penible Greis über mir, der erwischt mich sogar beim Lüften!
Liebe Nachbarn,
Mit einem kräftigen Lungenzug sauge ich auf einen Schlag all jenen die Brise aus den Segeln, die zu diesem seitlichen Hinweis anmerken wollen, dass er thematisch so gar nicht mit dem Aufsatz korrespondieren würde und weise ohne weitere Umschweife nachdrücklich auf ein empfehlenswertes
des wunderbar beharrlichen Martin Habacher mit Viennale-Direktor Hans Hurch zum Thema Barrierefreiheit hin, und zwar nicht nur, weil ich es ihm versprochen habe, sondern weil uns mit zwei gesunden Haxn das Thema auch interessieren sollte.
Sollten Sie sich letzte Woche gewundert haben, warum aus meiner Wohnung so intensives Fluchen zu hören war, möchte ich durch folgende Erklärung um Ein- und Nachsicht bitten:
Ich versuchte, gesplagt von Katarrh, durch die Einnahme von übelschmeckenden Tropfen meinen grässlichen Husten zu bändigen. Ich trinke diese heilsame Komposition stets aus einem Schnapsglas und sah keinen Anlass, meine Tropfen-Einnahme-Gepflogenheiten plötzlich über den Haufen zu werfen.
Um die optimale Wirkung zu erzielen, müssen zuerst dreißig Tropfen abgezählt werden. Da ich aber zu maßloser Faulheit neige, kam ich auf die Idee, das Fläschchen nicht händisch zu neigen und mir während des mühseligen Tropfenabzählens den Arm zu verrenken, sondern es einfach mit dem Plastik-Tropf-Loch nach unten in das zweckentfremdete Stamperl zu stellen.
Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben, acht... konzentriert zählte ich, hocherfreut über die eben ersonnene Methode, einundzwanzig, dreiundzwanzig, vierundzwanzig... das Gläschen war bereits zu einem Zehntel mit der lösenden Lösung gefüllt... neunundzwanzig, dreißig! Fertig. Einunddreißig, zweiunddreißig, dreiund... HALT! Unaufhaltsam blubberten die Tropfen im Sekundentakt in das Glas. Ich zerrte, zog, rüttelte, schüttelte. Keine Schanze! Das vermaledeite Fläschen steckte doch tatsächlich in dem Glas fest.
Neunundvierzig, fünfzig, einundfünfzig...
Ich gab den Glasmolekülen mit abwechseld heißem und kaltem Wasser die Sporen - Vergeblich. Ich klopfte, schlug, rieb - ohne Erfolg. Resignierend tröstete ich mich mit dem schwindenden Rest-Glasvolumen, dessen Erschöpfung zwar das stetige Weitertropfen beendete, mir jedoch trotzdem keinen Zugang zu der begehrten Arznei gewährte.
So saß ich nun also vor einem zylinderförmigen Aquarium, in dem unzählige kleine Schleimlöserlis badeten und warf es, wohl etwas voreilig, in den Müll. Und fluchte laut.
Liebe Nachbarin,
die Sie beim Dampfplaudern neulich behauptet haben, die beiden BILLAs wären gleich weit von unserem Haus entfernt - lesen Sie hier die Wahrheit: Die BILLÄ-Distanzen (korrekter Plural - ein Billigladen, mehrere Billigläden) unterscheiden sich um 98 Meter!
Der untere ist 434 Meter, der obere 336 Meter weit weg. Nur damit das endlich mal geklärt ist.
Liebes Kind,
Kurzes Update: BAND SUCHT AUTO! Und zwar am kommenden Wochenende! Reizvolle Gegenleistung angedacht. Bitte um Zuschriften
das ich kürzlich fand: Was hast du da zum Teufel gemacht? Ich habe den Aufzug im Erdgeschoss gerufen, sittsam gewartet und wäre dir beim Einsteigen fast auf deinen Schädel gestiegen! Sag mal... schläfst du im Aufzug?! Wenn ja: Haben dir deine Eltern nichts beigebracht, du verzogenes Balg!? Wenn nein: Warum liegst du dann wie verdurstet am Boden und siehst mich überrascht an, wo ich doch den Fahrstuhl nicht zweckentfremden wollte.
Ooooooder bist du ein Handlanger des legendären Aufzugsdruckknopfganoven? Bist es gar du persönlich?
Antworten werden bei einem persönlichen Vorsprechen oder in Schönschrift an der Tür angenommen.