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10. 10. 2009 - 11:49

Tag des Bleiberechts

Die Neuregelung des humanitären Aufenthalts löst die anstehenden Probleme nicht, sagt die Plattform Bleiberecht - und zersägt Holzsesseln vor dem Parlament.

Seit letztem Jahr begehen österreichische Menschenrechts- und Hilfsorganisationen am 10. Oktober den "Tag des Bleiberechts". Letztes Jahr wurde dazu ein Meer aus Sesseln aufgestellt.
Die aktuelle Form des Bleiberechtsgesetzes ist heuer am 1. April in Kraft getreten. Ob jemand in Österreich aus humanitären Gründen bleiben kann, entscheidet demnach allein die Innenministerin. Das hat im Juni der Verfassungsgerichtshof kritisiert und ein Gesetz gefordert, das nicht einzig und allein auf der Entscheidung der Ministerin beruht. Und Menschenrechtsorganisationen werden nicht müde, das Bleiberechtsgesetz als reines "Gnadenrecht" zu kritisieren - auch dieser Tage taten sie es, auf dem Ballhausplatz und vor dem Parlament, diesmal aber nicht nur mit Sesseln, sondern auch mit Sägen in der Hand.

Plattform Bleiberecht

Von 5.000 Anspruchsberechtigten auf ein humanitäres Bleiberecht sind Hilfsorganisationen letztes Jahr ausgegangen – erhalten haben es im bisherigen Jahr nur 400. Aus diesem Grund wurden die Sessel vom letztjährigen "Tag des Bleiberechts" heuer publikumswirksam zersägt.

Ute Bock: "Ich kenne überhaupt keinen, der das Bleiberecht gekriegt hat. Keiner macht sich die Grausligkeiten bewusst, die den Menschen geschehen. Das weiß keiner. Man muss diese Fälle alle aufzeigen. Gerade hat mir ein Tschetschene wieder gesagt: Viele, die nach Tschetschenien abgeschoben werden, 'kommen nicht an'. Warum? Weil sie ins Gefängnis gesteckt und erschossen werden." Ute Bock versorgt mit ihrem Verein derzeit 350 Menschen. "Aber ich habe jeden Tag Familien mit Kindern vor der Tür stehen. Jeden Tag! Die Kinder sind krank, die Eltern sind krank. Wahnsinnig viele Kranke, aber unsere medizinische Versorgung ist nicht mehr für sie da."

Einer der Hauptkritikpunkte am Bleiberechtsgesetz: Auch wenn AntragstellerInnen einen Job in Aussicht haben und eine gesetzlich einklagbare Einstellungszusage vorweisen können, wird das nicht als Selbsterhaltungsfähigkeit anerkannt. Die Kritierien für ein humanitäres Bleiberecht seien viel zu hart und zum Teil völlig unklar definiert, sagt auch Pakise Ergün vom Wiener Integrationshaus: "Wir sind in der Beratungsstelle mit vielen Menschen konfrontiert, die mit einem negativen Asylbescheid zu uns kommen - mit großen Hoffnungen, dass ihr Aufenthalt doch noch geregelt wird. Wenn es dann aber an die Antragsstellung geht, sind viele enttäuscht, was da alles verlangt wird."

Plattform Bleiberecht

Das "humanitäre" Bleiberecht ist an viele Details und an bürokratische Hürden geknüpft - etwa eine Prüfung durch die Sicherheitsdirektionen in den einzelnen Bundesländern, die sozusagen eine Vorauswahl treffen, welche Fälle bis zur Ministerin weitergeleitet werden.
NGOs kritisieren auch, dass Anträge auf humanitäres Bleiberecht keine aufschiebende Wirkung haben und Antragssteller trotzdem akut von Abschiebung bedroht sind – oft sogar, wenn sie schon viele Jahre in Österreich leben. Verena Fabris von der Volkshilfe: "Wir von der Volkshilfe fordern ein Bleiberecht für Personen, die seit mindestens fünf Jahren legal in Österreich sínd. Das muss ausreichen, um einen rechtmäßigen Aufenthaltsstatus zu bekommen."