Erstellt am: 6. 10. 2009 - 19:16 Uhr
Karen O vs Lady Gaga
Nicht dass ich einen diesbezüglichen Konsulentenvertrag abgeschlossen hätte, aber immer, wenn mich meine Kontaktperson vom Yeah Yeah Yeahs-Camp mit einer Mischung aus Neugierde und Besorgnis zu einem bestimmten Pop-Act befragt und zwar dezitiert in meiner Funktion als Musikjournalist, dann scheint man sich dort gedanklich intensiver mit bestimmten peers auseinanderzusetzen als üblich (die Annahme, dass Pop-Musiker besonders gut darüber informiert sind, was sonst noch so abgeht, ist ein selten hinterfragter Irrtum).
Ganz anders Pop-CEO Lady Gaga, der die besagte Nachfrage vor ein paar Monaten gegolten hat. Jene hat persönliche Vorlieben mit Marktforschung, Kunststudium und selbst ausgeheckten Businessplänen kurzgeschlossen und über ihr gutes Händchen für Arbeitsteilung mit befreundeten Kreativos schwupps eine Weltkarriere aus dem Glitzerärmel geschüttelt. Information ist ihre Vision. So ungefähr lautete auch meine damalige Antwort.
Fashion Wrestling
MTV
Lady Gaga wird deshalb auch gern und oft mit Madonna verglichen und schon mal, wie in diesem Saturday Night Live Clip, in direkte Konkurrenz zur Pop-Über-Diva gerückt (in dem Sketch handelt es sich übrigens tatsächlich um Lady Gaga und Madonna).
Doch verdankt Lady Gaga in Sachen "Dirty Disco Selbstbesimmung" nicht wesentlich mehr den Damen Princess Superstar, Peaches und Karen O? Letztere behauptet sich mit ihren Yeah Yeah Yeahs mittlerweile seit Jahren souverän an der Spitze der diffusen Genre- und Szeneklammer namens Indie made in the USA – dort, wo sich die Loyalitäten beim Click zum Torrent-Download aufhören und nur selten eine Band den Hype um das erste Album überlebt. Hier zu bestehen ist harte Arbeit im Sinne des protestantischen Ethos, der diese Nation geformt hat. Es gilt sich ständig neu zu erfinden, künstlerische Volten zu schlagen und über die Jahre möglichst viele Mini-Clusters an Fanvorräten aufzusammeln.
Immer mehr, immer mehr, immer mehr
Live muss das natürlich auch was hermachen, denn wer verkauft noch Alben? Lady Gaga lautet die Antwort. Über eine Mille und noch mehr. Wohl auch deshalb die Nachfrage aus dem YYYs-Camp, denn Glitzerpop größer als Glamour, das können Karen O. und Co. schon lange. Vor allem in Sachen Styling dürfte Frau Gaga Anleihen bei Frau Orzolek genommen haben. Ich sage nur: Ganzkörperkostüme. Und es scheint, als versuche sie ihr Vorbild in Sachen Extravaganz noch zu übertreffen – immerhin geht es hier um Pop, also „immer mehr, immer mehr, immer mehr" (Christl Stürmer).
Nicht dass es auf einen öffentlich inszenierten Catfight wie bei Lady Gaga vs Madonna hinauslaufen würde. Es ist ein indirektes Wettkampfschillern der Zeichen, das hier stattfindet und mittlerweile Kostüme hervorbringt, die sich ebenso hübsch auf einer Halloween Party machen würden ... Ist das jetzt der pompöse Progrock der Pop-Fashion?
Man könnte es auch auf eine einzige Frage herunterbrechen:
Welcher Hut ist steiler?
Pylon Sounds
MTV