Erstellt am: 5. 10. 2009 - 14:04 Uhr
"Entspannen Sie sich - wir behalten Sie im Auge"
Die projektgruppe edelweiß ist ein temporärer Zusammenschluss von sieben Künstlerinnen, Aktivistinnen, Denkerinnen.
Die Frage, wem der öffentliche Raum eigentlich gehört, steht im Mittelpunkt der Rauminstallationen des Projektes "Weiß, weiß, edelweiß" - an der Antwort auf diese Frage hatten die Künstlerinnen aber schwer zu schlucken - in Innsbruck gehört der öffentliche Raum nämlich dem Amt für Tourismus und Wirtschaft. Dieses Amt entscheidet darüber, was an öffentlichen Plätzen passieren darf. Alles, was den TouristInnen nicht zugemutet werden könne, wird aus der Innenstadt ferngehalten, so auch die Installationen der projektgruppe edelweiß. Kritik an der Festivalisierung des Stadtzentrums solle doch bitte woanders stattfinden.
Das Projekt musste trotz Förderungen der Stadt Innsbruck und des Landes Tirol ausweichen - auf private Plätze oder solche, für die das Gartenbauamt zuständig ist, auf Freiräume, die in der Stadt immer weniger werden.
Simon Welebil
Eine der Installationen verweist auf diese Freiräume und spielt dabei mit dem Bedeutungsträger Bauplakat: Auf einer winzigen Grünflache vor einem Einkaufszentrum wird der Bau eines Wohnhauses angekündigt. Es ist eine der Ankündigungen, die so häufig im Stadtbild anzutreffen sind, dass außer AnrainerInnen niemand mehr Notiz von ihnen nimmt. Doch immerhin - manche der PassantInnen schimpfen darüber, dass alles zugebaut wird, andere über die Hässlichkeit des Gebäudes.
Niemand aber scheint zu bemerken, dass der Platz nie und nimmer für das Bauvorhaben ausreicht, niemand scheint vom Werbeslogan irritiert ("Leben im eigenen Biotop. Konventionsfrei und substanzvolle Lebensräume in luftigen Höhen - rosige Aussichten") und auch das lesbische Paar, das statt der typischen Kleinfamilie auf dem Bauplakat prangt, wird nicht wahrgenommen.
Simon Welebil
Der Sicherheitsdiskurs rückt in einer anderen Installation ins Zentrum. In der Mitte eines Parks steht eine Couch, die zum Verweilen einladen würde, wäre sie nicht mit "Entspannen Sie sich - wir behalten Sie im Auge" beschriftet. Man fühlt sich beobachtet. Um die Couch sind Transparente gespannt, auf denen Fotos vom Innsbrucker Landhausplatz abgedruckt sind. Der Landhausplatz wird seit Kurzem videoüberwacht, um die "Marokkanerszene" und die Obdachlosen von dort zu vertreiben.
Simon Welebil
Riesenameisen erobern sich die Stadt zurück.
Die weiteren Installationen, immer weiter vom Zentrum Innsbrucks entfernt, thematisieren Entschleunigung, wollen wieder Grün in die Stadt bringen oder den Raum zurückerobern. Vor allem aber geht es ihnen um Möglichkeiten der Nutzung von öffentlichen Räumen und beziehen den Sicherheitsdiskurs, der in den Medien so dominant ist, mit ein.
Die Installationen befinden sich in der Bruneckerstraße, am Sillpark, in der Kochstraße, der Greiter Promenade und der Hallerstraße und sind noch bis zum 10. Oktober 2009 zu sehen.