Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Stoppt den Porno-Wahnsinn in Hellbrunn!!!"

Marc Carnal

Wer sich weit aus dem Fenster lehnt, hat die bessere Luft. Lach- und Sachgeschichten in Schönschrift.

11. 10. 2009 - 15:00

Stoppt den Porno-Wahnsinn in Hellbrunn!!!

Eine Initiative von Christiane Hörbiger

Die beliebte Fernseh-Schelte… Wie katzenfreundlich wäre es, mich daran zu beteiligen, wo ich doch die Television so liebe. Gäbe es sie nicht, wäre ich beispielsweise nie Zeuge von Christiane Hörbigers Ausführungen bei Johannes Kerner geworden (Ich werde pro Zeichen bezahlt und möchte in Krisenzeiten dem Österreichischen Rundfunk das „B.“ ersparen). Dort erzählte die – ist es schon an der Zeit für dieses Wort? – rüstige Darstellerin einmal wörtlich:

"Wie mein Mann für Salzburg nach Zürich flog oder von Wien nach Zürich und dann nach Salzburg, ist ja ganz egal, da hatten wir auch schon ein riesiges Transparent: 'Stoppt den Porno-Wahnsinn in Hellbrunn.’".

Dem konsternierten Kerner fiel daraufhin keine bessere Frage ein als "Waren sie verkleidet oder konnte man sie erkennen?". Darauf die Mimin: "Das dann doch nicht… Ja, einmal war ich auch mit einem Kuhkopf oben drauf."
Das Knusprige an dieser Geschichte ist, dass ich sie aus keinem Zusammenhang reißen musste und dass die Hörbiger ihre bizarren Späße auch nicht näher erläuterte. Die steht eben entweder gerne als Kuh verkleidet am Züricher Flughafen, wo ihr Mann für Salzburg (?) hin muss oder irritiert Fluggäste mit Transparenten gegen den Porno-Wahnsinn in Hellbrunn.

Billy Wilder hat übrigens mal einen schönen Satz gesagt, den ich leider vergessen habe.

Zu einem ganz anderen Thema

In den letzten Jahren gibt es im deutschen Privatfernsehen vermehrt Sendungen zu sehen, die den wählerischen Zapper mit der Taktik fesseln wollen, einfach so viele Interessen wie möglich abzudecken. Das Magazin 'taff’ beispielsweise kürt zuerst die schönsten Brüste von 'Sommermädchen’, präsentiert dann eine Studie über fettleibige Adoleszenten, berichtet im Anschluss von den spektakulärsten Verkehrsunfällen und gleich danach über Latrinenparolen aus Übersee. Ich sehe mir derlei aggressiven Gattungs-Konglomerate eigentlich nur an, um mich am Scheitern der bunt angemalten Moderatoren zu erfreuen, die stets nur ein paar Wimpernschläge Zeit haben, um von einem ernsten ("Hund jahrelang von Tante gequält") zu einem heiteren Beitrag ("Partyluder im Bodycheck") überzuleiten oder umgekehrt.
Endet der heitere, wird der Bildschirm randvoll ausgefüllt vom Moderationsantlitz. Es zieht einen Mundwinkel spöttisch nach oben, hebt die Augenbrauen und sagt so was wie "Tja, das ist eben Mallorca." Dann blitztschnell zoom out, die Miene wird in Bruchteilen von Zehntelsekunden ernst. "Zu einem ganz anderen Thema." In der umgekehrten Version halt zuerst finsteres Gesicht, vielleicht ein kurzes "Entsetztlich." und dann schnell "zu einem weniger ernsten Thema."
Dieses Genre nennt sich offiziell übrigens "Lifestyle."

Zu einem ganz anderen Thema

Ein internationaler Kinderporno-Ring wurde zerschlagen. Das ist begrüßenswert, im Gegensatz zur Bebilderung, die in manch gedrucktem oder elektronischem Medium fallweise irritiert.
Kinderpornografie ist, beispielsweise im Gegensatz zum Nationalsozialismus, ein auf ganzer Linie ernstes Thema. Es verlangt keine Aufarbeitung in dem Sinn, dass es, wie zuletzt auf beeindruckende Weise durch Tarantino geschehen, durch Humor, groteske Verzerrung, Ironie oder Spott auch von einst tabuisierten Seiten beleuchtet und zerrissen wird.

Berichtet man nun über einen Erfolg im Kampf gegen diesen Gräuel, ist es unerlässlich, jedwede Form unfreiwilliger Komik nach bestem Wissen und Gewissen zu vermeiden. In letzteres möchte ich niemandem reden, jedoch sind diese Zeilen als indirekter Leserbrief an manche Online- und Gratisblatt-Redaktionen zu sehen, die sich vor einiger Zeit in den Kopf gesetzt hatten, ihre an sich tadellosen Berichte über den Erfolg gegen die unziemlichen Filmproduzenten bebildern zu müssen und dabei allesamt auf das selbe Archivbild zurückgriffen:

CD-Rohling mit der Aufschrift Kinderpornographie

dpa

Die Agenturfotografen mögen zur Heiterkeitserzeugung bei der Leserschaft ihre Modelle als Banditen maskieren, die Säcke mit der Aufschrift "Beute im Wert von 12.500 Euro" schleppen. Das "Versicherungsbetrug"-Kuvert oder das "Illegale, harte Drogen" - Säckchen wären auch nicht reizlos.

Nur wenn es um gefilmte Vergewaltigungen geht, könnte man in Hinkunft die Illustration einfach streichen, bevor sie so peinlich geraten wie in diesem Fall.
Sonst steht die Hörbiger bald wieder mit einem Transparent da.

Jetzt aber wirklich zu einem ganz anderen Thema

Warum um alles in der Welt stehen die Leute in U- und Straßenbahnen eigentlich immer minutenlang vor der nächsten Station auf und gehen zur Türe? Es reicht völlig aus, sich erst beim Stillstand des Vehikels zu erheben, und zwar am besten majestätisch. Neulich fragte ich einen Kollegen, der sich bereits eine Station zuvor eilig zum Ausgang begab, warum er seinen schweren Gliedern die willkommene Auszeit künstlich verkürze. Seine Begründung war, dass er immer so früh aufstehe, um auf das Aussteigen nicht zu vergessen. Da war ich schmähstad und dachte heimlich: Hm... Hübsche Begründung!

Martin Hollunder-Hollunder

@kurier

Unfreiwillige Komik durch einen Aushang im Hintergrund (leider unleserlich)