Erstellt am: 30. 9. 2009 - 01:01 Uhr
Vater Morgana Hudson
Die Konstellation ist komplex aber nicht hoffnungslos. Ich trete aus den finsteren Steinbögen der Cloisters auf die Lichtterrasse. Zu unseren Füßen der Hudson River. Im Hintergrund die mächtige George Washington Bridge, die Manhattan mit New Jersey verbindet. Und dann.
FM4 / Christian Lehner
Eine Fahne, ein Mast, ein Segel.
FM4 / Christian Lehner
Ein Schiff! Ein Schiff wird kommen!
FM4 / Christian Lehner
Der Anblick, er ist 400 Jahre alt und er ist jetzt – so real wie Amerika nun mal sein kann. Henry Hudson hat soeben den nach ihm benannten Fluss entdeckt und segelt vom Atlantik kommend Richtung Upstate New York. An diesem Tag ist also 1609. History in the faking.
FM4 / Christian Lehner
Das Schiff zieht direkt vor meiner Linse vorüber. Jene war noch wenige Augenblicke zuvor damit beschäftigt, Tiroler Schnitzerein aus dem 16. Jahrhundert abzulichten. Das in einem mittelalterlich Kloster, dessen Ruine in Frankreich abgetragen und in der Bronx in neualter Pracht wiederaufgebaut wurde. For real.
FM4 / Christian Lehner
Wir lugen durch die Zweige. Ist das der Anblick, der sich den Weckquaesgecks und Reckgawawacks geboten hat, die auf der Insel Mannahatta lebten? Jene indigene Bevölkerung, deren Schicksal bei den Feierlichkeiten zum 400 Jahre Jubiläum von New York unsichtbar war wie jenes ihrer Nachkommen? Wo liegt Neu Amsterdam?
FM4 / Christian Lehner
Salvador Dali hätte vermutlich seine Freude gehabt an dieser Mirage am Hudson. Er selbst erlitt bei seiner "Landung" in New York im Jahr 1935 eine künstlerische Niederlage. Das zweieinhalb Meter lange Brot, das der Meister des Surrealen bei der Überfahrt vom Schiffsbäcker zwecks Irritation der am Pier wartenden Journalisten backen lies, erregte bei der Ankunft keine nennenswerte Aufmerksamkeit. Der Surrealismus Dalis verpuffte vor der Kulisse der Glitzermetropole. Der spanische Künstler schlussfolgerte daraus, dass das überlange Brot bloß ein falsches Faktum unter unzähligen war.
FM4 / Christian Lehner
Nicht anders ergeht es dem mächtigen Schiff am Wasser. Die Fahne Hollands weht zwar stolz im Herbstwind. Und man meint das Treiben der Mannschaft, das Rasseln der Tackelage, das Ächzen der Planken bis hinauf zu den Cloisters zu hören. Und Väter zeigen es ihren Kindern, die glucksen. Und Tagesausflügler schauen entgeistert und kontextlos. Und ein Bild muss sein. Und eins zu zweit. Doch schon ruft eine Stimme zurück ins dunkle Gemäuer. Und die Masten verschwinden hinterm Horizont. Vater Morgana Hudson. User Teacup postet salopp: Außenbordmotor.