Erstellt am: 27. 9. 2009 - 12:41 Uhr
Live In Our Head
Alle Fotos von Stephan Brückler.
Es sollte für mich das erste Mal sein, bei solchen Gelegenheiten fällt einem automatisch ein, was andere Kollegen und Freunde von Zoot Woman Konzerten erzählt haben: Man habe die Songs nicht wieder erkannt, schlechter Sound, unzureichender Gesang. Das waren Kritikpunkte, die mir noch im Ohr waren, als ich das Wiener WUK betrete.
Stephan Brückler
Der Saal ist bereits abgedunkelt, alles drängt sich vor zur Bühne. Als die Scheinwerfer komplett ausgeschaltet werden, werden Zoot Woman eingeklatscht. Mit einer Taschenlampe leuchtet der Stage-Helfer dem elegant gekleideten Schlagzeuger Adam Blake den Weg. Kurz darauf wird der rote Lichtschlauch, der sich um das Drumset schlängelt, eingeschaltet. Gleichzeitig spielt das Playback die Gesangssamples von "We Won't Break" ein und Adam drischt auf die Becken, die mit einem heftigen Zischeln im Raum verklingen. Sänger/Gitarrist Johnny Blake und Bassistin Jasmin O'Meara kommen auf die Bühne und die Show beginnt.
Stephan Brückler
Not What They're Used To Be
Passenderweise eröffnen Zoot Woman ihren Gig mit jener "neuen" Single, die vor knapp zwei Jahren die lange Produktionspause unterbrochen hat. Denn während Mastermind und Produktionswizard Stuart Price Größen wie Madonna und die Killers produziert, spielen sich die Blake-Brüder mit Bassistin Heatherly die Finger wund. Viele Songs des neuen Albums Things Are What They Used To Be entstanden auf Tour und wurden gleich auf der Bühne ausprobiert, um schlussendlich im Studio unter Anweisung von Price den nötigen Feinschliff zu bekommen. Genau das merkt man auch, wenn der zweite Song "Lonely By Your Side" angestimmt wird. Das Trio wirkt derart sicher und eingespielt, dass Befürchtungen, der Großteil komme nur vom Band und wir würden es mit einer seichten Playbackshow zu tun bekommen, sich sofort zerstreuen. Auf der Bühne steht eine richtige Band, die zwar durch die zugespielten Samples ein relativ enges Zeit- und Spielkorsett trägt, durch ihre Präsenz und eine gute Adaption der Nummern aber alle Live-Qualitäten aufweist, die man als Elektropopdanceact nur haben kann.
Stephan Brückler
Bei "Woman Wonder" und "Grey Day" fällt mir wieder auf, wie druckvoll, ausgewogen und komprimiert die Songs vom selbstbetitelten, zweiten Album produziert sind - da live etwas von dieser Dichte fehlt. Das darauf folgende Highlight der neuen Platte, "Saturation" wird trotz perfekter Albumversion auch im Wiener WUK zum breit angelegten, großartigen Dancefeger. Hier blitzt auch zum ersten Mal durch, dass Johnny Blake mit Jasmin O'Meara an den Saiteninstrumenten und Adam Blake am Schlagzeug durchaus mehr Freiheit und Improvisation haben könnten, denn die durcharrangierten Live-Varianten überzeugen auf ganzer Linie. O'Meara wechselt zwischen elegant gespieltem Bass und cool gespielten Synthies, Johnny setzt die Gitarre spärlich aber präzise ein und legt all seine Energie in den Gesang, während sich Bruder Adam auf seinen elektronischen Pads und dem Drumkit - trotz den ins Ohr eingespielten Samples - austobt.
Stephan Brückler
Live In My Head
Ein schwieriges Unterfangen, perfekt produzierte Popsongs, die mit ausgeklügelter Detailverliebtheit elektronischer Klänge gespickt sind, auf die Bühne zu bringen. Ein Versuch, den Sound der Platte auch in einem Live-Setting genau gleich zu reproduzieren, kann nur schief gehen. Auch wenn Zoot Woman an diesem Abend nahe an dem Grundklang der Produktionen spielen, erfrischen gerade die Momente, in denen die Songs ein Stück weiter vom "Original" rücken. So kann es schon Mal passieren, dass Johnny Blakes Gitarrenspiel bei "Taken It All" an The Clash erinnert, der ultimativ groovende Bassschnörkel von "Gem" noch mehr in den Vordergrund rückt und die zweite Single "Live In My Head" einen unglaublichen Druck erfährt, der sogar mehr Drive hat als auf Platte. Und das heißt bei all der Price-schen Perfektion schon was.
Stephan Brückler
Spannend wird es, als der erste Songs vom Debüt "Living In A Magazin" erklingt. Was bei dem Gassenhauer-Mitsingohrwurm "It's Automatic" noch nicht ganz so gut funktioniert, geht hingegen bei "Information First" und dem Titelsong vollkommen auf. Zoot Woman klingen fast so, als würden sie sich selbst live remixen. Dazu gehört nicht nur eine Portion Mut, sondern auch eine Gelassenheit und Selbstsicherheit, wie es das Trio im WUK an den Tag legt. Selbst wenn die Tonalität der prägnanten Gesangslinie von "Living In A Magazin" geändert wird, stört das genauso wenig, wie die Modulation des Arrangements in Richtung Clubtrack. Mittlerweile wird auch in den letzten Reihen getanzt und selbst die unterkühlte Stimmung, die in den Balladen "Snow White" und "Holiday Home" spürbar ist, weicht an diesem Abend einem wohlig warmen und freudigen Konzertfeeling.
Stephan Brückler
Der Gig von Zoot Woman beweist, welch großes Potential ihre Songs aufweisen. Die knapp zwanzig(!) Nummern, bei denen manche erst für die Bühne adaptiert werden mussten, entfalten ihre Schönheit auch in der Live-Situation. Und das hat die englische Formation nicht zuletzt der langen "Durststrecke" zu verdanken, in der ein Konzert nach dem anderen gespielt wurde. "Things Are What They Used To Be" hat definitiv zur erwähnten Sicherheit und dem kompakten Bandgefüge beigetragen. So bildet der Song "Just A Friend Of Mine" den perfekten Abschluss eines Konzertes. Als die Lichter im Saal angehen, hat auch schon diese Single mit den kritischen Anmerkungen der Kollegen und Freunde den Platz im Ohr getauscht. Zoot Woman still live in my head eben.
Setlist Zoot Woman @ WUK Wien 2009:
- We Won't Break
- Lonely By Your Side
- Woman Wonder
- Gray Day
- Saturation
- It's Automatic
- Lust Forever
- Take It All
- More Than Ever
- Snow White
- Gem
- Memory
- Witness
- Hope In The Mirror
- Live In My Head
- Information First
- Living In A Magazine
Stephan Brückler
Zugabe:
- Just A Friend Of Mine
- Holidy Home