Erstellt am: 25. 9. 2009 - 13:16 Uhr
Fahrt ins Leere
Tief unten in New York
Stefan Trischler über das Original "The Taking of Pelham 1-2-3" aus dem Jahr 1974"
Bitte einsteigen, die U-Bahn fährt ab. An Bord des Zuges Pelham 123 sind jede Menge unschuldige New Yorker Fahrgäste und eine Gruppe ausgekochter Ganoven. Mit dabei ist auch Regisseur Tony Scott, Hollywoods Mann fürs exzessiv-überstylte Actionkino.
Seit den frühen Achtzigern und dem Vampirdrama "The Hunger" dreht der Bruder des berühmteren Ridley Scott abwechselnd Werbespots und Filme, schon früh setzt er auf die ästhetische Vermischung der beiden Bereiche.
Ich kann mich noch erinnern, wie diverse heimische Kritiker geifernd aus der Pressevorführung von "True Romance" gelaufen sind und vom Untergang des Inhalts in einer belanglosen, seichten Form jammerten. Dabei handelt es sich bei der Tarantino-Verfilmung retrospektiv betrachtet wohl um Tony Scotts herausragendsten Film, weil hinter der glatten Oberfläche durchaus die Emotionen glühen.
Spätestens seit seinem visuellen Amoklauf "Domino" zügeln die Produzenten den Regisseur wieder. Aber sie rufen ihn verlässlich an, wenn ein Spezialist für poppige, grelle Bilder und sinnentleerte Schnitte gesucht wird.
Sony
Ganz am Anfang dieses Remakes des Seventies-Klassikers "The Taking of Pelham 123" (Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123) funktioniert der plakative Zugang von Mr. Scott noch durchaus.
Der Vorspann begeistert als knallige Collage aus zittrigen Credits, Flash Cuts und Klangfetzen, wir sind mittendrin im hektischen New York City, Jay-Z singt von den "99 Problems", Kriminelles liegt in der Luft.
Bereits einen Jumpcut später ist auch schon ein tätowierter John Travolta mit Klobrillenbart im Close-Up zu sehen, der versucht, als Bösewicht Eindruck zu schinden. Gemeinsam mit seinen zwielichtigen Kumpels entführt er einen U-Bahn-Zug.
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Während die verängstigten Geiseln in einem Tunnel um ihr Leben zittern, versucht Denzel Washington Zeit zu schinden. Der Lieblingsdarsteller von Tony Scott spielt den Fahrdienstleiter Walter Garber, der plötzlich gezwungen ist, zum polizeilichen Verhandler zu werden.
Der manische, durchgeknallte Verbrecher und der anfangs noch etwas labile Beamte, der über sich hinauswächst: "Die Entführung der U-Bahn Pelham 123" läuft auf eine Konfrontation zwischen diesen beiden Figuren hinaus.
Auch abseits aller Abgedroschenheit wäre da durchaus Platz für ein ordentliches Psychoduell. Aber Scott gönnt seinen Akteuren kaum eine ruhige Suspense-Minute. Ohne Gespür für Timing verliert sich der Regisseur im Taumel der Bilder und kindischen Klischees.
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Es ist ja mittlerweile auch schon sterbenslangweilig, die vielen grassierenden Remakes besserwisserisch mit den Originalen zu vergleichen. Aber hier geht es nicht anders. "The Taking Of Pelham 123" aus dem Jahr 1974 ist nicht nur ein spannender Thriller, sondern auch eine Studie des damaligen New York, der Stadt, der Ära, der latenten Spannungen unter den Einwohnern.
Die Neuversion spielt dagegen in einer Art postmodernen Vakuum, einem Ort, der mit dem aktuellen New York nur am Rande zu tun hat. Das ist nicht verwunderlich bei Tony Scott, aber eben schade.
Und so spielen die famosen Nebendarsteller, von Luiz Guzman über James Gandolfini bis John Turtorro, eigentlich vergeblich. Gegen die gehetzte Machart, die Montagegewitter und gegen John Travoltas peinliches Overacting kommen sie nicht an.
"Die Entführung der U-Bahn Pelham 123" startet am 25. 9. 2009 in den österreichischen Kinos
"Die Entführung der U-Bahn Pelham 123" bietet solide Action und einige passable Einfälle. Aber da wäre weit mehr drinnen gewesen. Endstation, alles aussteigen.
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