Erstellt am: 20. 9. 2009 - 11:01 Uhr
Mit Parov Stelar & Band in…Thessaloniki
Während bei uns langsam die dicken Pullover aus der Mottenkiste gepackt werden und manch einer sich schon die ersten Grippemittelchen und Stimmungsaufheller besorgen muss, ist es anderorts noch sonnig und warm. Die Zeiten sind hart, die Erde aber eine große Kugel um die es sich gut jetten lässt. Also ab in den Flieger um eine Stunde später in Griechenland die Wolkendecke abzuschütteln. Mein Ziel: Das
Reworks Festival am Rande der alten, griechischen Stadt Thessaloniki, wo unter anderem Parov Stelar spielen wird.
Radio FM4/Alexandra Augustin
Das Reworks Festival ist eines der wenigen in Griechenland, das Beats und Elektronikgefrickel sämtlicher Stilrichtungen unter einen Hut bringt. Acts wie DJ Mehdi, die Stereo MCs, Daedelus und DJ Hell treffen in einem Fabriksgelände nahe der Küste auf die griechische Elektronikszenerie. Das Programmheft verrät mir griechisch klingende Namen von den denen ich mein Lebtag noch nie etwas gehört habe, die sich aber beim Nachschlagen als ziemlich super herausstellen (We trash! We rock dat shit!, oder er hier, rockt auch nicht schlecht).
Die Griechen wiederum kennen Österreich dafür anscheinend gut und so kommt es, dass am ersten Abend ein Österreicher unter den Headlinern ist: Parov Stelar und seine Band werden in Griechenland ganz groß verehrt. So sehr, dass sein neues Album „Coco“ innerhalb eines halben Tages gleich in den griechischen Charts gelandet ist (Platz 17 in den Top 100 im Moment).
Radio FM4/Alexandra Augustin
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Griechenland gilt unangefochten als Top Spot und wenn Parov Stelar mit seiner Band dort an den Reglern schraubt und seine Jazzband das Saxophon, den Bass und das riesige Schlagwerk auspackt, dann ist das ganz großes Kino und sämtliche Konzerte sind restlos ausverkauft. In Rumänien, Serbien und Italien ist das ähnlich und so düst Parov Stelar mit seiner Band und einer insgesamt 12-köpfigen Crew gerade mit dem Partybus durch Europa.
Dabei ergeben sich natürlich auch spannende Bekanntschaften. Wie etwa mit dem Dub/ Funk Musiker Cayetano, der sein Soundsystem im Gepäck hat. Cayetano veröffentlicht übrigens auch auf dem Label von Parov Stelar (aka Marcus Füreder), auf Etage Noir. Gerade eben das neue Album "The Big Fall".
Radio FM4/Alexandra Augustin
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Parov Stelar kennt man: Kultivierte, melodische Elektronik geparrt mit Jazz- und Swingsamples und angenehm temperiertem Beat. Musik, die sich an verruchten Lounge-Melodien vergangener Jahre bedient und die durch die Kombination mit poppigen House und Broken Beat Elementen trotzdem zeitlos klingt. Aufgeladen mit der nötigen Portion Emotion, mit Herz und Seele. Schön komponierte Musik fürs Wohnzimmer und die After Hour, zum Träumen, Entspannen, vor allem zum Zuhören.
Das Jazz-Swing-Elektronik-Konzept hat auf drei Alben bereits super funktioniert und Parov Stelar hat sich mit seiner ganz eigenen Handschrift unbestritten seine eigene Nische geschaffen.
Parov Stelar
Auch am vierten Album "Coco" würde man deshalb nicht vermuten, dass große stilistische Veränderung von Nöten wären oder im Album stecken würden. Das Cover der Platte kommt recht lieblich mit hübsch gemalten Lilien daher. Und tatsächlich: Der erste Teil des Doppelalbums ist soundtechnisch recht vertraut gehalten, so wie man Parov Stelar eben kennt und schätzt. Doch auf der zweiten CD tun sich plötzlich neue Welten auf.
Diese 13 Stücke sind bestimmt nicht der Soundtrack für die nächste Cocktailparty auf der Dachterrasse. Schnelle Nummern zum Swingen und Schütteln, wahlweise über den gebohnerten Discoboden oder in der Festivalarena. Wieso diese Veränderung? Parov Stelar aka Marcus Füreder begründet das so:
"Es gibt eben zwei Gesichter bei Parov Stelar. Auf der einen Seite habe ich eben bisher eher die Listeningorientierten Tracks auf CD veröffentlicht, daneben aber auch immer Vinyl für den Club. Im Ausland bin ich vor allem durch diese dance-orientierten Stücke bekannt geworden. Es war eine logische Konsequenz einmal beide Wege der eigenen Arbeit gleichwertig zu präsentieren und zusammenzuführen."
Hip Hop Elemente, ordentlicher Bass und gar fette Knarzbeats finden sich in Stücken wie „Nosferatu“ . Songs wie „The Mojo Radio Gang“ und "Monster" könnten auch dem Hüftschwung des Go! Teams entsprungen sein. Aber keine Sorge, natürlich ist Parov Stelar immer noch Parov Stelar. Und der steht mit seiner Band nicht mit pinken Schweißbändern am Kopf und an den Unterarmen und Neonturnanzügen am Körper auf der Bühne, sondern in eleganten schwarzen Anzügen und im "kleinen Schwarzen". Jedes Stück ist natürlich mit der von Parov Stelar gewohnten Saxophon-Swing-Patina versehen.
Radio FM4/Alexandra Augustin
Termine:
Nicht verpassen:
Parov Stelar Live in Österreich!
2.10. Wien/ WUK
3.10. Salzburg/ ARGEkultur
4.10. Innsbruck/ Treibhaus
6.10. St. Pölten/ Warehouse
7.10. Graz/ Postgarage
Das war eben auch schon immer Parov Stelars Stärke: Sämtliche Stilrichtungen, die auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu tun haben scheinen zu einer eleganten Mixtur zu verweben. Ein Mix, der sich live zu einem richtigen Hexenkessel hochbraut. Keiner steht still, schon gar nicht die Band selbst. Die Griechen kriegen die Hände gar nicht mehr runter und wie Sängerin Bea im Interview so treffend meint, „sind die Leute sind am Ende richtig aus dem Häuschen, denn die Konzerte entwickeln einfach eine eigene Magie“.
So bleiben am Ende, nach fast zwei Stunden, nur durchgeschwitzte Kleider und Anzüge und ein Haufen glücklicher, griechischer Parov Stelar-Fans übrig, die zu den Beats von Etage Noir Artist DJ Mike Rigler bei einem Midnight Rendevous den Abend ausklingen lassen. Und eine sehr zufriedene Band.
Radio FM4 Alexandra Augustin
Radio FM4 Alexandra Augustin