Erstellt am: 6. 9. 2009 - 22:17 Uhr
Journal '09: 6.9.
Dieser Text erschien in der heutigen Presse am Sonntag.
Da die Sonntags-Presse in Österreich nicht unbedingt flächendeckend erhältlich ist (nicht einmal im urbanen Raum - Linz/Bindermichl-Spallerhof etwa ist am Wochenende völlig Presse-frei; auch den Standard gibt's dort nicht, nicht einmal in der Tankstelle) möchte ich ihn hier nachreichen.
Wenn es in Gesprächen mit jüngeren Menschen, die sich für Journalismus interessieren, sich ihm mittels Studium oder anfänglicher Praxis nähern oder auch schon mittendrin sind, zu einem bestimmten Punkt kommt (und das geschieht oft, also beides: sowohl diese Gespräche als auch der bestimmte Punkt) weiß ich mich in Besitz eines plastischen und anschaulichen Beispiels, das sehr deutlich anzeigt, worauf es ankommt.
Dieses Beispiel ist mir diese Woche wahrscheinlich abhanden gekommen.
Das macht mich ein wenig traurig – wohl deshalb versuche ich es auch (mittels dieses Niederschreibens) es zu retten.
Der angesprochene Punkt, das ist die Frage was der Einzelne im Journalismus will, die Frage zu den Beweggründen, zur Einstellung, zum Warum. Ich bin nämlich der festen Überzeugung, dass gerade in diesem Feld die „Woher kommen wir?“-Frage erst beantwortet werden muss, ehe sich die „Wohin gehen wir?“-Frage überhaupt stellen darf.
Mein Beispiel lockt die Gesprächspartner in eine gemeine Falle.
Ich sage: „Nehmen wir zum Beispiel Dominic Heinzl…“ und weiß um die Erwartungshaltung. Alle gehen davon aus, dass eine vernichtende Deklination der journalistischen Ethik folgt. Weil die Sparte des „Gesellschaftsjournalismus“ als minderwertig und weil Heinzl als ihr federführender Antreiber gilt.
Gesellschaftsjournalismus als Pfuigack
Es gibt nicht viel Schöneres als Erwartungshaltungen zu brechen und Vorurteile aufzuknoten.
Die Diskussion drüber ob Gesellschaftsjournalismus nun gut oder böse, wichtig oder pure Ablenkung ist, interessiert mich keinen Millimeter: mir geht es um die Einstellung zur Profession, zum Beruf, nein, zur Berufung, und um die journalistischen Grundtugenden.
Dominic Heinzl ist, und das liegt ganz offen für jeden da (denn jeder sieht die „Hi Society“-Sendung, auch die, die’s nicht zugeben) neugierig, unbequem, unerbittlich, unselbstmitleidig, ironisch, süffisant und manchmal auch bösartig.
Heinzl ist auch ein Journalist im besten Sinn: Er zieht Geschichten weiter, er stellt Querverbindungen her, er nützt das Archiv, er entlarvt Eitelkeiten und Unwissen und schafft es, dass sich seine Figuren selber bloßstellen.
Wer, frage ich dann meine Gesprächspartner, schafft das sonst noch, in egal-welchem-Feld in Österreich? Die Antworten tröpfeln spärlich.
Warum kann Heinzl das? Weil er ein Professionalist im besten Sinn ist. Weil er hundertprozentig hinter seinem Produkt steht. Weil er Feuer hat. Weil er einen Grund für sein Handeln sieht. Weil er weiß wo er herkommt und wo er hin will.
Heinzl als der Professionst im besten Sinn
Wenn wir, die wir selbstverständlich über so etwas Schändlichem wie Gesellschaftsberichterstattung drüberstehen, diese unsere Dünkel ausblenden, dann erfüllt Heinzl alle Anforderungen an einen modernen, investigativen und wehrhaften Journalisten. Und das nicht, weil’s ihm jemand vorgesagt hätte, sondern weil er es aus sich selber schöpft.
Dominic Heinzl hat also alles, was es braucht: die Passion für eine, für seine Sache. Die Beharrlichkeit und den Wille sich in seinem Bereich zum Defintionsmächtigen aufzuschwingen. Die Fähigkeit ein einmal erreichtes Level zu halten.
Das alles hat damit zu tun, dass er weiß was er will: der beste Gesellschaftsjournalist des Landes sein.
Und dann erzähle ich – als Zeitzeuge von „damals“ - dass er das eigentlich schon immer wusste, auch schon als absoluter Beginner. Und dass ich dran glaube, dass es genau diesen Willen braucht. Ich sage nicht, dass ich eine Wertung über Richtigkeit oder moralischen Wert abgebe. Sondern dass es dieses gewisse Commitment ist, das den Unterschied ausmacht.
Und dass ich jedem, auch dem künftig größten Feuilletonisten des Landes oder dem neuen Hugo Portisch die Verve, die Kraft und die Selbstsicherheit wünsche, auf die Heinzl zurückgreifen kann – einfach weil das, zumal im digitalen Zeitalter, zur Grundausstattung des passionierten Journalisten gehört.
Die Passion als zentrales Antriebsmittel
Wohl gemerkt, hier geht es nicht um inhaltliche Zustimmung oder moralische Fragen: ich gehe mit dem wenigsten was Heinzl so erzählt konform, ich finde einen guten Teil seiner Arbeit furchtbar. Mein Beispiel-Heinzl jedoch steht für etwas anderes: für die herausragende Bedeutung der Einstellung zu seinem Tun.
Ich sage dann noch, dass ich ähnliches auch über Robert Kratky erzählen könnte, aber lieber Heinzl heranzöge, weil dieses Beispiel wegen seiner ATV-Zugehörigkeit unverdächtiger wäre.
Genau diese Versicherung fällt jetzt, durch die Rückkunft Heinzls zum ORF, weg.
Ich kann künftig nur anmerken, dass ich sein Beispiel auch schon zu ATV-Zeiten angeführt habe – aber ich weiß gut, wie wenig sexy das klingt, selbst für die nicht dem Anti-ORF-Campaining Verfallenen.
Durch die aktuelle Heimholung wird mir Dominic Heinzl also irgendwie verlorengehen.
Schade.