Erstellt am: 7. 9. 2009 - 12:21 Uhr
Copy. Do Not Paste.
Eigentlich wollte ich nur einwerfen, dass der Anfangssatz „Es war einmal“ ziemlich bescheuert ist. Um ein mildes Wort zu verwenden. Nichts Tatsächliches nimmt dieser Formel nach seinen wirklichen Anfang. Die Synchronisierung von Erzähl-Wahrheiten sollte doch im Präsens ablaufen, soviel müsste doch im Laufe der germanischen Sprachschritte erkannt worden sein und unter "logisch" im sprachlichen Zeitsystem verankert sein?
Das hab ich also meinem Gegenüber als Ideenstrang hingehalten und bin daraufhin in ein Gespräch gefallen: über Slogans und Schlachtrufe und die besseren Kalendersprüche an den Wohnzimmerwänden. Das Gegenüber war zufällig anwesend und bot keine augenblicklichen Schmuckarten an (okay bis auf ein Smiths-Button), um sich auf den ersten Blick als der treffende Gesprächspartner zu erweisen. Zufall also, anscheinend haben wir da in der Denkpause mitten ins Zentrum der Themenblase gestochen. So kratzte das Gespräch die Kurve von der Langeweile zur "Was ich schon immer sagen wollte"-Dramatik. Und mitzuteilen hatte das Gegenüber anscheinend einiges. Denn dieses Gegenüber schilderte seine Wohnstätte als einen Ort der plakativen Meinungsverbreitung. Ich hab sogleich auf eine mit Plattencovern des Herrn Morrissey ausgeschmückte Wohnung getippt, malte mir schon aus, in welchem Raum sich die Aufschrift "Kill Uncle" befinden könnte, war mir sicher "Years Of Refusal" hinge im Kabinett (aka "closet") aber dem war nicht so.
Also an der ersten Tür, vom Vorzimmer zur Küche, klebt beim Gegenüber das (selbstgemalte) Plakat "Streiche das Absolute". An der Tür zum Wohnzimmer, die Nachricht: "Keep it simple". Das Gegenüber erklärt, dass der erste Spruch (kein Zitat, war dem Gegenüber originär wichtig) ihn daran erinnere, nichts absolut oder schwarz/weiß zu sehen. Mit der zweiten Nachricht verlangt das Gegenüber sich zu erinnern "ES" (also ALLES) einfach zu nehmen. Pragmatisch also. In dem Raum, der anscheinend dazwischen liege, befindet das Gegenüber in den Zwischenzonen der Entscheidungen. Im dritten Zimmer, und das war die tatsächliche Überraschung im Gespräch mit dem Gegenüber, liest sich die letzte Botschaft des Eigenlebens: "If you can´t convince them, confuse them!" Hat der Harry Truman gesagt, womöglich in einem kriegerischen Zusammenhang, wir konnten es trotz Mobilität wegen verklebter Fingerkuppen nicht sofort rekonstruieren. Eine einzelne Postkarte auf einer einsamen weißen Wand.
ondrusova
Zusammengefasst also Anleitungen zur inneren Konfliktbewältigung in drei Schritten, strahlt das Gegenüber. Ich versuche dem Gegenüber aus Prinzip noch "Meat Is Murder" schmackhaft zu machen - für ein freies Plätzchen oberhalb des Küchenherdes, aber das Gespräch verläuft sich in Details über den (Selbst-)Versuch, bestimmte Grundsätze und Momente an jedem von Glückseligkeit unverblendeten Tag (sprich einem Scheißtag) in sein tägliches Jetzt einzubeziehen. Ohne aus Angst vorm Vergessen zum Stubenhocker zu mutieren. Wir waren uns beide nicht sicher ob das funktioniert. Ob der tägliche plakative Hinweis auf ein Paar Grundsätze und die dazugehörigen Lebensmomente und das darauffolgende sich an den anfänglichen Strichpunkt bringen, nicht aufreibend ist. Wir könnten auch einfach Schlussstriche zusammenknüpfen zu einem Neuanfang. Keep it simple, haha.
Es wurde auf jeden Fall Meta-Wahnsinnig und an alles kann ich mich auch nicht mehr erinnern. Nur noch daran, dass die Playlist gleich nach dem "How Soon Is Now" (von Meat is Murder!), "Satellite Skin" von Modest Mouse ausspuckte und wir uns mitten in der ersten Strophe verabschiedet haben. Vielleicht um weitere Postkarten- bis A3-große Nachrichten an uns selber zu kritzeln und diese dann an Spiegel zu heften, über offene Wandwunden zum Verdecken von ehemaligen Dübelorten anbringen oder als Schmuck der Einzigartigkeit auszustellen.
Die erste Strophe von "Satellite Skin" geht übrigens so: "How the heck did you think you could beat them at the same time that you're trying to be them"