Erstellt am: 5. 9. 2009 - 19:45 Uhr
Fußball-Journal '09-82.
Die Info übers Spiel hier, und der Spielbericht zur U21 da
Mit einer etwas seltsamen Aufstellung lässt Constantini sein Team fürs Spiel gegen die Färöer auflaufen. Jürgen Patocka darf in die Innenverteidigung (damit spielen dort zwei eigentlich Linke nebeneinander...), der bei Salzburg aktuell gebeutelte Innenverteidiger Schiemer spielt rechts, der aktuell in Italien in Topform agierende echte Rechtsverteidiger Garics sitzt auf der Bank. Offizielle Ausrede: Garics ist zu offensiv, das ist zu gefährlich... Immerhin geht Constantini wenigstens links von seiner 4-Innenverteidiger auf einer Linie-Strategie ab: dort läuft Christian Fuchs auf.
Die Start-Formation:
Payer - Schiemer, Dragovic, Patocka, Fuchs - Hölzl, Pehlivan, Beichler, Jantscher - Maierhofer, Janko.
Seltsamkeiten und ein schnelles Tor
Alle Seltsamkeiten hinten sind allerdings dann wurscht, wenn man in der 1. Minute ein Tor macht. Langer Cross Jantscher aus dem Halbfeld, Maierhofer steigt hoch, gegnerische Abwehr chancenlos - Tor.
Und wahrscheinlich war's das auch schon. Denn für mehr als ein Tor ist dieser Gegner auswärts nicht gut.
In weiterer Folge wird nur noch interessant sein, wie die Formationen ineinandergreifen. Und wie "gefährlich" offensive Außenverteidiger womöglich wirklich sind.
Österreich mit einem semioffensiven 4-4-2, mit Beichler recht vorsichtig in der Mittelfeldzentrale, oft auf gleicher Höhe mit Pehlivan, also keinesfalls so wie bei Sturm, wo er vorderste oder hängende Spitze (oder auch einen modernen Playmaker) spielt.
Im Tor also Payer (1), rechts in der Abwehr Schiemer (3), halbrechts innen Dragovic (2, der kann eben alles), halblinks innen Patocka (4), links Fuchs (5). Im Mittelfeld zentral defensiv Pehlivan (6), neben ihm, etwas offensiver, Beichler (8), am rechten Flügel Hölzl (13), links Jantscher (10). Vorne halbrechts Maierhofer (11), halblinks Kapitän Janko (17) - hier wird allerdings massenhaft gekreuzt.
FärÖer: Mikkelsen; Naes, Gregersen, Bö, Hansen; Danielsen, Olsen; Samuelsen, Benjaminsen, Lokin; Holst.
Die Färinger spielen mit 4-2-3-1 und werden sich wohl hauptsächlich über Standards ans österreichische Tor annähern. Allerdings stellen sie dann auf ein 4-1-4-1 um, ziehen einen der geplanten 6er (nämlich Olsen) vor in die offensivere Zentrale.
In der Zwischenzeit schießt Österreich das nächste Tor: Beichler geht rechts bis zur Outlinie, scharfer Cross, Janko, Tor.
Was passiert ist, dass nichts passiert
Danach passiert nicht mehr viel, weil nichts passieren muss. Insofern ist es schade, dass die zwei Tore so schnell fielen. Für alle, die es vergessen haben: Daheim hat uns die Färöer-Mannschaft einen Punkt abgeluchst - und letztlich war das der Auslöser für das Brückner-Ende.
Es ist die Frage, warum der in jeder Hinsicht überlegenen Nationalmannschaft gegen die Färinger vergleichsweise so wenig gelingt: Schont man sich schon für den Mittwoch? Ist die gefühlte Notation "Trainingsspiel" ein automatischer Beförderer von zu hoher Lässigkeit?
Für Vermutung 1 würde sprechen, wie wenig zeitgemäß sich die Außenverteidiger verhalten, die ziemlich GAR nichts für die Offensive tun (was sich im exakten Gegensatz zu jeder modernen Fußball-Philosophie befindet) - übt man da für eine Defensivschlacht gegen Rumänien? Dagegen spricht der Zug zur Toroutlinie, den alle Offensivkräfte haben, die es drauf anlegen dorthin zu sprinten und danach zurückzuflanken.
Die Vermutung, dass das Team eigentlich gar keine Meta-Aufgabe mitbekommen hat, die sie - im Hinblick auf das Mittwoch-Spiel - miterledigen muss, halte ich für so obszön, dass ich sie nicht anstellen kann.
Die Halbzeit-Frage
... die ich mir stelle, ist die U21-Frage.
Wenn Garics statt Schiemer, Schiemer statt Dragovic, Leitgeb oder Manuel Weber statt Pehlivan, Prager statt Beichler und Korkmaz oder Trimmel statt Jantscher spielen, und die vier und dazu der auf der Bank sitzende Baumgartlinger die U21 hätten verstärken können, ja, das hätte was gebracht und hier nicht geschadet.
Ob es in Rumänien überhaupt noch sowas wie eine Mini-Chance gibt, hängt allerdings vom heutigen Frankreich-Spiel ab. Spekulation, Kaffeesudleserei...
Die 2. Halbzeit beginnt, Ortlechner (18) kommt für den angeschlagenen Patocka (hat den irgendjemand gesehen in der 1. Halbzeit?) und ich habe auch weiterhin große Probleme Franz Schiemer bei seinen wenig zielgerechten Versuchen eine Imitation eines Rechtsverteidigers zu spielen, zuzusehen. Das ist zum Zahnweh kriegen, aber auch nicht seine Schuld.
Letztlich ist das genauso der "Verdienst" des ihn seit Wochen dauerverunsichernden und fehleinsetzenden Huub Stevens, wie die durch unsichere Fehleinschätzung verursachte gelbe Karte für Marc Janko, die ihn das Rumänien-Spiel verpassen lässt.
Immerhin darf Janko dann einen Elfmeter verwerten, ehe Jimmy Hoffer (Neo-Napoli) für Maierhofer (Neo-Wolv) kommt.
Die Backenbart-Sensation
Die größte Sensation in diesem Match ist dann in der 72. Minute der unglaubliche Backenbart, den Andreas Lava Olsen, der in der 2. norwegischen Liga bei Vikingur Olafsvik spielt, da spazierenträgt. Der gemeine OldSchool-Mod stirbt gerade vor Neid...
Und dann macht der Backenbart-Vogel auch noch den Anschlusstreffer, indem er ganz gefinkelt in die Schnittstelle derr Abwehr reinfährt.
Davor kam Wallner für Beichler und plötzlich sind drei Stürmer aufm Platz - was aber nix mit dem Tor zu tun hat; das wurde nicht wegen zu wilder Offensive (wir erinnern uns, davor hat Constantini ANGST, die Außenverteidiger-Sache...) zu tun, sondern mit abnehmender Konzentration. Tatsächlich steht Wallner jetzt zwischen Hoffer und Janko herum - das ist es aber nicht, was ihn aktuell so sicher macht, das wäre ein Blonder namens Prager, auf den Constantini glorios verzichtet.
Leider schließt Wallner an die schlechte letzte Viertelstunde des gesamten Teams an, kassiert eine überflüssige Gelbe und erinnert so völlig sinnlos an seine vergessen geglaubte Depperter-Bub-Zeiten.
In die allgemeine Zufriedenheit, die sich jetzt satt wie ein Schinken-Käse-Sandwich über die Allgemeinheit legt, kann ich nicht einstimmen.
Das war mau: die zweite Halbzeit unentschieden gespielt, ums Gegentor gebettelt, Janko verloren, Schiemer weiter verunsichert, Wallner wieder angedorben, im Bart-Bewerb deutlich verloren.
Und wie ich die populistischen Pseudo-Analyse-Brüder kenne, wird das alles auch noch als Zeichen für einen Spaziergang in Bukarest angesehen.
Und dort wird dann auch ein Gegner in Augenhöhe warten. Und dort ist die Konzentration der besten Kräfte durchaus sinnvoll. Zumal die U21 daheim gegen Albanien antritt und das auch in der aktuellen B-Besetzung schaffen muss.
Backflash zum U21-Match, Ortszeit 18 Uhr
Ehe sich am Abend die österreichische Nationalmannschaft in ihrem recht wenig aussichtsreichen Kampf um einen Slot bei der WM 2010 keine Blöße geben darf, findet in der Südstadt ein womöglich viel bedeutenderes Match statt: Österreichs U21 tritt da im zweiten Spiel der Qualifikation für die EM 2011 gegen Schottland an und muss (nachdem es im 1.Spiel in Weißrussland eine Niederlage setzte) gewinnen um im Rennen zu bleiben.
Wie wichtig so ein Turnier für die Stärkung der fußballerischen Immunsysteme sein kann, hat die U20-WM in Kanada bewiesen, die von allen Experten als Auslöser für den kleinen Aufschwung, den die heimischen Nachrücker zuletzt vollzogen haben, festgemacht wurde.
Die vernachlässigte U21 beginnt...
Der ÖFB hat dafür wenig strategisches Verständnis: Man zieht die besten U21-Spieler lieber beim A-Team zusammen, um dort die nur noch theoretische Chance für Südafrika in Angriff zu nehmen. Zudem wollen sich sowohl der ewige Interimstrainer Constantini als auch der neue ÖFB-Präse Windtner als Förderer der Jugend etablieren - was ihnen via Boulevard auch gelingt. Denn da wie dort zählen die kurzfristigen Schlagzeilen-Macher - also die Länderspiele - wohingegen die nachhaltig wirksamen Auftritte (wie eine EM-Qualifikations-Campaign der U21) halt als nicht verkaufbar abgetan werden.
Die Koalition der Populisten gibt der U21 also bewusst schlechte Karten in die Hand. Neben dem ohnehin verletzten Arnautovic, zieht das A-Team (wie schon zuletzt) auch Jantscher, Pehlivan und Dragovic ab und nimmt U21-Teamchef Herzog auch noch die gegen Belarus noch abgestellten Baumgartlinger und Beichler weg. Dazu käme noch Christopher Drazan, der sich im Trainingslager gleich noch verletzt hat. Verletzt ist auch Dibon. Auch nicht fit ist der ehemalige U20-Kapitän Margreitter.
Trotzdem, und das ist die gute Nachricht, weist der aktuelle U21-Kader noch genug Klasse auf um eine Chance zu haben. Es wird absurderweise am Rapid-Reservisten Veli Kavlak liegen die sehr junge Mannschaft anzuleiten.
Das Spiel geht um 18 Uhr los, Sport plus (TW1) überträgt live. Die Österreicher sind die Jungs in Schwarz!
Und: Action!
Österreich spielt mit Königshofer (21) im Tor, Piermayr (19) vom LASK rechts in der Abwehr, Manuel Wallner (15, Austria Amas) und Ramsebner (5, Ex-Austria) in der Zentrale und Fabian Koch (3), der rechte Verteidiger von Innsbruck muss links hinten spielen. Defensiv im Mittelfeld Stefan Ilsanker (13), davor auf den Halbpositionen rechts David Alaba (10), der neue Jungstar von Bayern II, mit 17 der Benjamin des Teams, halblinks der angesprochene Veli (8), rechtsaußen Haris Bukva (7) vom Sturm, von dem viel abhängen wird, linksaußen Guido Burgstaller (20). Stoßstürmer ist Marc Sand (11).
Die U21 spielt ein 4-5-1, das sich gerne in ein 4-3-3 umwandelt, mit richtigen Außenstürmern - das ist ein zeitgemäßer Ansatz, den man in Österreich (noch) nicht sieht.
Schottland spielt ein klassisches 4-4-2 mit der Mittelfeld-Reihe auf einer Linie, also tatsächlich so, wie von Andi Herzog angekündigt. Nicht jetzt glauben, dass sowas eine Selbstverständlichkeit ist oder war: es gab schon U21-Teamchefs, die derlei im Vorfeld nicht wussten oder wissen wollten...
Auffallend: das flexible Mittelfeldspiel der jungen Österreicher. Bukva und Burgstaller rochieren viel, Alaba stößt gern in die Löcher, Kavlak ist der vorsichtigste der vier offensiven Mittelfeldspieler, versucht sich als Passgeber, macht einen guten 8er.
The sound of young Scotland...
Schottland mit Martin; Caddis, Hanlon, Scobbie, Mitchell; Arfield, McDonald, Coutts, McGinn; Murphy, Maguire.
Die jungen Schotten versuchen abzusichern und mitzuspielen - sie haben zwei Siege auf dem Konto und wären mit einem Remis wohl bereits zufrieden.
Für Österreich scheint das zuwenig.
Herzogs Team versucht es sowohl mit Flanken aus dem Halbfeld als auch mit Durchkombinieren bis in den Strafraum. Bis jetzt ohne große Chancen, aber mit gut ansehbaren Teilerfolgen.
Mitte der ersten Halbzeit verfliegt diese gefühlte Überlegenheit und erste Unsicherheiten machen sich breit. Die Schotten sind plötzlich nicht nur über Standards und Konter sichtbar, sondern greifen auch besser an.
Innenverteidiger Thomas Scobbie und Mittelfeldspieler Scott Arfield sind im übrigen bei Robert Olejniks Falkirk (wie er)Stammspieler. Olejnik (Jg 86) war langjähriger U17 bis U21-Teamtormann Österreichs, und kam über Aston Villa nach Schottland, wo er sich jetzt als Nummer 1 des Premier League-Vereins durchgesetzt hat. Andreas Weimann (Jg 91), aktuell bei der Aston Villa Reserve und auf dem Sprung in den Profi-Kader sitzt bei Österreich im übrigen auf der Bank.
Österreichische Problemzonen
Die sind, das lässt sich zur Halbzeit (noch 0:0) schon sagen, evident: Die beiden Außenverteidiger (beide umgeschult) entwickeln keinen Druck, die Abwehr ist überhaupt ein wenig unsicher, Ilsanker ist nach dem EC-Schock nicht in Form und Marc Sand ist als Stoßstürmer zu wenig körperlich. Ich sage einmal, dass Nuhiu hier die bessere Wahl gewesen wäre.
Natürlich würden Jantscher/Beichler oder Baumgartner/Pehlivan helfen, von Dragovic ganz zu schweigen.
So, ich hab grade bei den Schotten gespechtelt: Die haben noch eine reele Chance auf Platz 2 ihrer WM-Gruppe, nehmen der U21 aber trotzdem keinen einzigen Mann weg.
Für die zweite Halbzeit hilft den jungen Österreichern nur eine Ausbreitung ihrer Variations-Fähigkeiten.
Allerdings schaut es dann anders aus: In der 2. Hälfte sagen die Schotten wo's lang geht.
Herzogs Reaktion: Er nimmt Stürmer Sand raus und ersetzt ihn durch den schon erwähnten Andreas Weimann (16).
Dass der in seiner ersten Aktion, nach idealem (blinden) Pass von David Alaba mit einem mutigen Direktschuss aus der Halbposition in der 57. Minute das 1:0 macht, war nicht vorherzusehen... Dass es dazu ausgerechnet die zwei Teambabies (Alaba 17, Weimann 18) sind...
Die Wende gegen den Spielverlauf
In der 60. stellt Herzog dann ganz um: Adthe Nuhiu (9) kommt und körpert sich gleich ordentlich rein. Er spielt vorne, neben Weimann, Alaba ist nach rechts gerückt, Bukva nach links, Kavlak noch mehr in die Zentrale. Österreich macht jetzt mit einem aggressiven 4-4-2 Druck, will den Aufbau beim Gegner verhindern.
Und was ich mit "körperlich" meine, das zeigt Nuhiu mit der Wucht seines Kopfballs vor, der auf der Linie weggekratzt wird.
Die Führung und die nunmehrige gefühlte Überlegenheit sind wohlgemerkt gegen den Spielverlauf passiert - das heißt natürlich auch, dass die Lage jederzeit wieder kippen kann.
Allerdings ist es augenfällig, dass die beiden nunmehr auf dem Feld befindlichen österreichischen Jung-Legionäre (Alaba - Bayern, Weimann - Villa) technisch, dynamisch und körpersprachlich den anderen doch einiges voraus sind - was ihre Jugend dann wieder mehr als wettmacht. Und das bedeutet wohl auch, dass - mithilfe des bulligen Neo-Rieders Nuhiu und des sehr fitten Bukva - eine neue Spielkultur die Überhand gewonnen hat. In diesem Zusammenhang würde ich mir eigentlich den von ebendieser Attitude mehr als gesegneten Mettin Copier (von Alkmaar) als Abwehrchef wünschen. Und auch von Anel Hadzic wäre meiner Meinung nach auf der linken Abwehrseite mehr zu erreichen.
Dass die Österreicher gegen Ende noch einmal so unter Druck geraten und den knappe Vorsprung über die Zeit zittern zu müssen, hängt wohl auch damit und nicht nur mit der Qualität und der kollektiven Spielpraxis der jungen Schotten zusammen.
Heimzittern
Fünf Minuten vor Schluss kommt Mattersburgs Seidl (12) für Bukva, stellt sich rechts im Mittelfeld auf - als Absicherung gegen den gefährlichen Bannon - weshalb die Raumaufteilung im Mittelfeld plötzlich undeutlich wird. Die Schotten bringen einen dritten Stürmer und powern sich noch einmal ran. Maguire vergibt am kurzen Eck und Kavlak kratzt einen einem Meter vor dem Tor abgefeuerten Ball von der Linie. Hilfe, das ist nicht nötig gewesen!
Lustig, dass der Sport auf ORF 2 das Endergebnis schon hat, bevor das Spiel noch zu Ende ist.
Jetzt, nachdem der Sieg tatsächlich in die Scorebücher eingetragen werden darf, muss man sagen: das war zu verzittert - einfach weil die Führungsspieler dieser Generation für reine Imagepflege im A-Team eingesetzt werden, für das es - bei allem Respekt - um nix mehr geht.
Für die U21 geht es um eine Menge: um ein EM-Endturnier. Die Chancen dafür sind, auch wenn das Umfeld nicht wirklich vollständig dafür gearbeitet hat, intakt. Mittwoch spielt man, wieder daheim, gegen Albanien.