Erstellt am: 5. 9. 2009 - 12:58 Uhr
Two Days A Week - Freitag
Sicher und gewiss ist ja bekanntlich wenig im Leben. Bezogen auf das Festivalleben gibt es die Gewissheit, dass es immer und wirklich immer regnet, wenn das Two Days A Week Festival stattfindet. Zumindest einen Tag. Irgendwer bei den Regentropfenschaltern dort oben findet, dass selbiges dringend notwendig ist. Wir hier in Wiesen allerdings nicht, sind aber vorgewarnt und nach den letzten Jahren besser vorbereitet. Hier ein kleiner, subjektiver Rückblick auf Tag eins des summer's over Festivals mit Tradition:
Schlammrutschen
- Alle Fotos: Florian Wieser
Der erste wirkliche Glastonbury-Moment dieses Sommers: Der junge Mann hier war nicht nur mutig genug, oben ohne den Hang unter dem Gegröhl der Menge runterzurutschen, er hat uns dankenswerterweise auch noch seinen Allerwertesten, wenn auch unfreiwillig, betrachten lassen. Wer hat, der hat.
Florian Wieser/Shootingmusic
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Russkaja
Regen in Wiesen ist halb so schlimm wie Regen bei anderen Festivals, tanzen im Trockenen hier ja bekanntlich möglich, vor allem wenn eine der ersten Bands russisches Feuer unter den Fußsohlen entzündet. Leider verstehe ich die frühe Platzierung, vor allem ob der bereits zu so einer frühen Zeit völlig enthemmt tanzenden Masse, gar nicht.
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The Baseballs
"Geil mit Style" war der Kommentar einer Freundin und ist somit weitergegeben. Männer in bemüht arrangierten Bühnenoutfits mit einer Prise homoerotischem Augenzwinkern da und dort sollte es mehr geben im Rocknrollzirkus. Gecovert wird hier alles. Weder vor Robbie Williams noch vor Roxette wird zurückgeschreckt und ehrlich zugegeben: die Rockabilly-Variante mit Kontrabass von "The Look" klingt erfrischender als das Original. Wer nicht genug davon bekommen hat, am 5. November spielen die Männer in der Arena in Wien.
Florian Wieser/Shootingmusic
IamX
Mit Abstand die beste Performance des Abends mit goldenem Pferd auf der Bühne. Durchgeplant und durchgestylt bis in das barock anmutende Hutkunstwerk. Jede Bewegung sitzt oder stampft vielmehr. Sehr distanziert, sehr elegant, sehr Mr.Corner eben. Nach doch einigen Konzerten muss ich feststellen, dass sich der ehemalige Sneaker Pimp einem immer perfekteren Bühnensound nähert und obwohl die Platzierung am gestrigen Abend etwas seltsam anmutet, hat der Abend für mich beim Betreten der IamX Belegschaft erst richtig begonnen. Jetzt wurde Zuhören und Zuschauen sehr vehement eingefordert.
Florian Wieser/Shootingmusic
Cavalera Conspiracy
Ja. Das lange Warten hat ein Ende: Die brasilianische Metalfraternity in blood ist wieder zusammen. Igor meets Max auch auf der Bühne. Nach über einem Jahrzehnt. Yeah! OK: Der Middleagespread hat sie beide ziemlich eingeholt; ja, der Lebensstil reißt mittlerweile ziemliche Furchen in die Gesichter und sie sollten dringend den GP ihres Vertrauens wechseln, sonst sind sie Sepultura näher, als sie und wir wollen. Die Zeichen stehen allerdings gut, dass auf die Körperlichkeiten doch noch nicht ganz vergessen wurde: Max Cavallera hat sich für die Zugabe extra ein frisches Leiberl angezogen. Und es war pfirsichfarben, ohne Ärmel und für nur eine Nummer wohlgemerkt! Times have changed, or have become smellier. Leider konnte das Publikum kein deutsches Geburtstagsständchen für Igor bringen, alles Gute trotzdem noch im Nachhinein.
Florian Wieser/Shootingmusic
Fein wäre nicht immer nur Roots und Refuse/Resist zu hören: Propaganda, Nomad oder prinzipiell jede ANDERE Nummer des Roots-Albums ist sofort gebucht, liebste Cavaleras, und könnte doch ausgetauscht werden, wenn die Evergreenbiene wieder zusticht. Momentan sind die brasilianischen Brüder auf dem Weg nach Moskau. Laut Tourmanagerin Gloria, Langzeitehefrau und Kindermutter von Max, ein gestrenges, stets nüchternes Familienoberhaupt, steht am Ende von 2009 bereits ein weiteres Soulfly Album vor der Produktion.
The Offspring
Irgendwann in den frühen Neunzigern waren The Offspring support band von Fatmike in Linz. Aus purem Mitleid haben wir damals in den völlig leeren Saal hineingeschaut, weil sich tatsächlich kein Mensch für die Band rund um Dexter und Noodles interessierte. Self was? Tja, that was then. Anscheinend haben sich die Zeiten geändert und man lacht heute in volle Festivalhallen hinein. Sogar ein Klavier wird ausgepackt, bespielt und Feuerzeuge waren in der Höhe. Apropos Feuer: Das wurde wahrscheinlich unter den Hintern von einigen Securities eröffnet, da es irgendjemand geschafft hat ein Bengalisches Feuer nicht nur aufs Gelände zu schmuggeln, sondern auch anzuzünden: "Why don`t you get a job". Solider Offspring, mitsingen nicht zu vermeiden und bad habit hin oder her, die Stimmung war punkrock. Noodles hat mich dann wieder in die Realität retourniert: only 95 shoppingdays until Christmas. Brrr.
Schöner Moment allerdings auch, als kurz vor Showbeginn noch "Buffalo Soldier" vom Band lief und das gesamte Publikum mitgesungen hat.
Ein geglückter Abschluss für den Festivalsommer 2009: Nummernschild verloren, Brille nach zahlreichen missglückten Versuchen nun endgültig zerbrochen und meine Stimme hat sich auch verabschiedet. Ich mach' aus two days a week einen und lass die Jungs von der Opelgang alleine abhängen, die schaffen das auch ohne mich. Bommerlunder waren akkustisch ja gestern bereits überall gekühlt und müssen heute nachgefüllt werden. Have fun.