Erstellt am: 6. 9. 2009 - 16:18 Uhr
Small Screen Stories
Die Band als ein Konstrukt, das “in einem Boot sitzt” - diese Szenerie ist natürlich ein wunderbares Bild, an dem sich die Bad Seeds mit dem Video zu The Weeping Song schon versucht haben. Aus Geldnot wurden statt echtem Wasser schwarze Plastikplanen verwendet, das ganze Video ist durch seine Lo-Fi-Ästhetik und gleichzeitige Übertreibung (siehe das überschwengliche in die Kamera Singen und Tanzen!!!) ziemlich gelungen.
Wir schreiben das Jahr 1990 und es ist theoretisch die zweite Single aus dem Liebesalbum “The Good Son”. Das erste Video, der erste Song, mit dem sich die Bad Seeds, um ein paar Schmeichelstufen mehr der wortwörtlichen Zärtlichkeit angenährt haben und damit “a little history” gemacht haben, ist natürlich der “Ship Song”. Die Suche nach dem Video gebe ich hiermit auf. Ich verspreche nie wieder eine VHS zum Flohmarkt zu bringen, sonst wäre hier jetzt das Beweisvideo des schlechten Geschmacks verlinkt. Was sich nämlich in diesen 5Min41 abspielt, sieht man als Snapshot schon auf dem Cover.
mute rec
Nick Cave in einem ausgebleichten Anzug. Frisch aus der Entzugsklinik vor die Kameralinse, engelsgleiche Kinder an seiner Seite, die dem deplatziert wirkenden und ratlosen Nick Cave lauschen. Man möchte eigentlich Richtung Notausgang segeln. Aus Pathos wird pathetisch, so leicht geht das. “We talked about it all night long”, genau. Was die Frontalbewältigung anbelangt, sind viele Videos von Nick Cave lustig (More News From Nowhere sogar eine Weiterführung von Stagger Lee), aber einige leider auch lächerlich.
Ein Beispiel, für dessen Schlechtfindung ich überall hinkomme außer in die Hölle: “Straight To You”
Spannung baut sich auf, Neugierde entsteht, Auseinandersetzung passiert und kaum hat man sich die Reihenfolge der neuen Lieblingssongs vom aktuellen Arctic-Monkeys-Album “Humbug” zurecht gerückt, stolpert man eher zufällig über das Video zu eben einem der Top3-Humbug-Songs. Aber was passiert da eigentlich? Die Band, die sich nun auch visuell an ihre neue musikalische Größe annähern könnte, liefert eine Lachnummer von Video ab, in der Größe tatsächlich eine Rolle spielt, aber eine nicht wirklich gelungene: Im Video (aka Greenbox-Experiment) zu "Crying Lightning" trifft die Band auf eine “more than frightening monstrous version of themselves” (wie im Making-Of erklärt wird) und der “magic trick” schaut grausam aus und verursacht “toothache”, wie in Minute 1.47 auch angekündigt. Das Monster, das sich ab Minute 2.55 zeigt, ist lol+rofl zugleich. Wenn sonst nichts mehr übrig bleibt, muss also die Pose her. Aha.
Soviel also zur wohl traurigsten Videoarbeit des Richard Ayoade, der nicht das erste Mal Lyrics des Alex Turner mit Bildern versorgt hat. Kaum zu glauben, dass sich dieselbe Person für Heads Will Roll der Yeah Yeah Yeahs verantwortlich zeigt. Wie Tag und Nacht.
Schlimmer als Mr. Ayoades Green&Blue&Blackbox-Wahnsinn ist nur noch die symbolische Überladung im Video zu The Rest Will Follow von meiner ehemaligen Lieblingsband And You Will Know Us By The Trail Of Dead. Kriegsgeschichte, Waffenkunde, Kostümkunde, Revolutionstheorie und Werbung für die vier Jahreszeiten, leider bleibt es kalt kalt kalt. “You don’t get it” ist in diesem Fall keine Option auf Verlängerung des Fan-Dienstes.
Es ist wohl nicht künstlerische Herausforderung genug die Band beim üblichen Konzertieren abzufilmen und daraus eine Front/Above&Backstage Collage zu machen, wie das die Cribs mit Our Bovine Public fabelhaft demonstrieren oder einfach ein Party-Video zu drehen, wie Kevin Drew das mit Dinosaur Jr bei Backed Out On The... versucht hat.
Statt der Live-Inszenierung geht natürlich auch die Gemieteter-Raum-Inszinierung. Dass es manchmal besser wäre auf ein paar Requisiten (und Metaebenen) zu verzichten, daran haben die Veils nicht gedacht, als sie den Babies aus “Advice For Young Mothers To Be” Flügel verliehen haben. Finn Andrews' verzweifelte (angewidert wirkende) Mimik ist nicht wirklich “interessant” oder “komisch”, sondern ruft nach Ctrl+Q.
An der Grenze der Peinlichkeit und Ironie schrammt ein Mogwai-Fan, der aus Mangel an Suchergebnissen die Videoarbeit zum Song “Sun Smells Too Loud” selber in die Hand genommen hat und damit den Humornerv der Schotten ziemlich gut getroffen hat. Zum untypischsten Mogwai-Song passt dieses untypische Fremdmaterial zwar, aber wird das dem Ganzen Melodiekonstrukt gerecht?
Bleiben wir im Wald und beobachten die Hidden Cameras bei einer Großraumbüro-Exkursion inklusive Atemübungen, Gruppentanz-Performance, machtlosem Seil-Spiel und Schubladen-Pyramiden-Aufbau. Willkommen im NA!
Für sich stehen lassen kann man dafür das Pixel-Ballett für Water Curses von Animal Collective, den Song, für den man mindestens fünf Ohrenpaare aber keine Augen braucht, denn wie eine der folgenden Expertinnen meint: „There's nothing to look at!“
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