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Zita Bereuter

Gestalten und Gestaltung. Büchereien und andere Sammelsurien.

2. 9. 2009 - 14:45

Von wegen nur "Little Joy"

Wir sind Freunde, hängen zusammen ab, greifen dabei gern mal zu Gitarren und singen dazu und manchmal filmen wir das auch. Freundliche Bandproben in Videos – von und mit "Little Joy".

Rodrigo Amarante kniet am Boden und schreibt in ein skizzenbuch

Gimpl

Er müsse jetzt unbedingt den Text aufschreiben, der ihm gestern eingefallen sei, erklärt Rodrigo, summt weiter vor sich hin und kritzelt mit fettem Edding in sein Skizzenbuch. Binki verteilt Bier und Wasser und setzt sich dann zu uns. Wir kauern auf dem Boden, umgeben von Gitarren und Percussioninstrumenten, in einem kleinen Backstageraum in San Francisco.
Rodrigo singt nochmal den Text, Binki summt mit, klopft den Rhythmus auf ihren Oberschenkeln, ich greife zur Gitarre, zupfe leise dazu und mein Freund filmt alles.
Dann trinken wir noch zwei Bier miteinander, verabschieden uns wie die allerbesten Freunde und das Video stellen wir online.
So war‘s, ich schwör’s. Nur der Teil mit der Gitarre ist gelogen.

Rodrigo Amarante, Binki Shapiro und Zita bereuter knien auf dem boden, zita bereuter haelt in mikrophon.

Gimpl

Und statt Videos gibt es Fotos.

Ich hab vielmehr zum Mikrofon gegriffen und mir von den Beiden erzählen lassen, warum sie gerne welche Songs covern und auch die Entstehungsgeschichte von Little Joy bestätigen lassen.
Denn, so kitschig das klingt, Fabrizio Moretti und Rodrigo Amarante, der eine Drummer bei den Strokes, der andere Sänger und Gitarrist bei Los Hermanos, haben einander zufällig bei einem Festival in Portugal kennengelernt. "We became friends in about four and a half seconds. And we drank all night by the side of the river on a summer night, the full moon was shining, and everything was beautiful."
Das sei alles wahr, meint Rodrigo und versucht, das soeben produzierte romantische Bild wieder zu neutralisieren. Später hätten sie sich in Los Angeles wieder getroffen, als er mit Devandra Banhart aufgenommen habe. In Los Angeles lebt die Musikerin und Freundin von Fabrizio Moretti, Binki Shapiro. Während sie da also gemeinsam abhingen hätte Binki vorgeschlagen, einen gemeinsamen Song zu schreiben. Also sei er zu ihnen gezogen – ohne einen festen Plan."It sounds like a dream and it is kind of, you know. That shit happens. I mean - that stuff happens."

So kann das dann wohl gewesen sein:

Was für ein Glück - haben die drei auch noch Freunde, die auch Instrumente spielen und nur allzu gern gemeinsam in einem orangen Käfer durch Rio fahren:

Freunde, einmal mehr zeigt sich das, Freunde sind doch das um und auf.
Und so war es auch Freund Jimmy von Fool’s Gold, der Binki ein Lied gemailt hat mit der Empfehlung: "you guys should cover this song". Von dem Lied habe sie noch nie zuvor etwas gehört oder gelesen, erzählt Binki: "And I opened it and I listened to it and you know it is rare for me, that on first time listening a song is incredible that I am like blown away. And the first time I heard that song I was like teary eyed and I was calling people and I was like 'check your email, I sent you this' like sending it all over the world, and that´s a song that’s very much on my mind right now."
Das Lied heißt "Midnight Voyage" - gesungen von The Mamas And The Papas.

Zugegeben, ein Video im MTVschen Sinn ist das nicht. Aber ab 1:50 sieht man Probeaufnahmen und hört äußerst höfliches Dazwischengerede "Sorry, my mistake.", um kaum dreißig Sekunden nach der Entschuldigung direkt auf die Gänsehautregion abzuzielen.

Little Joy covern "Midnight Voyage" im Übrigen mit genau dem Respekt und der Bewunderung, mit der Binki erzählt.
Gleiches gilt für Gilberto Gil. "Procissao" hätten sie am Vorabend erstmals gespielt und es sei eine großartige Nummer, erklärt Rodrigo. Zu finden sei sie auf dem Album, das Gilberto Gil 1968 aufgenommen habe. Das Album habe keinen Namen, er nennt es daher 1968. "The time when in Brazil tropicalia was in its prime and it was very fun and we love it."

Auch wenn Gilberto Gil das eigentlich mit seiner Band aufgenommen hat, sitzt er bei diesem TV-Auftritt allein auf der Bühne. Zugegeben - Abhängen mit Freunden stimmt also nicht so ganz. Aber auch verständlich, dass sich die Freunde in die Körbe dieser natürlichen Wohnzimmeratmosphäre setzen wollten...

Dass Rodrigo überhaupt nach Nordamerika gekommen ist, liegt an Devendra Banhart. Der hat ihn nach L.A. eingeladen. Gleich am ersten Tag hätten sie das Lied "Seahorse" aufgenommen. "That record made me spend time with them and then everyting after that was different in my life. So that was a very important song for me."

anzeigenschild mit austauschabren buchstaben - wed. little joy

Gimpl

Little Joy ist ein musikalisches Nebenprojekt der Drei und vielleicht ist es gerade deswegen von dieser angenehmen Leichtigkeit und Lockerheit bestimmt, weil kommerzielle Gründe weit weg sind und das gemeinsame "einfach mal so drauflosspielen und dabei eine gute Zeit haben" der natürliche Antrieb ist.

Tatsächlich schaffen es Little Joy dieses Gefühl auch live zu vermitteln. Erstaunlich schnell ist Kontakt zum Publikum aufgebaut, die Stimmung freundlich, fast freundschaftlich. Und weil bei fast jedem Konzert neue Nummern gespielt beziehungsweise gecovert werden, kann man sich leicht vorstellen mit Little Joy und Freunden im Proberaum zu sein.
Von wegen nur "Little Joy".