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Burstup

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29. 8. 2009 - 14:02

Cursed Mountain

Survival Horror im Himalaya-Gebirge: Der Spieleentwickler Deep Silver Vienna - vormals Rockstar Vienna - veröffentlicht sein "erstes" Game.

Das jähe Ende des Videogames-Entwicklers Rockstar Vienna ist Spielefans noch gut in Erinnerung: Vor drei Jahren wurde der österreichische Verwandte des legendären schottischen "Grand Theft Auto"-Erfinders Rockstar North völlig unerwartet über Nacht vom Mutterkonzern Take 2 geschlossen. Dutzende Mitarbeiter des Spielestudios standen am Morgen vor ausgetauschten Schlössern, Sicherheitspersonal bewachte die Türen und schickte die völlig verdutzten Menschen nach Hause - ein unrühmliches Beispiel für das Verhalten internationaler Großkonzerne in Zeiten der Globalisierung.

Koch Media

Das Kernteam von Rockstar Vienna aber ließ sich nicht entmutigen - es hatte schon vor der Umbenennung und Übernahme durch Take 2 viele Jahre lang unabhängig – und sehr erfolgreich - Videospiele produziert: Unter dem Namen Neo Software waren in den Neunzigern etwa das beliebte Amiga-Spiel "Der Clou", dann der Millionenseller "Die Völker" entstanden. Der Rauswurf aus dem Mutterkonzern – so unerwartet und unmenschlich er abgelaufen war – konnte die kreative Energie der Wiener nur für kurze Zeit einbremsen.
Dieser Tage erscheint mit Cursed Mountain für die Nintendo Wii das erste Spiel des Teams seit 2006.

Der erste vertriebene Softwaretitel von Koch Media war eine Simulation der Semmeringbahn.

Die vernetzte Arbeitsweise der Spieleentwickler, die sich nun mit dem zu Koch Media gehörenden Spiele-Label "Deep Silver" zusammengeschlossen hat, ähnelt jetzt dem Operationsmodus vieler amerikanischer Filmstudios: Partner auf der ganzen Welt tragen zu Design, Programmierung oder Audioproduktion bei, die Koordination erfolgte von Wien aus. Konkret in Zahlen bedeutet das: An der Entwicklung von "Cursed Mountain" waren 236 Personen von 16 Firmen in 14 Ländern beteiligt. Outsourcing und Globalisierung beherrscht nicht nur Take 2.

Deep Silver Vienna

Aber auch von Spieleentwicklern aus Wien gab es Hilfe: Das erfolgreiche Games-Studio Sproing steuerte unter anderem die 3D-Engine für das Spiel bei. Dem Endergebnis merkt man das Flickwerk nicht an, im Gegenteil: "Cursed Mountain" ist ein solides Genrespiel mit einem ungewöhnlichen Thema geworden – Survival Horror im Himalaya-Gebirge.

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Hauptprotagnist Eric Simmons sucht im Gebirge nach seinem verschollenen Bruder Frank. Eine der frühen Grundideen des Spiels in der Entwicklung war die Abwesenheit von Schußwaffen. Statt mit Gewehren und Pistolen läuft der Spieler allerdings mit tibetischen Ritualgegenständen durchs Gebirge – beim Zielen und Abfeuern "magischer Energiestöße" gibt es daher keinen großen Unterschied zum Gameplay anderer Horrorabenteuer. Wesentlich unkonventioneller sind die von buddhistischen Ritualen inspirierten Körperbewegungen, die mit Hilfe der Wii-Fernbedienung und des Nunchuk-Controllers in der Luft ausgeführt werden. Insgesamt ist das Spiel weit entfernt von einem schießwütigen Blutrausch, zu dem die Survival-Horror-Serie "Resident Evil" zuletzt verkommen ist. Die Langsamkeit von "Cursed Mountain" erinnert eher an die großartige Serie Silent Hill, die Spielmechanik ein bißchen an Okami.

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Der Chomo Lönzo, Schauplatz von "Cursed Mountain", gilt als der gefährlichste Berg Tibets.

Dass die Welt Tibets und der buddhistischen Mönche hier nicht friedfertig und schön, sondern bedrohlich und verstörend erscheint, bildet den eigentlichen Anreiz, sich tiefer auf das Spiel einzulassen. "Wir haben uns dem Thema Buddhismus aber mit größtmöglichen Respekt genähert", sagt Martin Filipp von Deep Silver Vienna. Tatsächlich kann man beim Spielen sogar einiges Wissenwerte über Tibets Kultur aufschnappen. Enttäuschend ist das durchschnittliche Voice-Acting: Die zerbrechlichen Stimmen greisenhafter Mönche oder der allzu heiser vor sich hinquasselnde Eric Simmons klingen übertrieben und cartoonhaft.

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Dafür schafft die minimalistische Ambient-Musik genretypisch gruselige Atmosphäre. Die Ausflüge, die Eric Simmons auf der Suche nach seinem verschollenen Bruder unternehmen muss, werden zunehmend komplizierter. Immer höher geht es den Berg hinauf, der scheinbar selbst zum Feind geworden ist. Deep Silver Vienna kann man zu einem gelungenen "ersten" Streich gratulieren, der Lust auf mehr weckt.