Erstellt am: 28. 8. 2009 - 16:50 Uhr
Ulrichsbergtreffen abgesagt
Jörg Haider war dort. Die Tochter von Heinrich Himmler. Alte Nazis, Angehörige der Waffen-SS, Neonazis aus aller Herren Länder. Und ich war auch schon einmal dort.
johannes rigal
Die Bergfeier der Ulrichsberggemeinschaft ist eine umstrittene Sache. Einerseits gibt es da alte Männer, die Kränze niederlegen und um ihre Kameraden trauern, mit denen sie in Schützengräben Momente zwischen Leben und Tod erlebt haben, von denen wir keine Vorstellung haben.
Andererseits ist die Feier in den letzten Jahren zu einer durchaus gespenstischen Angelegenheit geworden. Neonazis zwischen 20 und 30, die in Stiefel und schwarzen Jacken Spalier stehen und einer Schreckenszeit nachtrauern, die sie nicht miterlebt haben und die keinesfalls jemals wieder auferstehen sollte.
Mit dem Spuk ist vorerst einmal Schluss. Wolf Dieter Ressenig, geschäftsführender Obmann der Ulrichsberggemeinschaft, hat das heurige Jubiläumstreffen gestern abgesagt. Denn mit der Teilnahme des Bundesheers scheint die Veranstaltung zu stehen und zu fallen.
APA/Helmut Fohringer
Und spätestens seitdem Verteidigungsminister Norbert Darabos seinen Bundesheersoldaten untersagt hat, teilzunehmen, brennen am Ulrichsberg die Barette. Das Bundesheer hat in der Vergangenheit nämlich wichtige organisatorische und logistische Unterstützung geleistet. Mit Bundesheergeländewagen ist das Zeug für die Feierlichkeiten auf den Gipfel gekommen. Bundesheerrekruten haben die gebrechlichen FestteilnehmerInnen in ihre Busse begleitet.
Weil Ulrichsbergboss Wolf Dieter Ressenig SA-Accessoires und sonstiges Nazinippes via Internet vercheckt, hat sich die Laune von Bundesheer-Verantwortlichen abwärts eher verschlechtert. Verteidigungsminister Darabos sieht nach der Ressenig-Affäre die Hoffnung "völlig zerschlagen", dass aus dem Treffen "noch einmal ein echtes Mahnmal gegen Krieg und für Frieden werden könnte". Das offizielle Österreich hält sich somit erstmals raus.
Viel zu spät, sagen Kritikerinnen vom AK gegen den Kärntner Konsens. Schon seit Jahren versuchen sie, das Treffen zu verhindern. Die Kameradschaft IV, die sich zum Ziel gesetzt hat, die SS zu rehabilitieren, veranstaltet am Ulrichsbergtreffen ihren Krumpendorfer Abend, wo SS-Veteranen unter Ausschluss der Öffentlichkeit feiern. Die SS, laut Nürnberger Prozessen eine verbrecherische Organisation, soll laut Kameradschaft IV Teil der deutschen Wehrmacht gewesen sein. Und auch oben im so genannten Ehrenhain am Ulrichsberg findet sich etwa eine Tafel der Kameradschaft IV mit dem abgewandelten SS-Motto "Des Soldaten Ehre ist seine Treue".
Schon vor zwei Jahren beantwortete Minister Darabos eine Parlamentarische Anfrage zum Thema Traditionspflege beim Österreichischen Bundesheer. Und stellte klar, dass "eine Teilnahme von Vereinen oder Verbänden mit Bezug auf Truppen oder Truppenteile der ehemaligen Deutschen Wehrmacht sowie anderer Organisationen des Dritten Reiches zwischen 1933 und 1945 im Rahmen der Traditionspflege des Österreichischen Bundesheeres untersagt [ist]. (...) Eine Teilnahme von Soldaten des Bundesheeres in Uniform (...) an Veranstaltungen solcher Vereine ist ebenfalls untersagt." Eigenartig, dass es trotz dieser an sich klaren Ansage, bis jetzt gedauert hat.
johannes rigal
Auch Ulrichsbergpräsident Rudolf Gallob (SPÖ) und Obmann Peter Steinkellner von der ÖVP sind zurückgetreten. Geschäftemacherei mit dem Dritten Reich kommt nicht so gut an. Jetzt steht die Ulrichsberggemeinschaft vor einem Neubeginn: dass ausgerechnet die fünfzigste Feier nicht wie geplant stattfinden kann, schmerzt.
Bei den Offiziellen hat man sich unterdessen scheinbar schon auf ein Wording des Bedauerns eingeschworen: Das Treffen wird, so die Sprachregelung, wegen spürbaren Differenzen mit Links- und Rechtsextremen nicht stattfinden.
Beim Aktionskreis gegen den Kärnter Konsens freut man sich einstweilen. Seit fünf Jahren ist der Aktionskreis aktiv und will auf die (Neo-)Naziverflechtungen aufmerksam machen. Das Ziel, die Abschaffung des Treffens, ist vorerst erreicht. Entsprechend wirds wohl am Ulrichsbergwochenende statt einer Demo eine eigene Feier geben.