Erstellt am: 23. 8. 2009 - 00:59 Uhr
Zirkus
Das FM4 Frequency Festival 2009
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Fotostrecken:
- Green Stage und Weekender Stage
- Soviel Spaß im Wasser
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- Impressionen
- Der Schlamm ist da
- Auf der Green Stage
und
Mit Mia., Jesse Hughes, den Lines und den wahren Stars des Festivals, der Traisen und dem Zeltplatz
Kann man das musikalische Tun der Berliner, Berliner Band Mia. ("Wir sind Mia. aus Berlin!") abgekoppelt von einigen unglücklichen Äußerungen, die die Band da vor einigen Jahren bezüglich geil funky neuem Patriotismus getätigt hat, sehen? Nein, das kann man freilich nicht, soll man nicht, das wird denen auf ewig nachhängen. Man kann denen das - bestenfalls - als ein bisschen unbedarft, naiv, treudoof und nicht nachgedacht auslegen und dann vielleicht sagen, dass hinter all ihrer ausgestellten Berlinhaftigkeit, dem Elektropunk-Dosenbiergetue und Schlagergeknödel Mia. ja schon eh auch den einen oder anderen, oder noch einen und noch einen, guten Song begraben haben.

Radio FM4 / Ute Hölzl
Unbedarft, ja, das ist das Wort, Mia. IST die Partyband. Auf der Bühne steht neben dem üblichen Visuals-Gesurre noch ein bandeigener Versender optischer Sensationen, Dimension mittelgroß, mit ein paar davorhingebauten Stufen, als Minishowtreppe für Sängerin Mieze. Beim zweiten Stück des Abends blinkt uns da gleich vom Bildschirm ein großes Herz entgegen und Mieze stellt die Frage des Abends: "Wie weit wollt ihr gehen?" Sehr weit wollen alle gehen. "Hungriges Herz" ist ein guter Popsong, "Tanz der Moleküle" nicht weniger, und was tun die Menschen? Sie tanzen. "Wer ist mit Feunden hier?" Alle. "Komm her und tanz mit mir, mein Freund, hin und wieder mal!" Ladadi-da-da-da- Lalala. So geht das, so geht Charts-Musik in durchaus okay.
Mieze wechselt die Kostüme, vielfarbiges Röckchen, tragbares Herz, Silbercape, ist ein bisschen zu einstudiert schnutig kumpelhaft ("Natürlich sind hier beim Frequency viele Stars, die wahren Stars sind aber VOR der Bühne!"), argh, die bunten Bällchen purzeln über die Leinwand, da wird immer betont grell NDW, im Speziellen Ideal, Berlin, zitiert, Fasching. Note to self: Fair bleiben, tanzen, Ressentiments eventuell beibehalten.

Radio FM4 / Ute Hölzl
Nervös und Dancy
Ein kleiner Abstecher weg von der Race Stage, rüber zur Weekender Stage muss drin sein, die australische Band Pivot tritt auf. Postrock heißt das magische Wort, für Genrefetischisten Subabteilung: Tendenz Mathrock. Eigentlich ein Trio, heute zu zweit, aber offiziell weiterhin zu dritt ("The third guy is still in the band, we love him!"). Die Brüder Richard und Laurence Pike klopfen aus Schlagzeug, Gitarre und Synths eine nervöse, immer gern Haken schlagende Klanghyperventilierung, die zwar hauptsächlich von altbekannten Genre-Plaupausen wie von Tortoise (in ihren hektischen Momenten) oder Don Caballero, Steve-Albini-Hardcore und kantiger "Jazzhaftigkeit" lebt, durch immer wieder schön sphärisch wabernde Trips in die kosmische Disco aber eine zusätzliche, eine reichhaltige Sounddimension gewinnt. Das ist sehr gut auf dem 2008 bei Warp Records erschienen Album "O Soundtrack My Heart" nachzuhören, enfaltet aber bloß live seine fein, genau, hypnotische Sogwirkung.

radio fm4 / ute hölzl
Down in the Past
Pop/Rock-Akademie, Schweden, Posterboy-Posterscherenschnitt in Überlebensgröße. Für die Herren von Mando Diao gilt in etwa dasselbe wie für die Australier von Jet, also Rock'n' Roll als reine Formenlehre und Malen nach Zahlen. Bloß, dass Mando Diao dann doch noch dann und wann, manchmal, manchmal, einen guten Song schreiben und sich auf ihrem letzten Album "Give Me Fire" immerhin zaghaft dem Experiment annähern. Soweit es enge Hose und Lederjacke gerade noch zulassen. Wenn Gustaf Norén und Björn Dixgard dann aber ein akustisches Duett mitsamt Mundharmonika einlegen oder wenn gegen Ende hin "Dance With Somebody" alles - hey, hey, my, my, Rock'n'Roll will never die - bewegt, dann stülpt sich da fast doch noch - aber nur beinahe - ein ganzes Weltbild um. Viel mehr muss man über die Band Mando Diao aber auch wirklich nicht unbedingt wissen.

Radio FM4 / ute hölzl
I'm Raving, I'm Raving
Geht man in den Zirkus, dann erwartet man sich da nicht die Erfüllung eines kulturellen Bildungsauftrags. Die Herren von Prodigy waren Nu Rave vor Nu Rave und haben Dance vom Club ins Stadion überführt. Kurz, wirklich nur SEHR kurz, war das immerhin "interessant", wie da die Brücke von Acid und Rave nach Rock geschlagen wurde, als das Kind den Namen "Big Beat" bekommen hat, war's gleich mal wieder vorbei.

Radio FM4 / Ute Hölzl
Liam Howlett steht hinter der elektronischen Kommandozentrale, Maxim Reality und Keith Flint sind wie gehabt Tänzer/MCs (not the other way around), punkig (H&M-Punk) aufgefettet mit einem Gitarristen und Drummer. Was soll man sagen: "Breathe", "Poison", "Their Law", "Voodoo People", "Fire Starter". Mitunter ein bisschen dünner Sound, Tagada-Techno, "Out of Space". Die Village People auf Speed, Rave als Retro-Spektakel, die vollautomatische Karaoke-Party, ein unwürdiges Erlebnis, aber so soll es wohl sein. So waren die Neunziger, the days of being wild. The Prodigy: Demnächst auf meinem Geburtstag.

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