Erstellt am: 21. 8. 2009 - 01:39 Uhr
Cock Rock Disco
Das FM4 Frequency Festival 2009
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Fotostrecken:
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- Der Schlamm ist da
- Auf der Green Stage
und
Sexy Time mit den Eagles of Death Metal. Da wo die Australier von Jet bloß die Blaupausen von Rock'n'Roll gut nachzustellen in der Lage sind, da kann sich die Band aus Palm Desert, Kalifornien - sprechender Ortsname - den rotzigen Geist der Rolling Stones immerhin - schuppdiewupp - mühelos einverleiben, dreimal durchverdauen und am Ende eine halbwegs eigenständige Sprache ausspucken. Immer wieder in einem Atemzug mit den Queens of the Stone Age genannt, weil Oberkönigin Josh Homme dann und wann gerne mit an Bord, verkörpern die Eagles of Death Metal den knochigeren, aufs Skelett runtergestrippten Seitenarm von Stoner-Rock/Desert Rock. Je nach Gusto - also eher aus der schrottigen Garage im Geiste der MC5, immer wieder Stooges oder der Sonics scheppernd ans Ohr dringend, denn von funky Zigarettengenuss zu besonders tiefergelegten Bassläufen und Zeitlupenmodus bewegt.

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Frontmann Jesse "The Devil" Hughes ist als großer Charmeur vor dem Herren bekannt und als Mann, der gern kraftstrotzend alle Posen des Rock'n'Roll durchlebt. Da wird also gleich energisch in enger Hose, mit Sunglasses At Night und dem obligaten Pornoschnäuzer über der Lippe der Hit "Cherry Cola" aus den Saiten gerissen, die Drums bestraft Joey Castillo von, genau, den Queens of the Stone Age, und die launigen Ansagen von Hughes, nicht wenige sind das während des Konzerts, richten sich an die "Ladies". Der meint das alles nicht ganz so ernst: Paraphrasiert das Crooning von Elvis in seinen Songs, wackelt recht eindeutige Bewegungen aus den Hüften, fletscht die Zähne. Das ist freilich alles gar dick aufgetragen, oder aber: Rock'n'Roll und wie man ihn richtig macht, da fällt man vor Angst ja fast aus der Jeansjacke.

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Wer sich gewundert haben sollte, wo denn auf "Dig Out Your Soul", dem letzten Album von Oasis, die richtig echten Songs fürs Fußballstadion geblieben sind, der kann die Herren von Kasabian, die eitlen Gecken, dazu befragen. Kasabian nämlich, seit jeher Freunde, Protegés und Wegbegleiter der Gallaghers, haben den guten, alten Noel, man glaubt es kaum, rückwirkend nachhaltig mit ihrem kaleidoskopisch sich zwirbelnden Drogensound beeinflusst und vor allem mit ihrer Vorliebe für Krautrock, im Speziellen für die stoische Rhythmik der Düsseldorfer Band Neu!, angefixt. Was sich direkt in vielen Stücken auf "Dig Out Your Soul", die eher nach dem Prinzip eines sich langsam aufbauenden Grooves und - für Oasis-Verhältnisse - weniger nach der Logik von Hits und Catchiness organisiert sind.

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Live zeigen sich die Herren aus Leicester als gar nicht so unsympatische Gockel, für die man sie im Vorfeld vielleicht hätte halten können, Frontmann und Sänger Tom Meighan lässt aber dennoch mit dicker Lippe immer wieder gerne den Dave Gahan in der Christus-Pose raushängen. Gut im Saft stehend wird da immer wieder das Publikum angefeuert ("Austria, Come on! COME ON!"), und verirrt sich einmal ein der Hand eines Verwirrten entglittener Bierbecher auf die Bühne, fordert Meighan mit trotzigen Handbewegungen sogleich mehr der Wurfgeschosse. COME ON! Ist das alles was ihr habt? Der Sound von Kasabian, der aus den Zutaten Manchester Rave im Allgemeinen, Stone Roses, Primal Scream, Kraut, Größenwahn, Bombast plus Pathos-Rock gebraut ist und auf Platte nur stellenweise seine hypnotische Spiralbewegung entwickeln kann, wird live deutlich rockiger mit Abzügen in der Elektroniknote gedeutet. Für ein Festival als Semiheadliner vermutlich keine schlechte Entscheidung. Mit den Hits "Underdog" oder "Shoot The Runner" haben Kasabian das Publikum auf ihrer Seite, auch zu den unbekannteren Stücken ist gut Schunkeln. Ein gelegentlicher Trompeter, ein Gong neben dem Schlagzeug und fallweise ätherisches, atmosphärisch gemeintes Rauschen können nicht schaden. Ein ziemlich gutes Konzert, mit schon auch einigen breiigen Momenten im Mittelteil, einer ziemlich mittelmäßigen Band.

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Die Affen steigen auf den Thron. Insgesamt 18 Menschen stehen da auf der Bühne, teils mit Affenmaske, teils mit im Neonlicht schimmernden Kapuzen überm Kopf, im Bühnenhintergrund blickt uns ein riesiges Gorillaantlitz von einer Leinwand aus ebenso neongrellen Augen ins Gesicht. Kategorien wie "Mainstream" und "Irgendwie Underground" haben Peter Fox, den Headliner auf der Race Stage, wohl immer nur am Rande berührt. Wenn überhaupt. Mit seiner Band Seeed hat er auch bei Menschen, denen das Wort "Reggae" (im weitesten Sinne), vor allem in der Ausformung "Deutschsprachig", bislang die Nackenhaare ungut stehen machen hat lassen, karibisch unterfütterten Singsang ins Wohnzimmer gemogelt. Das muss man mögen. Solo ist er in den letzten ein, zwei Jahren zu einem der größten deutschsprachigen Popstars aufgestiegen und nimmt bei jeder zweiten Preisverleihung die goldene Ehrennadel mit nachhause.

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Vor allem aber haben wir es bei Peter Fox mit Live-Unterhaltung mit der Absicht größtmöglicher Partymaximierung zu tun. Begleitet von Bläsern, seinem superagilen Drumensemble, Backgroundsängerinnen und -sängern, richtiger Band und Mikrofonsidekick in, ja, Affenmaske, spielt sich der gute Berliner da durch ein Set im Spannungsfeld von Funk, Reggae, weichgeköcheltem Dancehall, leichtem HipHop, Pop im Allgemeinen und hauchdünnen Songwriterambitionen, das sich neben den eigenen Solohits (Stadtaffe, Haus am See, Alles Neu und so weiter) oder beispielsweise der Seeed-Nummer "Schwinger" auch, und das ist das Interessanteste an einem wirklich guten Konzert, Zeit nimmt für den einen oder anderen "Remix", live mit echten Instrumente eingespielt, wie Fox es selber nennt. Zwar kein rasend neues Prinzip, wenn da aber z.B. Timabalands "Give It To Me" in deutscher Variante um die Ecke kommt, ist das ein Grund, den Herren gut zu finden. Formationstanz, ständiges Winken mit dem HipHop-Handtuch, plaudertonmäßige Gespräche mit dem Publikum, alles ist bunt, laut und blinkt. Die offensive Kumpelhaftigkeit von Fox kann man dabei bisweilen ein bisschen - Achtung! - affig finde, wenn man für derlei Musik aber einen halben Zentimeter Platz im trüben Herzen frei hat, dann wird man wissen, dass Peter Fox eine gute Show ist. Zum Schluss verabschiedet uns mit großer Grandezza eine Fußballhupe, nein, nein, nein, Subtilität ist die Sache des Peter Fox nicht.

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