Erstellt am: 17. 8. 2009 - 18:00 Uhr
Hurricane-Warnung
New York 1965: Robert Jones, Politiker und apostolischer Prediger holt seine Familie aus dem ländlichen Jamaika in einen Vorort von New York. Seine Tochter Grace hält die ganzen Regeln, die ihr nach einer relativ freien Kindheit am Land von Eltern, Schule und Kirche aufgezwängt werden für einen riesen Scheiß und beschließt von nun an nach ihren Gesetzen zu leben.
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interview
Ein Glück für uns, dass Grace Jones nicht wie ursprünglich geplant Englisch-Lehrerin wurde, sondern die Segel in Richtung Downtown Club Szene setzte.
In diesem Labor für neue Identitätsentwürfe und Geschlechterkonstruktionen wird Grace Jones ein Liebling der schwulen Disco-Szene. Sie ist ständige Begleiterin und Muse von Andy Warhol. In seinem Tagebuch beschreibt er genüsslich, wie die unerreichbare, sich selbsterschaffende Göttin Grace Jones alle konventionellen Annäherungsversuche abschmettert und den selbstbestimmten Exzess lebt.
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interview
1977 unterschreibt Grace Jones bei Island Records und gegen Ende der 70er Jahre beginnt sie an ihren New Wave Reggae Coverversionen für "Portfolio" zu arbeiten. Obwohl Coverversionen ist nicht das Richtige Wort. Es sind radikale Neuinterpretationen, bei denen das singende Subjekt immer wichtiger Teil der Geschichte ist. Die Nacht hat viele Gesichter und unterwegs mit Grace Jones ist etwas volkommen anderes als mit Iggy Pop.
Auf dem 1981 erschienen Album "Nightclubbing" sind neben dem Titletrack auch "Pull Up to the Bumper" und "I've Seen That Face Before" zu finden. Eine Nummer, die den Tangoklassiker "Libertango" von Ástor Piazzolla mit einem Reggae Beat kombiniert.
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island
Album der Woche: Christian Lehner über "Hurricane"
Eine Meisterleistung, die auch 2009 bei der kongenialen Live-Umsetzung der "Hurricane"-Tour nichts von ihrer Schönheit, Traurigkeit und Würde eingebüßt hat.
Grace Jones steht wie die Schönste und Einsamste aller Star Wars Bösewichte vor einem Ventilator und singt einen weißharigen argentinischen Señor im Anzug an, der wenige Meter und doch unerreichbar vor ihr auf der Bühne tanzt.
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sonar
Alles rund ums ausverkaufte (!) FM4 Frequency:
- Line Up: Beginnzeiten und Bühnenaufteilung
- FAQ: Lageplan und Infos rund um Anreise und Campingplatz
- und vieles mehr
- frequency.at
- FM4 Festivalradio
Wie raffiniert und subtil Grace Jones Bühnenshow ist zeigt sich, als dieser Herr im weißen Anzug ein zweites Mal auftaucht. Bei "Pull up to the Bumper" springt Grace Jones von der Bühne und holt sich die Party im Anschluss auf die Bühne. Eine Handkamera filmt in schwarzweiss die Diva von vorne, wie sie wie ein Feldherr der Partymeute voranschreitet. Als die Situation scheinbar zu eskalieren droht, erscheint wieder der dezente Señor im weißen Anzug, der Grace Jones wie ein besorgter Liebhaber aus dem Chaos zieht. Die Ästehtik mit der Grace Jones sich selbst geformt hat, ist zeitlos und revolutionär. Sie lässt Madonnas Posen als Klein-Mädchen-Macho ohne jegliche Elganz verblassen.
Kopistinnen wie Lady Gaga werden ins Reich der Pokemon-haften Witzfiguren verbannt.
Souverän schaukelt Grace Jones minutenlang einen Hula Hoop Reifen zu "Slave to the Rythm" um ihre Hüften. Sie hat den Fluch des Alterns gebrochen. Wie, dem wird eine Dokumentation der britischen Regieseurin Sophie Fiennes auf den Grund gehen.
Fiennes arbeitete in der Vergangenheit mit Peter Greenaway zusammen. Mit dem slovenischen Philosphen und Psychoanalytiker Slavoj Žižek realisierte Fiennes 2006 The Pervert's Guide to Cinema , ein Versuch die unter der Oberfläche liegende Sprache des Kinos zu decodieren.
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grace jones
Grace Jones ist am FM4 Frequency Festival zu sehen
Sophie Fiennes dürfte also das psychoanalytische Rüstzeug haben, um dem wandelnden Mysterium näherzukommen; zweieinhalb Jahre folgte sie Grace Jones. Ein Releastermin für die Dokumentation steht noch nicht fest.