Erstellt am: 16. 8. 2009 - 15:09 Uhr
Baden-Baden
Eine kleine Stadt, die sehr vom Glanz früherer Tage lebt, denn schon die Römer schätzten die heißen Quellen der Siedlung und brachten so den Wellnessgedanken nach Baden-Baden.
1814 entdeckten dann die Russen die Bäderstadt, der Adel und die Schriftsteller, Gogol, Turgenjew, Drushinin, Gontscharov verbrachten hier den Sommer, schrieben aber wenig Schmeichelhaftes über Baden-Baden. Dostojewski, der seine Recherchen zum Roman "Der Spieler" im hiesigen Spielcasino etwas übertrieben hatte, jammerte brieflich: "Wie froh wäre ich, wenn wir nur irgendwie aus dieser verfluchten Stadt loskämen!"
"Von Lumpen umgeben", schrieb der spielsuchtgeplagte Puschkin ins Tagebuch "und der größte Lump bin ich selbst".
Casino Baden-Baden
Seit 1994 kommen die Russen wieder, der erste Schwung brachte die Gewinner der postsojwetischen Gesellschaft und das Klischee vom protzigen Russen, von den grell geschminkten Frauen in langen Pelzen, die ihr auf undurchsichtige Weise verdientes Geld bündelweise ausgeben und den ganzen Kurort kaufen wollen.
Christiane Rösinger
Aber auch ältere Herrschaften anderer Nationalitäten flanieren hier mit Pudeln und Schoßhündchen der Saison vorbei an Kurhaus und Spielcasino und den kunstvoll in überirdischen Farben komponierten Blumenbeeten.
In Baden-Baden ist man überdurchschnittlich alt und reich, alles hier ist heiter und freundlich, selbst die Obdachlosen haben einen eigenen, gepflegten Park. Dort sitzen sie gutgelaunt und manierlich gekleidet mit originellen Jägerhüten auf den Bänken und singen fröhliche Lieder.
Christiane Rösinger
Die Auswirkungen einer überalterten Gesellschaft kann man hier heute schon gut studieren. Kaum vorwärts kommt man in dem sympathischen Weltbad, ständig schlendern agile 90jährige in Goldsandaletten vor einem her und das alte, etwas ageistische Bonmot "Von hinten Lyzeum, von vorne Museum" findet hier seine treffende Anwendung.
Aber auch einige jüngere Opfer der plastischen Chirurgie sieht man auf der Straße. War das ein Unfall, gehört das so, oder ist die Ärmste nur frisch operiert und das falsch zusammengesetzte Gesicht erholt sich mit der Zeit? Fragt sich da die mitfühlende Beobachterin, und freut sich bei diesem grusligen Anblick auf die Heimkehr ins Dorf.