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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

12. 8. 2009 - 22:29

Fußball-Journal '09-72.

Wer sich auf einen abgestandenen Blödsinn wie eine "Safari" einläßt, verliert zurecht.

Das ist eine wie immer zutiefst subjektive Betrachtung zum eben beendeten Länderspiel Österreich - Kamerun. Das nur für die immer wieder erstaunten Menschen, die sich neu hier ins Fußball-Journal 09 reinklicken und dann fragen, ob man denn soetwas dürfe.

Ich bin ja nicht vorort im Stadion bei diesem Test-Länderspiel (das geht sich logistisch nicht aus, eh leider) - da sieht alles immer anders aus. Ich stecke so wie Hundertausend andere vorm Fernsehgerät, und so nimmt das Schicksal eben einen anderen Lauf.

Denn wenn da einer aus heiterem Himmel von einer Safari redet, bei der die Löwen gejagt werden sollen, dann macht es ganz von selber und sofort "klick" und ich bin automatisch auf der Seite der Gejagten. Da ist mir dann Nationalität, Mentalität, Sprache oder sonstwas sowas von egal: diese sich als behäbig und gemütlich tarnende Ausgabe des christlich-missionarischen Paternalismus tauft mich zum Unterstützer der nur scheinbar subtil Verachteten.

Das ist kein Debut-Fall: bei heimischen Spielen geht mir das gern genauso. Sobald irgendein widerlicher Sprechchor anhebt, macht es "klick", und ich bin auf der Seite der "Bauern", der "Juden", der "Tschuschen", der "Schwulen" oder wer auch immer grad immer angepißt oder mit einer Hohnbehandlung versehen wird.

Im aktuellen Fall leide ich bei jedem Ballgewinn der "Jäger" und freue mich über jeden Erfolg der "Tiere". Auch in der zweiten Halbzeit, als aus der Safari ein Zirkus samt "Löwenbändigern" wird, muß ich jedem Fehltritt der Schausteller applaudieren.

Löwe beißt Mann.

Das ist gegenüber dem jungen österreichischen Team (sechs, sieben sind doch echte Hasen, die anderen auch noch recht junge Rüden) natürlich unfair - die können für die flächendeckende Metaphern-Versorgung aus dem Erdkunde-Lehrbuch des 19. Jahrhunderts natürlich nichts.

Und in der ersten Hälfte der ersten Halbzeit spielt die ja ganz brauchbar mit. Mit einem Gegner, der strategisch Atemberaubendes zeigt.

Vor einer Vierer-Abwehr und einem Sechser (M'Bia) teilen 5 offensiv orientierte Spieler die Räume, Flächen und Seiten untereinander auf als würden sie nach einem vom Zufallsgenerator ausgespuckten, dem Chaos-Prinzip gehorchenden und auswendig gelerntem Masterplan verfahren.

Dabei sind es nur fünf taktisch extrem gut geschute Individuen, die einander kennen und in jeder Spielsituation dafür sorgen, dass alles gleichmäßig gut besetzt ist - dafür halt immer neu.

Eto'o spielt hinter der Spitze, die meist Webo ist, Tchoyi kommt über rechts, dann über links, dann über rechts, dann zentral, dann über rechts, dann über links... Und Makoun und Emana gehen immer in genau die Räume, die offenstehen würden, wenn man das Spiel nicht lesen würde.

Niemals stehen einander diese fünf Akteure im Weg, und mir steht der Mund vor lauter Staunen fast die ganze Halbzeit lang offen.

Rätselhafter Dschungel ÖFB-Team

Von einer derartig schlauen Spielanlage ist das aktuelle ÖFB-Trainerteam (und deswegen natürlich auch der jungen, international recht unerfahrenen Mannschaft, es spielen nur drei Legionäre...) in jeder Hinsicht meilenwert entfernt.

Ich befürchte, dass dieses Lehrspiel an Offensivkunst auch nicht dafür genützt wird eine entsprechende analytische Nachbereitung durchzuführen - man lernt ja aus dem, was einem persönlich widerfahren ist, am meisten.
Aber, und das ist meine Befürchtung: diese Qualität des Gegners wird man beim ÖFB wohl übersehen. Es wird maximal das harte Pressing, das ab dem gegnerischen Strafraum betrieben wurde (auch von einem Superstar wie Eto'o), hängenbleiben. Und man wird was von individueller Klasse murmeln.
Auch eine Erkenntnis, aber eben zuwenig.

Die vielen kleinen Fehler in Aufstellung und Coaching anzuprangern ist angesichts einer im Spielverlauf klar dargelegten Unterlegenheit fast ein wenig müßig.
Zumal sie dieselben sind wie in den letzten Spielen.

Constantinis Verzicht auf richtige, also offensiv orientierte Außenverteidiger, ist rätselhaft: eine Halbzeit Garics, eine Fuchs, der dauernde Verzicht auf Ibertsberger...

Das internationale Auslauf-Modell des ausschließlich defensiv orientierten Doppel-Sechsers - Sturm oder die Austria unterlaufen diese veraltete Mode, die Constantini und Co für den letzten Schrei halten, bereits...
Wozu Junuzovic überhaupt im Kader steht, weiß ich nicht.

Dass Constantini im Vorfeld keinen Elferschützen nominiert hat und so mitschuld am vom Teufel gerittenen Scharner verschossenen Penalty ist, versteht sich.

Auch noch die U 21 verloren

Vor einer Woche sind Constantini und Zsak noch als Protzer-Duo aufgetreten, weil man - angeblich im Gegensatz zu früher, was ein abgefeimter Schmäh ist - der U 21 viele Spieler überlassen hatte, damit die ihr Bewerbsspiel optimal bestreiten können.
Dabei handelte es sich um Beichler und Baumgartlinger.

Dass mit Dragovic, Jantscher und Pehlivan drei für die U21 Spielberechtigte einen eher wenig wichtigen Test bestreiten mußten, dass mit Drazan ein weiterer gar nicht erst zum Einsatz kam, wurde dabei nur nebenbei erwähnt.

Herzogs U21-Truppe verlor heute nachmittag, ohne diese vier, das Spiel in Weißrussland mit 1:2. Beichler, Baumgartlinger und Nuhiu waren die prägenden Gestalten. Jantscher, Drazan, Pehli und Drago hätten gutgetan.
Aber auch dieser logistische Schnitzer wird demnächst wohl als Erfolg verkauft werden.

Hoffentlich haben die Burschen wenigstens eine Menge gelernt, von diesem unglaublichen Zauber-Fünfeck aus Kamerun. Sofern sie gegen Safari-Quatsch aller Art resistent sind.