Erstellt am: 13. 8. 2009 - 11:20 Uhr
Das Geheimnis der Banken
Aus einer wenig beachteten Meldung in der EU-Wochenzeitung "European Voice" geht hervor, dass die OECD Belgien und Luxemburg von jener „grauen Liste“ von Ländern gestrichen hat, die den automatischen Austausch von Bankinformationen von Staatsangehörigen anderer Länder mit dessen Steuerbehörden zwar zugesagt, aber noch nicht umgesetzt haben. Diese Liste ist die Mittelstufe zwischen der „schwarzen Liste“ (Kooperationsverweigerer) und der „weißen Liste“ (kooperative Staaten) in Sachen Steuerkooperation zwischen Staaten. Nach der Streichung von Belgien und Luxemburg ist Österreich der einzige verbliebene EU-Staat auf der „grauen“ Liste. Und im Herbst steht in internationalen Gremien wie OECD und G20 wieder eine Überprüfung an, ob die schwarzen und grauen Schafe über den Sommer braver geworden sind.
Die Banken, Hauptnutznießer des Bankgeheimnisses, weisen nach (un)guter österreichischer Tradition der Selbststilisierung als unschuldiges Opfer mit dem Finger auf andere: Es sei unfair, auf kleine Länder wie Österreich Druck auszuüben, die englischen Kanalinseln wie etwa Jersey seien weitaus bedeutendere Steueroasen, so ein Sprecher des Sparkassenverbandes letzte Woche in der Wirtschaftssendung „eco“. Dort wurde ausführlich Kritik an ausländischen Steueroasen geübt. Doch Kritik am heimischen Bankgeheimnis? Fehlanzeige.
Säbelrasseln gegen Geheimniskrämer
Die Finanzkrise hat quasi als unbeabsichtigtes Nebenprodukt einzigartigen internationalen Druck auf Steueroasen hervorgebracht. Die G20-Runde der größten Industriestaaten hat sich letzten Herbst auf einen Aktionsplan geeinigt, der Sanktionen für Staaten in Aussicht stellt, die die Kooperation weiter verweigern.
Die G20-Gruppe setzt vorerst noch auf den sanften Druck verschiedenfärbiger Listen. Mit der Drohung, international angepatzt zu werden, hofft sie, einzelne Länder zum Einlenken zu bewegen. Durchaus mit Erfolg: Jersey, Bermuda, Cayman, Virgin Islands und andere bemühen sich in den letzten Monaten intensiv, die festgelegte Mindestanzahl von 12 Steuerinformationsaustausch-Abkommen mit führenden Industriestaaten abzuschließen, um von den Schand-Listen gestrichen zu werden.
Auch Österreich hat seine langjährige Opposition gegen ein international übliches Niveau der Steuerkooperation relativieren müssen. Das Bankgeheimnis soll laut Plänen der Regierung aber weiter bestehen bleiben, und ein automatischer Datenaustausch zwischen Banken und Finanzbehörden wird weiterhin nicht stattfinden. Aber die Schwelle für die Bewilligung von Anträgen auf Auskunft durch eine ausländische Behörde soll gesenkt werden.
Die Änderung des Bankgeheimnisses ist nur mit Zweidrittel-Mehrheit im Parlament möglich. Die Regierung braucht dafür die Zustimmung der Opposition, die dadurch die seltene Chance erhält, im Austausch für ihre Zustimmung etwas zu fordern. Deshalb verzögert sich die Beschlussfassung.
Wie sieht es derzeit aus? Alle EU-Staaten haben sich darauf geeinigt, automatisch Informationen über Zinseinkünfte von ausländischen Staatsangehörigen bei ihren Banken untereinander auszutauschen, und damit Steuerflucht zu bekämpfen. Österreich hat sich dem verweigert und eine Ausnahme herausverhandelt. Der heimische Finanzminister sammelt die in Österreich fälligen Steuern ausländischer AnlegerInnen (bislang 20% der Zinserträge, nach 2010 35%) ein und übermittelt sie unter Wahrung der Anonymität an die ausländischen Behörden. 2007 waren das 44,3 Millionen Euro – die aus Einlagen in Höhe von 3 bis 4 Milliarden Euro stammen müssen. Keine schlechte Summe. Das deutsche Finanzministerium schätzt die Schwarzgeldbestände in Österreich auf sogar 70 Milliarden Euro.
Alpen-Paradies der Reichen
Neben dem Bankgeheimnis ist die Privatstiftung die zweite ertragreiche Palme in der österreichischen Oase. Derzeit muss für Zinserträge, die in der Stiftung belassen werden, nur die halbe Kapitalertragssteuer bezahlt werden.
Mit Regelungen wie Bankgeheimnis und Privatstiftung wird dafür gesorgt, dass Vermögen steuerlich vergleichsweise „billig“ wegkommt. Eine progressive Zinsbesteuerung (also ein steigender Steuersatz mit steigendem Vermögen, so wie bei der Einkommenssteuer) wird dadurch verhindert. Das ist umso erfreulicher, je reicher man ist. Was es den so oft als NutznießerInnen des Bankgeheimnisses angeführten „kleinen SparerInnen“ bringt, denen – Bankgeheimnis hin oder her - automatisch Zinsertragsteuer abgezogen wird, ist unklar. Hat sonst jemand einen Nutzen daraus? Der österreichische Fiskus betätigt sich dadurch als internationaler Trittbrettfahrer und hofft, Steuerflüchtlinge aus anderen Ländern anzulocken. Die Banken können sich über Zustrom ausländischer Gelder freuen, und kassieren Gebühren für die Vermögensverwaltung, die sonst Banken in anderen Ländern kriegen würden. Das häufig genannte Argument, dadurch würde auch Kapital nach Österreich zum Investieren gelockt, stimmt nicht: Die Stiftung kann Kapital nur zur steuertechnischen Verbuchung nach Österreich locken, wo es tatsächlich investiert wird, wird davon nicht beeinflusst. Stiftungen sind Vermögensverwaltungen, keine Konzernleitungen.
Komisch: Überall ist die Privatsphäre zugunsten fortschreitender Überwachung durch Unternehmen und Staat auf dem Rückzug. Aber die verbissene Sicherung der Privatsphäre von Vermögen erscheint den gleichen Kräften nicht als Widerspruch.