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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

9. 8. 2009 - 22:05

Fußball-Journal '09-70.

Sechs scheinbare Kleinigkeiten. Und ein großer Wahnsinn.

Die Großwetterlage ist stabil: die neue Nüchternheit, für die die Auftritte im europäischem Bewerb in den letzten Wochen gesorgt hatten, hat sich - großteils - festgesetzt; auch im Mainstream. Am Wochenende hat das sogar der Krone-Sportchef mit einem Kommentar ratifiziert.

In der wochenendlichen Bundesliga-Runde sind also dann nur vergleichsweise unwesentliche Kleinigkeiten aufgefallen. Scheinbare Kleinigkeiten.

Kleinigkeit 1

Die Liga hat eine kleine Absurdität hinter sich gelassen.
17 Spiele, 4 Runden lang, hatte man vergessen, dass es außer Sieg und Niederlage auch noch die Möglichkeit des Unentschieden gibt.
Heute um 21.21 Uhr war es in Spiel 18 bei Ried gegen Rapid dann endlich soweit.

Kleinigkeit 2

Ich bin stolz auf Matthias Hamann.
Er hat nach dem 4:0-Sieg seines LASK am Freitag die Berichterstatter, die - obwohl sie eigentlich anwesend waren und es auch hätten sehen können, besser müssen - aufgrund des Resultats auch automatisch von einer tollen Leistung sprachen, korrigiert, sich also gegen den Profi-Resultats-Fetischismus des Haupt-Lizenzhalters Sky, die weiterhin die Order zum Hochjubeln von Mittelmaß haben, zur Wehr gesetzt.
Das ist mutig und nötig.
Denn so löblich der neue Ansatz beim LASK ist, so gut der im letzten Jahr von den Lindenkrankls fast schon abgetötete Thomas Prager derzeit spielt, so sicher Wallner und Mayrleb treffen - wenn es 70 Minuten schlechtes Spiel und Leerlauf gibt, dann muss man das ansprechen, anstatt alles mit einer schnittigen Zusammenfassung (optisch wie verbal) wegzureden, wie das die PR-Maschinerie gern hätte.

Kleinigkeit 3

Ich bin auch stolz auf Frenk Schinkels.
Er unterläuft die Kollegen Live-Berichterstatter, indem er sie verscheißert und jedes zweite / dritte Mal mit einer falschen Grundaufstellung in die Irre führt.

Diesmal gab er an, mit einem 3-3-3-1 spielen zu wollen, was von überforderten Spielbeobachtern dann auch gnadenlos nachgeplappert wurde, obwohl ein Blick auf den Platz ein 4-5-1 offenbarte.

Schinkels versuchte es mit enger Deckung der vier offensiven Gewalten seines Gegners aus Graz, mit Sakvatore rechts, dem Innen-Duo Pusztai - Zivny, Kaufmann links und Troyansky als zusätzlicher zentral defensiver im Mittelfeld. Davor tannenbaummäßig Hinum und Blanchard, auf den Seiten offensiv Hierländer und Sandro, als vorderster Mann Schembri.

Dass diese (nicht das erste Mal aufs Feld geschickte) Aufstellung keinen Stürmer enthält, macht mich immer nervös.
Das ist einer der Bausteine, der dazu führt, dass es in Klagenfurt noch nicht klappt. Das wieder einmal unübertroffene Kasperltheater der Lokalpolitik rund ums Stadion sorgt da noch für weitere.

Kleinigkeit 4

Mir gefällt auch die Wehrhaftigkeit von Karl Daxbacher.
Er hat auf eine dieser blöden, redundanten, sich's so einfach machenden Fragen nicht geantwortet, sondern ihre Dummigkeit auf die Meta-Ebene gezerrt und dort bloßgestellt.

Weil man ihn nach dem Sieg gegen den gefühlten Erzfeind Magna gefragt hatte, ob seine Truppe derzeit nicht zu offensiv agieren würde, hatte er aufs Vorjahr verwiesen, wo man genau das Gegenteil, die viel zu vorsichtige Spielanlage kritisiert hatte.
Und er hat recht: man kann nicht ernsthaft beides kritisieren. Wer, zu Recht, die defensive und fade Spielweise öffentlich angreift, verwirkt sein Recht über zu viel Offensive zu klagen.

Außerdem: wie lächerlich ist das denn?

Kleinigkeit 5

Obwohl ich mir immer denke, schon jedweden Unsinn gesehen zu haben - irgendwie macht mich das Verhalten der Salzburger Verantwortlichen immer noch fassungslos.

Man (Management und sportlich Verantwortliche) hat sich sehenden Auges in eine Lage gebracht, nur gleichartige und zu wenige Stürmer für eine Saison, die international erfolgreich sein soll, zu verpflichten.
Man macht sich dann auf, viel zu spät, die Nennfristen nahen, einen neuen Stürmer zu holen. Und beginnt Verhandlungen mit zwei Akteuren.
Nur um sie dieser Tage wieder abzubrechen.
Wieso? Man war draufgekommen, dass die beiden Spieler von Liberec bzw. Rijeka für den Europacup nicht startberechtigt wären.

Nun ist das etwas, was mittlerweile jeder Ballbub weiß - und mit einer Recherche von unter einer Minute verifizierbar ist.

Dass das Management des österreichischen Meisters, allesamt Delegierte eines Konzerns, der sich als globaler Player sieht, solche Anfängerfehler begeht, ist atemberaubend.

Kleinigkeit 6

Peter Pacult hat den internen Machtkampf gewonnen. Drazan, Trimmel, Jelavic und auch Konrad funktionieren und ersetzen Hoffer.
Stefan Maierhofer, der einzige öffentliche Oppositionelle, setzt sich weniger durch mäßige Leistungen, sondern vielmehr durch das Forcieren seiner Schwachstelle, durch seine Disziplinlosigkeit, seine Schwalben und seine dadurch provozierten Fehler ins Unrecht. Und verliert Sympathie, als wäre er Markus Rogans Bruder.

Pacult ist plötzlich der Gute.
Und im bevorstehenden Duell mit Aston Villa auch der, der nichts verlieren kann.

Kleinigkeit 7

ist keine Kleinigkeit, sondern ein ganz großer Wahnsinn.

Der ganz große Wahnsinn der sogenannten Austria-Fans

ist in seiner ganzen Tragweite hier in einer Geschichte von Harald Prantl bei laola1 nachzulesen.

Dort ist auch das zu lesen, was etwa in Fan-Blogs wie diesem da geflissentlich verschwiegen wird: dass zum eh schon üblen Gewalt- und Pyromanie-Problem auch noch ein Neonazi-Problem samt parteipolitischer Instrumentalisierung kommt.
Wer glaubt, sich mit der Fiktion einer "unpolitischen" Kurve aus der Verantwortung stehlen zu können, wie das die Austria-Fan-Vereinigungen auf osttribuene.com tun, katapultiert sich von selber in einen Wirbelsturm.