Erstellt am: 4. 8. 2009 - 22:30 Uhr
Fußball-Journal '09-66.
Nicht, dass es unverdient gewesen wäre.
Red Bull Salzburg war zwar die schwächere Mannschaft heute abend, aber man bot trotzdem die vielleicht beste Leistung der jungen, bislang wahrlich beschämend verlaufenen Saison.
Dass Coach Stevens weiterhin realitäts-verlustreiche Interviews gibt, ist das geringste Problem, dass er und seine unsichere Truppe haben.
Und zwar auch weiterhin im 4-2-3-1. Denn die Aufstellung von Zickler als vorderster Mittelfeld-Akteur bedeutete keine Abkehr von der Stevens-Doktrin, auch wenn das das aufgeregt krächzende PR/Media-Konglomerat rund um den Club eifrig behauptete.
Damit ist Mateschitz' Team entweder in der Champions League oder der Euro League in der Gruppenphase.
Und hat das Saisonziel erreicht, für das das Management Trainer und Team nicht einmal ansatzweise gut aufgestellt/vorbereitet hat. Insofern Gratulation an die, die es trotzdem geschafft haben.
Das ist nicht nur für den heimischen Fußball, rein koeffizientenmäßig, bedeutsam, sondern vor allem für den Red Bull-Konzern ganz unglaublich wichtig.
Denn anderswo wird das Modell, das in den franchisegeilen USA und im lizenzerteilungsfreundlichen Österreich (eine der wenigen Fußball-Nationen, in denen Vereine offiziell ihre Namen an Sponsoren verkaufen dürfen) so flott von der Hand geht, nicht akzeptiert.
Anderswo gilt Red Bull als Synonym dafür, dass man Sicherheitsmaßnahmen einziehen muss, um diese Art Ausverkauf (an den man sich in Österreich in den letzten Jahren von Stronach, Magna, Red Bull und Mateschitz schon gewöhnt hatte) zu vermeiden
Und anderswo ist just dort, wo Mateschitz eigentlich hin wollte: Deutschland.
Österreich als Sprungbrett für...
Dort sah sich Red Bull, dort dünkte man sich mit ein bisserl Hilfe von Franz Beckenbauer bereits voreilig. Jahrelang wurde im salzburgnahen bayrischen Raum nach einem Standort gesucht, den man per billiger Lizenzübergabe kapern könnte. War nicht.
Deshalb mit Beginn dieser Saison der Schritt in eine andere Fußball-Provinz, nach Leipzig.
Und da weht dem Aufmarschplan der Dosen-Manager ein derart wilder Wind ins Gesicht, gegen den die Proteste der alten Austria Salzburg-Fans bloß ein kurzer Schas waren.
Nicht nur, dass man dem SSV Markranstädt, der seit ein paar Wochen in RB Leipzig umbenannt wurde, den Rasen zerstörte (per Gift-Attacke) - auch die Spiele gegen die Kontrahenten in der Oberliga NOFV-Süd, der 5. Leistungsstufe in Deutschland, nämlich Lok Leipzig und Sachsen Leipzig, werden als Hochsicherheits-Partien ausgetragen; Fan-Wickel sind garantiert.
Man hasst die Geldsäcke, die sich da in die Nachbarschaft eingekauft haben - auch wenn sie eh vorher bei Lok und Sachsen angefragt hatten; was man aber (Tradition und so) abgelehnt hatte.
Man hasst sie, als wären sie die Bayern, nein, noch mehr, denn sie kommen aus einem unbekannten Ausland und wollen nur die letzten Werte der neuen Länderr (z.B. das Leizpiger Zentralstadion) abgreifen.
Da hat es Red Bull in Österreich, wo man auf das strange Export-Produkt irgendwie auch ein bissl stolz ist, wesentlich leichter.
Der Sündenfall zu Leipzig
Aber nicht nur in und um Leizpig gehen die Wogen hoch.
DFB und deutsche Bundesliga nehmen diesen Fall (für sie ein Sündenfall) zum Anlass, um sich deutlich abzuschotten.
Heute stieß Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke vor und sprach von der Gefahr, die Red Bull Soundso für den gesamten Fußball bedeuten würde.
Dort, in der Bundesliga, tun sich alle, vor allem die Fans, aber auch die Vereine ja schon mit Newcomern wie der TSG Hoffenheim schwer. Die Provinztruppe aus Baden-Württemberg hatte sich - in Folge von Millionen-Investitionen eines lokalen Milliardärs - in die Bundesliga vorgearbeitet; wohlgemerkt mit kontinuierlichem Aufbau, toller Nachwuchs- und Aufbauarbeit und einem wunderbaren Offensivspiel.
Selbst das ist einem Verband, der mit der historisch gewachsenen Ausnahme der Werkteams von Bayer und Carl Zeiss keine Firmennamen im Vereinswesen akzeptiert, nicht gern gesehen.
Und bei Red Bull ist der kolonialistische, rein aufs Abholen von geilen Werbegeldern angelegte Zugriff ja noch viel offensichtlicher.
Das Koch-Interview hier als Audio.
Und der dazugehörige TV-Beitrag ist hier anzusehen.
Also wird geblockt.
Gestern erklärte Rainer Koch, Präsident des Bayerischen Fußball-Verbands und DFB-Experte zum Thema, dass er anzweifle, ob die aktuellen Satzungen von RB Leizpig den Regeln entsprechen würden.
Der statutensichere DFB als Gegner
Es würde im Vereinsstatut nicht nur keine Kontrolle durch den Trägerverein geben, auch die sogenannte 50plus1-Regel würde nicht beachtet: Die Kapitalgesellschaft müsse der Mehrheitsbeherrschung der Muttervereine unterstehen.
Selbst bei Bayern München wäre es so.
Bislang wäre das nur möglich, weil der Sächsische Landesverband das Thema mit Wohlwollen begleitet, sagt Koch.
Ist nicht ganz wahr: Bislang wurde jeder Vorschlag für ein Wappen des neuen Vereins RB Leipzig abgelehnt. Es sollte immer zwei Bullen enthalten.
Dabei heißt der Verein offiziell Rasenball Leipzig, weil in Deutschland das Werbeverbot gilt.
Außerdem ist für die Oberliga nicht mehr der Landesverband, sondern bereits die Ost-Vertretung, der NOVF zuständig.
Kritisch wird es dann allerdings bei einem Aufstieg in die Regionalliga - ab da kann der DFB eingreifen.
Und der würde das RB Leipzig-Konstrukt derzeit "sicher nicht" akzeptieren. Es reicht nicht, wenn 7 Salzburger einreiten, den übernommenen Verein offiziell besetzen und einen Ehrenrat wählen, der dann unkontrolliert ohne Aufsichtsgremien fuhrwerken kann.
Das mag in der Wirtschaft, im Unternehmensrecht üblich sein, läuft aber den DFB-Bestimmungen zuwider. Und da man seine Mitgliedschaft dort nicht einklagen kann, ist die Macht des Verbands natürlich ein schlagendes Argument (nach demselben Muster unteerlaufen auch FIFA oder UEFA EU-Bestimmungen).
Rasenballdings
Wenn man dem von Red Bull zum Rasenballdings runtergestutzten Produkt so viele Steine in den Weg rollt, wird sich das Interesse der branchenfremden und branchendesinteressierten Investoren bald auf ein Minimum beschränken.
Und da der DFB Red Bull deutlich nicht braucht, um ein großer Player zu sein, ist der Verlauf dieser Geschichte vorgestanzt: eigentlich schon in der Gründungsphase gescheitert.
Auch weil man in Salzburg davon ausgegangen ist, dass alle Statuten so wenig gut ausformuliert und dehnbar gestaltet werden wie in der heimischen Bundesliga.
Da steht erst jetzt, nach den Magna und Red Bull-Einstiegen, dass Lizenzen unveräußerlich sind, dass Ortsveränderungen nach US-Franchise-Modell erst nach dreijährigem Vorlauf möglich wären.
Die DFB-Statuten sind da deutlicher.
Auch die der UEFA.
Dort heißt der Verein, der es ins Play-Off der Champions League geschafft hat und so die Hoffnung auf die Gruppenphase leben lässt, immer noch FC Salzburg.
Auch im Wappen.
Man hat zwar die zwei Bullen akzeptiert (da ist die UEFA nicht so streng wie es die Sachsen sind), nicht aber den Namen des Generalsponsors.
Der Bulle im Wappen
Das ist ein rein österreichisches Phänomen. Da hat man unsere Moral und unsere Weltsicht durch jahrelange Ausdehnung und Umdeutung so weit verschoben, dass das Absurde hierzulande als "normal" durchgeht. So in etwa, wie es ein populistisches Dauerfeuer mit der Angst und der Xenophobie durchexerziert hat.
Deshalb werden die deutschen Bedenken, dass der Rasenball bloß ein trojanisches Pferd sei, das ausschließliches Produkt-Marketing-Denken befördern will, hier einigen als seltsam gutmenschig oder moralinsauer vorkommen.
Sind sie nicht.
Sie stellen viel mehr den einzig relevanten Blick auf das Wesen des Fußballs dar.