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Robert Zikmund

Wirtschaft und Politik

4. 8. 2009 - 16:21

Austropop: Am Anfang oder am Ende?

Hannes Duscher, Robert Zikmund und der Versuch einer mitternächtlichen Diskussion

Glaubt man der Universal-Quelle der modernen Allgemeinbildung, sprich Wikipedia, gehen die Wurzeln des Austropop - wiewohl er damals wohl noch keinen Namen hatte - zurück bis Nestroy und Raimund.

Die zweite speisende Quelle kam dann vor allem im zwanzigsten Jahrhundert mit dem klassischen Wienerlied hinzu, jene Gattung, die allzu oft völlig falsch verstanden und interpretiert wird.

Die große Schlagerwelle der Wirtschaftswunder-Nachkriegszeit wiederum war dann eher hochdeutsch und wohlfühlig-beliebig, Peter Alexander grüßt vom Wolfgangsee.

In den 70er Jahren folgte allerdings ein Twist der Entwicklung, dessen Ausläufer uns bis heute beschäftigen. Damals begann ein Haufen junger Leute, in der ihnen eigenen Sprache – und das war in diesem Fall zumeist der Wiener Dialekt – Popmusik zu machen, die sich an den damaligen Popkultur-Helden orientieren sollte. In der Blütephase Anfang der 70er Jahre entwuchs aus dieser neuen Lust an der Mundart ein ernstzunehmender Markt, dessen Protagonisten bis heute die großen Bühnen auf der Donauinsel füllen.

Hannes Duscher und Robert Zikmund in einer Schneekugel

Hannes Duscher und Robert Zikmund

Als Rainhard Fendrich mit einigen Sommerhits dann den tiefgehenden Charme dieses Genres weitgehend zu Grabe trug, wurde es in den 80er Jahren ruhiger um den "Austropop". Im Nischenbereich konnte etwa der Ostbahn Kurti mit seiner Chefpartie weiter mit Bluesrock punkten, die Zeit atmete aber bereits die verchromte Coolness des New Wave. Ab dann war alles Falco, gleichzeitig Vollstrecker und Überwinder der Austropop-Phase.

In den 90ern dann wurde – auch durch die non grata Erklärung des führenden Radiosenders – der klassische Austropop (also zumeist Ambros, Fendrich, Danzer, Falco) endgültig in die offizielle Uncoolheit verbannt, wenngleich bei Konzerten früher, damals und heute eben noch immer Tausende die Blumen im Gemeindebau besingen...

An den subkulturellen Rändern, der Avantgarde, wandte man sich fortan internationaler Elektronik zu und erreichte damit weltweit mehr Umsatz, als es sich die Herren im schwarzen Café der 70er und 80er je hätten träumen lassen.

Nebenschauplätze und Comedymusik (H. v. Goisern, die EAV) mal außen vor gelassen, waren das fortan schwarze Zeiten für jene, die mit Gitarren musizieren wollten und dazu in ihrer Muttersprache singen.

Erst als im Rahmen der totalen musikalischen Verstarbuckisierung via Casting Show Christl Stürmer entdeckte, dass Pop auf Deutsch auch in Österreich geht, hat sich das Momentum wieder ein wenig gedreht.

Open Mike
Die "Carte Blanche" für FM4 MitarbeiterInnen, die sonst nicht, selten, oder in anderen Funktionen am Sender zu hören sind.

Die bisherigen Open Mike-Sendungen im Überblick

Die nächsten Termine:

  • Robert Glashüttner & Burstup (12. August)
  • Alexandra Augustin & SophiaWeyringer (19. August)
  • Erika Koriska & Markus Keuschnigg (26. August)
  • Roli Gratzer (2. September)
  • Alexandra Augustin & Christian Pausch (9. September)

Mittlerweile ist die "Austropop-Szene", sofern es so was gibt und die Protagonisten sich diese Bezeichnung gefallen lassen, wieder mehr als lebendig und vielfältig-schillernd wie ein Kaleidoskop.

Auf der einen Seite die bemüht glatt konstruierten Österreicher, die, wie das auch manchmal mit neuen TV-Shows passiert, Dinge tun, von denen andere glauben, dass es "Jugendlichen" gefällt.

Und auf der anderen Seite die echte, gewachsene Szene, jene Menschen, die bluten müssen, weil sie nicht anders können. Die Liste etwa der diesjährigen Amadeus-Nominierten spricht Bände. Freilich hat das mit dem alten Ambros nur mehr am Rande zu tun, die Palette ist so divers wie die Anlagegeschäfte von Karl Heinz Grasser.

Von Soap&Skin über Ja, Panik bis Ernst Molden – ist das Austropop? Und wer braucht diesen Begriff noch? Ja, und spätestens seit dem zu frühen Ableben des Größten von allen, Georg Danzer, ist durchaus auch die Rückbesinnung auf diese Helden der 70er wieder salonfähig.

Der große Friedensschluss mit der Geschichte? Kommen im Zuge der Komplettauflösung aller Grenzen von Mainstream vs. Subkultur auch diese alten Herren wieder zu verdienten Ehren?

Und wann spielt Ö3 endlich den Nino aus Wien?

Fragen über Fragen – wir haben eine Stunde Zeit, darüber zu diskutieren, die passende Musik ist natürlich auch im Gepäck.

artist song  
nino aus wien holidays  
anstaltskinda s'kopftuch  
ernst molden .  
wolfgang ambros gsöchta  
georg danzer loch amoi  
reinhard fendrich heut sauf i mi au...  
ja, panik like a hurricane  
paut sepp hat gesagt  

Am Mittwoch um Mitternacht im FM4 Studio ist Hannes Duscher, jemand der im Großkampfgebiet Austropop schon auf vielen Schlachtfeldern gekämpft hat – mindestens, seit es CDs gibt.
Anrufen gerne erbeten unter 0800 226 996

I hob a Haus, i hob an Garten
Und auf mein Auto is a Stern
Wenn mi a no so vüle hassn
I hab des olles furchtbar gern.

(R. Fendrich)